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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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bekam sie ein schlechtes Gewissen und hatte es plötzlich doch eilig, es zu verlassen. Sie schlug das schwere Tuch, das den Eingang verdeckte, zur Seite, und sofort stieg ihr Brandgeruch in die Nase. Offenbar hatte auch die vergangene kalte Nacht mit ihrem Nebel es nicht vermocht, das schwelende Feuer im Wald zu löschen. Es war ruhig in der Stadt, sie hörte Marduk und Nabu und auch Schamasch auf dem Platz, und sie hörte ihren Onkel und Sir William mit Hernando Pizarro reden. Sie standen wohl vor dem Palast. Mila schlenderte zu Nabu hinüber.
    » Du siehst nicht aus, als ob du besonders gut geschlafen hättest«, begrüßte er sie.
    » Danke für das Kompliment«, erwiderte Mila verdrossen.
    » Wenigstens hattest du es warm«, meinte der Drache. » Da draußen, vor der Stadt, wurde es doch erbärmlich kalt. Wir hatten sogar Frost, wenn ich mich nicht täusche.«
    Mila nickte zerstreut. Sie versuchte herauszuhören, worüber Don Hernando auf der anderen Seite des Platzes mit Sir William und ihrem Onkel diskutierte, und fragte: » Was ist denn los, dass sich die Herren schon am frühen Morgen streiten müssen?«
    » Die Wachen haben gemeldet, dass oben auf diesem Berg in der Nacht ein Feuer zu sehen war«, erwiderte Nabu nachdenklich. » Eigentlich sind Maximilian und dieser Pizarro einer Meinung, nämlich, dass es sich lohnen könnte, der Sache auf den Grund zu gehen, sie sind nur uneins, wessen Idee es war, William und Schamasch dort hinaufzuschicken.«
    » Und darüber streiten sie jetzt?«, fragte Mila kopfschüttelnd. Sie hatte das Bild des Berges, das ihr Nabu gezeigt hatte, noch gut im Gedächtnis, und fragte deshalb: » Kann Schamasch überhaupt diese Höhe erreichen?«
    Nabu schnaubte. » Unter normalen Umständen nicht, schon gar nicht zu so früher Stunde, aber der brennende Wald könnte für den Aufwind sorgen, den sonst erst die Sonne nach vielen Stunden bringt. Wenn sie klug wären«, fuhr Nabu fort, » würden sie Schamasch ohne Reiter fliegen lassen, aber auf den Gedanken kommen sie natürlich nicht.«
    » Vielleicht sollte es ihnen jemand sagen«, schlug Mila vor.
    » Wenn du Lust darauf hast, in ein Gewitter zu geraten, dann nur zu«, meinte Nabu. » Ich glaube, Maximilian ist noch wegen etwas anderem sehr zornig auf die Spanier, aber ich weiß nicht, was das ist.«
    Mila lauschte hinüber, aber die Drachen waren unruhig, und der Wind stand ungünstig, und so hörte sie nicht, was gesagt wurde. Der Tonfall sagte ihr jedoch, dass der Drache Recht hatte: Ihr Onkel war von Zorn erfüllt.
    Bald darauf hörte sie die Schritte der Männer, die über den gepflasterten Platz zu den Drachen kamen. Schamasch begrüßte einen von ihnen mit einem erfreuten Schnauben.
    » Denkt daran, wir wollen nur einen Bericht, Bruder William«, mahnte der Hochmeister.
    » Findet heraus, ob die dort oben eine Gefahr für uns sind«, fügte Don Hernando hinzu, als wolle er unbedingt das letzte Wort haben.
    » Das habe ich durchaus verstanden«, gab Sir William etwas gallig zurück, als er aufgesessen war. Er schnalzte mit der Zunge, und Mila hörte, wie sich der Drache abstieß. Schon griffen seine Flügel aus, und er zog mit einem hellen Ruf davon. Mila hörte ihn noch einmal rufen, aus Richtung Wald, und dann meldete Nabu, dass Schamasch begann, sich in die Höhe zu schrauben. Mila hätte das gerne gesehen, aber sie wollte Nabu jetzt nicht bitten, die Verbindung zu ihrem Inneren Auge herzustellen. Stattdessen entschloss sie sich, mit ihrem Onkel zu sprechen. Vielleicht würde sie ergründen können, warum er so zornig war.
    Schon im Morgengrauen war Kemaq unsanft aus dem Schlaf gerissen worden. Seine Glieder waren steif gefroren, aber darauf nahmen die Fremden wenig Rücksicht. Bewacht von den Yunga, wurden sie über die Ebene und dann einen Hang hinuntergeführt, bis vor ihnen ein großer Felssturz aufragte.
    » Was ist das?«, fragte Kemaq Yuraquiwa, den weißhaarigen Tempeldiener, der neben ihm lief.
    » Unter diesen Felsen hat Huáscar Inka das Bergwerk begraben«, antwortete dieser mit einem Stirnrunzeln.
    Kemaq ging ein Licht auf. » Dann hat Pitumi Recht – sie wollen die Mine freilegen!«, rief er.
    » Wer?«
    » Die Chachapoya, die letzte Nacht zu uns kam«, erklärte Kemaq.
    » Wann?«, fragte Yuraquiwa und sah ihn seltsam an.
    » Ich glaube, du hast schon geschlafen«, gab Kemaq halblaut zurück.
    » Aber es war keine Frau unter den Gefangenen, die hätte ich doch bemerkt«, erwiderte der Alte

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