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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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dieser Stadt angedroht, ihn auf dem Scheiterhaufen sterben zu lassen, wenn er nicht zum Christentum konvertiert. Und das Gleiche haben sie in Caxamalca mit Atahualpa vor!«
    Mila konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sie drohten dem Herrscher dieses Landes mit dem Feuertod? Ihr war nicht entgangen, dass die Priester um Pater Valverde nicht besonders zimperlich waren, wenn es darum ging, Seelen zu gewinnen, aber das war abscheulich.
    » Woher weißt du das?«, fragte Marduk, der neben Nabu lag.
    » Ritter Balian hatte Depeschen aus Caxamalca im Gepäck, für mich, für Hernando, aber auch für den Fray und die anderen Padres«, antwortete der Hochmeister.
    » Ich hatte noch nie viel übrig für Valverde und die anderen Heidenbekehrer«, meinte Marduk düster.
    » Aber du wirst das nicht zulassen, oder?«, fragte Mila ihren Großonkel.
    Der Hochmeister zögerte mit einer Antwort, dann sagte er: » Wenn ich es verhindern will, dann muss ich mich gegen die Pizarros und gegen Valverde und seine Dominikaner stellen, und es ist nicht gesagt, dass mir irgendjemand in dieser Frage zur Seite steht.«
    » Aber du tust es trotzdem, oder?«, fragte Mila.
    » Natürlich«, seufzte der Hochmeister. » Ich habe bereits eine Nachricht für de Paz, den Schatzmeister der Kolonien, aufgesetzt, und eine weitere für den Kaiser selbst wird folgen. Karl kann nicht gutheißen, was hier in seinem Namen geschieht.«
    » Du musst vorsichtig sein, Maximilian«, riet Nabu. » Die Pizarros werden das nicht ohne Gegenwehr hinnehmen.«
    » Ich hoffe doch sehr, dass sie erst davon erfahren, wenn es zu spät ist. Ich denke, de Paz wird auf unserer Seite sein, denn ich habe ihn als Nachfolger für Francisco Pizarro vorgeschlagen.«
    » Nachfolger?«, fragte Marduk bedächtig.
    » Natürlich. Immerhin bin ich der Adelantado, die oberste Rechtsgewalt in diesem Land. Ich kann und werde Pizarros Abberufung vorschlagen. Mein Wort hat Gewicht, und mein Urteil auch.«
    » Ein Urteil ohne Verhandlung?«, fragte Marduk nach. Mila spürte seine Besorgnis.
    » Eine Verhandlung kann ich nicht riskieren, ebenso wenig wie eine offene Anklage – nein, ich muss sie vor vollendete Tatsachen stellen, und das schnell. Mir ist durchaus bewusst, dass es gefährlich ist, aber ich sehe keine andere Möglichkeit, die Ehre des Kaisers und die unseres Ordens zu bewahren. Es war schlimm genug, dass wir das Gemetzel von Caxamalca geduldet haben, einen erneuten Akt der Barbarei werde ich nicht hinnehmen. Doch vorerst zu niemandem ein Wort. Sir William wird morgen meine Briefe nach Caxamalca bringen, und von da wird sie ein anderer Ritter nach Chan Chan tragen. Kein Unberufener darf diese Schreiben in die Hand bekommen!«
    Mila erkannte ihren Onkel kaum wieder. Er hatte oft unzufrieden gewirkt in letzter Zeit, vor allem nach Caxamalca. Aber jetzt sprach er mit einer Entschlossenheit, die sie bewunderte. Es schien, als sei sein Kampfgeist wieder erwacht. Sie schüttelte den Kopf, jedoch nicht über den Hochmeister, sondern weil ein seltsamer Laut an ihr Ohr drang. Er war leise, kaum hörbar, und schien aus höheren Sphären herabzuschweben, jedenfalls konnte sie, als sie den Laut endlich wahrnahm, keine Richtung ausmachen. » Was ist das?«, fragte sie.
    » Was meinst du?«, fragte Nabu.
    » Dieser Laut. Es klingt beinahe, als käme er aus einer Flöte, und dann doch wieder nicht, hört ihr ihn nicht?«
    Aber niemand außer ihr schien diesen Ton zu hören, der jetzt Gesellschaft durch einen zweiten bekam. Dieser Ton schien dem ersten zu folgen, aber er klang anders, sehr falsch und doch wieder sehr ähnlich. Mila bekam fast sofort Kopfschmerzen. Plötzlich wurde ihr flau im Magen, und ihre Knie wurden weich.
    » Was ist mit dir?«, fragte der Hochmeister besorgt.
    Mila kam nicht zu einer Antwort, denn ein jämmerlicher Ruf erklang von hoch oben.
    » Um Himmels willen«, entfuhr es dem Hochmeister.
    Jatunaq war nur einen Steinwurf entfernt, doch Kemaq konnte nicht zu ihm, denn zwischen ihnen stand eine Kette von Wachen. Jatunaq sah nicht einen Augenblick auf, während er seiner Arbeit nachging, und Kemaq musste mit anderen Männern Stützbalken heranschleppen, eine Tätigkeit, die nicht sinnvoller wurde, als er erkannte, dass sie die Balken dann doch wieder in einiger Entfernung vom verschütteten Bergwerksschacht ablegten. Je zwei Männer waren nötig, einen der Balken zu tragen, und Kemaq trug seine gemeinsam mit Yuraquiwa. Als sie gerade zum dritten Mal gingen, weckte ein

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