Drachensturm
vorgehabt, ihn mit zu diesem Bankett zu nehmen, erklärte sie, aber da er so erschöpft sei, könne sie das natürlich nicht verlangen. Sie wusste, das war boshaft, aber sie fand, er hatte es verdient. Der Brandgeruch lag immer noch in der Luft, als sie allein über den Platz ging, und Mila fragte sich, ob das ein böses Omen war. Sobald sie den Palast betrat, stiegen ihr andere Gerüche in die Nase. Sie erkannte Braten, vermutlich Lama, und es roch nach Mais und Erdäpfeln. Es würde also wirklich ein Festmahl geben, aber sie fragte sich, was der Konquistador mit dieser Einladung bezweckte.
Der Saal war voller Geräusche und Gerüche, und Mila brauchte eine Weile, um sich zurechtzufinden. Diener – Indios – schwirrten beinahe lautlos durch den großen Saal, sie brachten Speisen mit verwirrenden Düften. Es schien nur eine lange Tafel zu geben, an der sich ein Dutzend Männer niedergelassen hatten. Sie hörte die unangenehme Stimme Don Hernandos, und sie war froh, dass sie offenbar nicht neben ihm sitzen musste. Ihr Onkel hatte sie an der Pforte erwartet und führte sie zu ihren Plätzen, die sich am Ende der Tafel befanden. Das war allerdings nicht nur angenehm, sondern gleichzeitig auch unhöflich: Dem Hochmeister des Ordens hätte ein Platz zur Rechten Don Hernandos zugestanden. Mila kam stattdessen neben Balian zu sitzen, was sie nun aber nicht ändern konnte. Wenigstens schien Konrad nicht dort zu sein. Sie bemerkte bald, dass zwischen Balian und Don Hernando noch Fray Celso und die drei Dominikanerpadres saßen. Die rechte Tischhälfte schien den Hauptleuten der Konquistadoren vorbehalten zu sein. Indios trugen stumm die Speisen auf, am Tisch hatte keiner von ihnen Platz gefunden, nicht einmal der Curaca der Stadt, und Mila erfuhr von Balian, dass dieser mit seinen Unterführern irgendwo eingesperrt worden war.
» Ihr macht ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter, Hochmeister«, rief Don Hernando.
» Verzeiht, Don Hernando, dass ich Eure Fröhlichkeit nicht teilen kann, aber wir haben heute einen Ritterbruder und einen Drachen verloren. Sir William ist nebenan aufgebahrt, wenn Ihr ihn Euch noch einmal ansehen wollt«, erwiderte der Hochmeister und versuchte gar nicht erst, seine Verbitterung zu verbergen.
» Ach kommt schon, wir sind Soldaten! Eine ganze Stadt haben wir eingenommen, dafür ist das Leben eines einzelnen Mannes kein zu hoher Preis, wie mir scheint.«
» Würdet Ihr das auch sagen, wenn es einer Eurer Brüder wäre, Don Hernando?«, fragte Mila, als sie sich setzte.
» Natürlich würde ich das, trauernd, aber doch froh, so einen Sieg errungen zu haben. Von dem Silber will ich da noch gar nicht reden.« Er lachte rau, und seine Hauptleute stimmten ein. Jetzt betrat der Alchemist den Saal mit schnellen Schritten. Mila konnte ihn riechen, bevor sie ihn hörte.
» Ah, der Mann, der aus Blei Gold machen kann!«, rief Don Hernando. War er betrunken? Schon als sie eingetreten war, war Mila der Geruch von Maisbier aufgefallen.
» Verzeiht, Ihr Herren, verzeiht, aber diese Indios bedürfen ständiger Aufsicht, und die Arbeit ist zu wichtig, um sie einem Leutnant zu überlassen. Ich werde also auch gar nicht lange bleiben können, denn …«
» Setzt Euch, Albrecht!«, unterbrach ihn Don Hernando. » Ihr werdet uns die Ehre erweisen, dieses Mahl mit uns zu teilen, und auch Euer Wissen. Vergesst nicht, wer Euch überhaupt ermöglicht, hier zu sein! Also, so wie Ihr strahlt, habt Ihr gute Neuigkeiten für uns, oder täusche ich mich?«
Mila hörte den Alchemisten durch den Raum huschen. » In der Tat, Don Hernando, in der Tat. Diese Indios versuchen, ihre Geheimnisse vor uns zu verbergen, doch wenn man sie nur richtig fragt, kann man alles erfahren, was man wissen will.« Die Anspannung, unter der er stand, war beinahe mit Händen greifbar. Es war offensichtlich, dass er nur sehr ungern hier und nicht bei seiner Mine war.
» Wollt Ihr uns nicht sagen, was Ihr herausgefunden habt?«, fragte Balian jetzt. Mila seufzte, sie hatte ihrem Onkel immer noch nicht gesagt, in welchem Verhältnis die beiden Männer zueinander standen. Sie hörte, wie der Alchemist mit fahrigen Händen über den Tisch strich, bevor er antwortete. » Tamachoc, die gefiederte Schlange – das Bergwerk ist tatsächlich der Schlüssel.«
» Hört doch auf mit diesen Götzen, ich bitte Euch. Uns interessiert das Silber!«, rief Pizarro ungehalten.
» Oh, davon gibt es reichlich, aber es sollte Euch zu denken geben, dass die
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