Drachensturm
Tamachoc?«
» Das kann ich dir nicht sagen«, antwortete Jatunaq, » aber er scheint sehr darauf zu brennen, mehr zu erfahren. Siehst du die Hirtenhäuser dort unten? Da hat der Kuka Machu sein Lager aufgeschlagen, und er lässt Männer dort hinunterbringen. Männer, die nicht zurückkehren, Kemaq. Das macht mir Sorgen.«
Kemaq biss sich auf die Lippen. Er hatte Yuraquiwa schon längere Zeit nicht gesehen. Sollte der weißhaarige Diener von dem Fremden geholt worden sein? Er wusste von dem Pfad! » Dann hoffen wir, dass der Weg frei ist, bevor dieser Fremde die ganze Wahrheit herausfindet«, sagte er leise.
» Nicht reden, arbeiten!«, herrschte sie einer der Yunga an. Sie liefen schneller, und Kemaq begriff, dass er einen Wettlauf gegen die Zeit begonnen hatte. Der Weg musste frei sein, bevor der Fremde, den sie Kuka Machu nannten, überhaupt von ihm erfuhr.
Die Drachen folgten der Bitte Milas schließlich widerstrebend. Sie entfernten sich vom Leichnam Schamaschs, aber nicht weiter, als sie es für unbedingt erforderlich hielten, auch nicht, als der Sprengmeister der Spanier sagte, dass er dort nicht für ihre Sicherheit garantieren könne.
» Wir sind Drachen. Ein paar umherfliegende Steine machen uns nichts aus«, beschied ihn Marduk düster.
» Wieder ist einer von uns gegangen, bevor wir den Weg zurück ins Feuer finden konnten«, sagte Nabu zu ihr. » Aber vielleicht ist Schamasch, sind alle von uns, die diese Welt verlassen haben, auf ihre Weise in die ewige Flamme zurückgekehrt, das ist unsere Hoffnung.«
Mila hörte, wie Marduk sich aufrichtete und ein tiefes Grollen hören ließ.
» Der Stinker, er treibt sich in der Nähe unseres toten Bruders herum«, erklärte Nabu leise.
» Besser, er verschwindet da«, fügte Behemoth düster hinzu. » Wenn die Sprengung ihn nicht tötet, mache ich es sonst.«
» Er ist ja schon fort«, sagte der Hochmeister, der zu ihnen gekommen war. Dann ertönte ein Horn. » Das Warnsignal«, erklärte er. » Jetzt werden sie gleich sprengen. Da – sie zünden die Lunten.«
Gespannte Stille lag über dem Hang, und Mila glaubte, das leise Zischen der Schwarzpulverlunten zu hören. » Besser, du hältst dir die Ohren zu, Milena«, sagte der Hochmeister. Mila folgte dem Rat. Und dann donnerte es.
Kemaq warf sich zu Boden, und die meisten Marachuna, die gar keine Ahnung hatten, warum die Fremden sie so weit vom Bergwerk fortgeschickt hatten, taten es ihm gleich oder schrien wenigstens erschrocken auf und duckten sich. Der Donner erschütterte den Berg, und eine gewaltige Staubwolke schoss in die Höhe. Steine und Felsbrocken wurden fortgeschleudert, und einige von ihnen sausten über die wartenden Marachuna hinweg. Ganz in der Nähe stöhnte ein Yunga auf. Er war von irgendetwas am Arm getroffen worden. Die Staubwolke stieg und stieg, dann zog sie langsam hangaufwärts davon. Kemaq spähte hinüber. Steine und Geröll rollten die Bergflanke hinab, aber da, unter dem Staub, zeigte sich eine tiefschwarze Wunde im Berg. Hatte es gereicht? War der Weg etwa schon frei? Kemaq entdeckte den Kuka Machu, der als Erster an den Krater rannte. Der Hang war noch in Bewegung, und kleine und große Felsen lösten sich träge aus dem erschütterten Berg und polterten hinab. Aber das schien den Mann nicht zu schrecken.
» Zu viel Kuka«, sagte Jatunaq neben ihm.
Kemaq stimmte ihm zu. Das brachte ihn wieder auf die Frage, wo der weißhaarige Yuraquiwa geblieben war. Jetzt sah er gar nicht weit entfernt einen der Steinmetze, die er am vorigen Abend im Pferch kennengelernt hatte. Die Gelegenheit war günstig, denn ihre Wächter waren immer noch geradezu gebannt von dem gewaltigen Donnerschlag, mit dem die Fremden das Loch in den Berg gesprengt hatten. Kemaq schlich hinüber und fragte den Mann.
» Yuraquiwa? Ja, einer der Yunga hat ihn fortgebracht. Für eine besondere Aufgabe, aber ich kann dir nicht sagen, was das für eine Aufgabe sein könnte, mein Freund.«
Kemaq wusste, das konnte nichts Gutes bedeuten. Er schlich zurück. Die Fremden kamen jetzt in Gruppen zum Ort der Sprengung herunter, und ihre fliegenden Götter stampften hinab zu ihrem gefallenen Bruder. Weiter unten und damit abseits vom Geschehen lagen die Hirtenhütten, in denen sich, so Jatunaq, die Fremden eingerichtet hatten. Sie waren bewacht. Auch das verhieß nichts Gutes. Wenn der Kuka Machu das Geheimnis des Berges erfuhr, dann würde das schreckliche Folgen haben. Diese Fremden waren gierig, das hatten sie oft
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