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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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du zu denen, die vorgestern ausgesandt wurden?«
    Der Läufer verstummte, aber Kemaq sah die Angst in seinen Augen wachsen. Der Mann tat ihm leid.
    Jatunaq fuhr fort: » Du bist nicht zurückgekehrt, wie es dir befohlen war. Ich nehme an, du weißt, was das für dich bedeutet?« Und als er keine Antwort bekam, setzte er hinzu: » Du solltest dich dennoch so schnell wie möglich nach Tikalaq begeben, Chaski. Vielleicht verschonen die Priester dann jene, die für deine Rückkehr bürgen mussten.«
    Der Läufer schüttelte heftig den Kopf. » Ich kann nicht zurück, sie töten mich, sie töten mich«, rief er, und seine Stimme überschlug sich dabei. Plötzlich zeigte er auf Kemaq: » Jener ist schuld. Er hat mich beraubt. Und ich bekam nur Brot, er gutes Kuka von der Chachapoya-Hexe.«
    Kemaqs Mitleid verflog. Er sah die Blicke der Männer. Die Vorwürfe des Chimú waren zwar wirr, aber er musste ihnen dennoch entgegentreten. » Jener dort hat mir in den Bergen das Wasser geraubt. Und nur mir und der Heilerin verdankt er, dass er überhaupt noch lebt.«
    » Es ist leicht zu erkennen, wer hier die Wahrheit spricht und wer nicht«, erklärte Jatunaq ruhig und ohne zu zögern. » Aber ihn zu retten, war sinnlos, kleiner Bruder, denn sein Leben ist ohnehin verwirkt.«
    » Ich kann euch nützlich sein«, stieß der Chimú angstvoll hervor.
    » Und wie, Chaski?«, fragte Jatunaq mit schneidender Verachtung.
    » Ich kenne alle Wege in der Stadt. Hinein und hinaus, ihr Krieger.«
    » Wir kennen unseren Weg«, lautete die knappe Antwort.
    » Aber wenn euer Weg versperrt ist, dann weiß ich einen zweiten, einen dritten, vielleicht einen vierten. Ich habe lange in der Stadt gelebt. Erst vor zehn Jahren wurde meine Gemeinschaft nach Tikalaq befohlen. Ich kann euch helfen!«
    » Jetzt wäre es schon hilfreich, wenn du aufhören würdest, solchen Lärm zu vollführen«, knurrte Jatunaq. Er warf Kemaq einen fragenden Blick zu, und der schüttelte den Kopf, denn er traute diesem Mann einfach nicht.
    Aber dann meinte einer der Krieger: » Es kann doch nicht schaden, einen Führer mehr zu haben.« Eine Äußerung, die der Chimú mit heftigem Kopfnicken unterstützte.
    Jatunaq starrte den Läufer mit offensichtlichem Widerwillen an. » Wir werden darüber nachdenken«, sagte er dann.
    Von irgendwoher ertönte ein warnender Pfiff, und während Kemaq sich noch fragte, was das zu bedeuten hatte, suchten die Krieger wieder eilig Deckung im Schilf. Zwei hatten den Chimú gepackt und schoben ihn in ein Gebüsch. Der Läufer öffnete den Mund, aber schon presste sich eine starke Hand darauf, um ihn am Sprechen zu hindern. Kemaq folgte einem Wink seines Bruders. Die anderen waren verschwunden, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Ein Rauschen erfüllte die Luft, und kurz darauf zog ein riesiger Schatten über den Fluss. Und als Kemaq ihm noch nachsah, zeigte ihm Jatunaq schon den zweiten, der sich hoch aus dem Blau des Himmels herabschwang und hinter den Mauern der Stadt verschwand. Für einen Augenblick glaubte Kemaq, dass er dort die Frau mit dem goldenen Haar auf dem Rücken des Gottes erspäht hätte, aber vielleicht war das auch nur Einbildung, denn die Sonne stand schon tief und blendete ihn.
    » Ich glaube fast, wir sind die Letzten«, meinte Dietmar besorgt, als Nabu zur Landung ansetzte.
    » Die Sonne ist noch nicht untergegangen, also sind wir nicht zu spät«, erklärte Nabu gelassen.
    » Sind die anderen denn wirklich schon alle zurück?«, fragte Mila.
    » Keineswegs. Ich kann weder Ianus noch Kemosch sehen, und auch Behemoth ist nicht dort unten, Prinzessin.«
    » Es wäre mir wirklich lieber, du würdest mich nicht so nennen«, sagte Mila, wohl zum zehnten Mal.
    » Ich werde versuchen, es mir zu merken«, erklärte Nabu gutmütig.
    Mila antwortete nicht. Sie war aus mehreren Gründen verstimmt. Nabu hatte sie nichts sehen lassen, nicht einmal die blasse Flamme. Und sie hatte das Gefühl, dass er sie einfach nicht ernst nahm. Wäre Dietmar nicht gewesen, hätte sie vielleicht ergründen können, was dieses Verhalten zu bedeuten hatte, aber so musste das erst einmal warten. Sie hoffte, dass sich später eine Gelegenheit ergeben würde.
    Als sie gelandet waren, wurde Mila mitgeteilt, dass sie sich umgehend in der großen Kammer zu melden hatte.
    » Ich kümmere mich schon um das Geschirr, Comtesse, geht nur«, sagte Dietmar.
    Mila seufzte. Da es sich der Diener sicher nicht nehmen ließ, ihr zur Hand zu gehen, würde sie ohnehin

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