Drachensturm
du?«
» Mir hat er erzählt, dass du ihn gar nicht empfangen hättest.«
Der Hochmeister blieb stehen. » Wirklich? Ist sein Wissensdrang so groß geworden, dass er uns anlügt? Das ist kein gutes Zeichen.«
Sie gingen weiter, und als sie die Stadtmauer hinter sich gelassen hatten, sagte der Hochmeister nachdenklich: » Sie haben einen Namen für den Alchemisten, die Indios, meine ich, ich habe ihn mehrfach gehört, auch von unseren Yunga. Kuka Machu nennen sie ihn. Weißt du, was er bedeutet, Milena?«
» Ich kenne Kuka nur als Namen einer heiligen Pflanze, der besondere Kräfte zugeschrieben werden, und Machu bedeutet einfach Alter Mann. Vielleicht bedeutet es zusammengenommen etwas anderes, aber das weiß ich nicht. Wenn du willst, werde ich die Yunga fragen. Ich habe aber zufällig noch etwas anderes über ihn herausgefunden.«
Der Hochmeister brummte. » Zufällig? Das heißt, du hast irgendwo gelauscht?«
» Ja, Onkel«, gab Mila freimütig zu.
» Dann will ich es nicht wissen, Milena. Ich habe dir schon oft gesagt, dass es eine Sünde ist, und vor allem ist es einer Ritterschwester unwürdig!«
Mila war so überrascht über den Zorn in der Stimme ihres Onkels, dass sie tatsächlich nicht erzählte, was sie über die Verbindung zwischen Balian und dem Alchemisten herausgefunden hatte. Sie verschob es auf später, wenn die Laune ihres Onkels hoffentlich etwas besser sein würde.
Jatunaq war kräftig, und er wurde ganz nach vorn beordert, wo er mit einer Hacke aus dem harten Erz der Fremden Felsbrocken zerkleinerte, damit andere sie hinausschaffen konnten. Diese Arbeit war gefährlich, denn es war nicht ausgeschlossen, dass Teile des Ganges doch noch einstürzten, also waren die anderen Gefangenen froh, dass Jatunaq ihnen diese Arbeit abnahm, und niemand hatte Einwände, als Kemaq in seiner Nähe arbeiten wollte. Im flackernden Licht der Kienspäne schufteten sie verbissen, denn sie hofften, dass sie vielleicht tatsächlich den Gang würden öffnen können, und fürchteten, dass ihnen nicht viel Zeit dafür blieb. Sie bekamen sogar Kuka, das ihnen der Kuka Machu zuteilen ließ, damit sie bei Kräften blieben.
» Und du bist sicher, dass der Gang ganz durch den Berg hindurchgeht?«, raunte Jatunaq, während er auf einen großen Brocken einschlug.
Kemaq duckte sich vor den umherfliegenden Steinsplittern. » So sagen es die Alten«, erwiderte er. Vorstellen konnte er es sich allerdings auch nicht. Dieser Berg war riesig, aber vielleicht war es wirklich ein Zeichen von Tamachocs Macht, dass er die Berggötter dazu zwingen hatte können, einen langen Weg für sein Volk, die Marachuna, zu graben. Er nahm einen schweren Steinbrocken auf und reichte ihn weiter an seinen Hintermann. Eine lange Kette von Männern stand dort, und sie alle warteten nur darauf, dass der starke Jatunaq dafür sorgte, dass sie etwas zu tun bekamen. Jemand klopfte Kemaq auf die Schulter. Er drehte sich um. Es war einer ihrer Yunga-Bewacher.
» Ist einer von euch der Läufer aus Tikalaq?«
Kemaq erbleichte. Die Fremden hatten von ihm erfahren? Das war schlimm.
» Warum willst du das wissen, Krieger?«, fragte Jatunaq, bevor Kemaq antworten konnte.
» Der Kuka Machu fragt nach ihm, und die dort hinten sagten, er sei hier vorn.«
» Ich bin der Chaski, den du suchst«, sagte Jatunaq und drängte sich schnell zwischen den Yunga und Kemaq, der verblüfft schwieg.
» So? Du siehst recht kräftig aus für einen Läufer«, sagte der Yunga zweifelnd. Dann schüttelte er den Kopf und rief lachend: » Du hättest besser Krieger werden sollen, so wie ich. Doch komm jetzt, der Kuka Machu ist ein sehr ungeduldiger Mann.«
Fassungslos starrte Kemaq seinem Bruder hinterher. Ein einziges Mal drehte sich Jatunaq noch um. Und im Schein der Kienspäne sah Kemaq, dass sein großer Bruder ihm zulächelte.
Mila traf ihren Onkel erst bei Sonnenuntergang wieder. Don Hernando hatte zu einem gemeinsamen Abendessen geladen, weil er der Meinung war, die Eroberung der Stadt und die Entdeckung der Mine müssen gefeiert werden. Mila war nicht nach Feiern zumute, denn Schamasch und Sir William waren tot, und Ruiz, der den Tag über Dienst am Bergwerk hatte schieben müssen, war schlecht gelaunt und erklärte gleich, dass er an diesem Abend so erschöpft war, dass er auf keinen Fall etwas zu essen für die Condesa organisieren könnte. Mila nahm sich vor, ihm solche Unverschämtheiten gleich auszutreiben. Sie äußerte Verständnis und Bedauern. Sie habe ja
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