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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Glücksfall für die Wissenschaft ist, Ihr Herren!«, rief der Gelehrte.
    Marduk fauchte wütend, und Nabu schloss sich ihm mit einem drohenden Knurren an. Das Flammenbild zitterte.
    » Ihr solltet nicht von Glück reden, Meister Albrecht«, erklärte der Hochmeister düster.
    » Verzeiht, die Aufregung, verzeiht bitte, ich bedaure Euren Verlust natürlich zutiefst«, versicherte der Alchemist. » Gerade Schamasch, der so ein feiner Bursche … aber dennoch halte ich es für meine Pflicht, darauf hinzuweisen, dass sich hier eine große Gelegenheit für die Wissenschaft auftut. Ein Drachenleib, wann bekommt ein Mann wie ich schon einmal die Gelegenheit, einen toten Drachen zu untersuchen und den Geheimnissen …«
    » Wenn du ihn anrührst, Mensch, werden wir dich mit ihm verbrennen!«, zischte Marduk.
    Der Gelehrte wollte die Gefahr, in der er schwebte, offenbar nicht begreifen: » Verbrennen? Ich habe gehört, dass Drachen so etwas tun, aber Ihr müsst doch einsehen, verehrter Marduk, dass das eine ungeheure Verschwendung …«
    Ein Fauchen und ein Flammenstrahl aus Nabus Kehle unterbrachen den Alchemisten. Mila zuckte erschrocken zurück, denn das Bild, das ihr der Drache zeigte, hatte sich in einer einzigen blendend hellen Flamme aufgelöst, die dann von tiefer Schwärze aufgesogen wurde. Nabu hatte die Verbindung beendet.
    » Schon gut, schon gut«, rief der Alchemist, der sich irgendwo verkrochen haben musste.
    » Wir werden unseren Bruder verbrennen, morgen bei Sonnenaufgang, wie es Brauch ist bei uns«, erklärte Marduk ruhig. » Und jeder, der es wagt, ihn anzurühren, wird mit ihm zu Asche.«
    Einen Augenblick lang war es schrecklich still. Dann fragte der Hochmeister mit belegter Stimme: » Wo ist Sir William?«
    Einer der Spanier zeigte ihnen die Stelle. Der Ritter lag ein gutes Stück vom Drachen entfernt, beinahe unbeachtet, denn alle Augen waren auf den riesigen Leib Schamaschs gerichtet. Mila stieg von Nabus Rücken und ging am Arm ihres Großonkels hinüber.
    » Du kannst froh sein, dass dir dieser Anblick erspart bleibt«, sagte der Hochmeister, dann hörte ihn Mila niederknien und beten. Sie folgte seinem Beispiel. Sir William war immer kühl und zurückhaltend gewesen, nicht nur ihr gegenüber, dennoch hatte sie ihn gemocht, denn er war einer der Ersten gewesen, der sie im Orden als gleichrangig akzeptiert hatte. Ein Brüllen am Himmel verriet ihr, dass auch Behemoth von dem Unglück erfahren hatte. Sie hörte ihn heranfliegen und mit einem tiefen Klagelaut bei Schamasch landen.
    » Wie konnte das nur geschehen, Onkel?«, fragte sie leise.
    Der Hochmeister erhob sich. » Genau das ist die Frage, Milena, genau das ist die Frage.«
    Mila stand ebenfalls wieder auf. » Erinnerst du dich, Onkel, dass mir schlecht wurde, bevor es geschah?«, fragte sie. » Da war dieser Ton, oder vielmehr diese zwei Töne, die ihr nicht gehört habt. Mir ist davon übel geworden, und ich frage mich, ob Schamasch und Sir William das Gleiche gehört haben.«
    Der Hochmeister schwieg eine Weile, dann sagte er: » Ein Ton? Ich sehe da keinen Zusammenhang, Milena, denn du warst mitten in der Stadt und sie hoch oben an diesem verfluchten Berg. Ich nehme an, es war einfach die Höhe. Du weißt, dass sie unseren Drachen Schwierigkeiten bereitet.«
    Mila nickte, aber sie hatte Zweifel. Hatten sie nicht schon höhere Berge überwunden? Plötzlich fiel ihr die Warnung der Indio-Frau ein. Die Chachapoya-Berge – Pitumi hatte sie gewarnt! Sie hatten die Warnungen in den Wind geschlagen, und jetzt waren Sir William und Schamasch tot.
    Kemaq stand ein gutes Stück von dem gefallenen Gott entfernt und starrte ungläubig hinüber. Er sah die anderen Yayakuna landen und die Fremden miteinander streiten. Also waren die fliegenden Götter auch nicht unsterblich, das sah er, aber er konnte es nicht begreifen. Erst allmählich dämmerte ihm, dass sich ihm hier eine gute Gelegenheit bot, zu verschwinden. Pitumi hatte zwar gesagt, dass er darauf hoffen solle, dass die Fremden das Bergwerk freilegten, aber das konnte noch viele Tage dauern, und dann wäre es zu spät. Er sah sich verstohlen um. Fast alle Augen waren auf den Drachen gerichtet. Er könnte im Wald sein, bevor sie auch nur merkten, dass er fort war. Er hob schon den Fuß, als er plötzlich eine Hand auf der Schulter spürte. » Kemaq? Bist du das?«
    » Jatunaq!«
    Sie standen einander schweigend gegenüber, dann zog Jatunaq seinen kleinen Bruder hinter einen Felsen, wo sie

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