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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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nickte. Er fühlte sich besser, aber seine Muskeln schmerzten immer noch. Sein Bruder hielt einen seltsamen Gegenstand in den Händen, den er ihm nun zeigte. Es war eine Art Pfeil, doch war er nicht aus Holz, sondern zur Gänze aus einem Erz, das Kemaq nicht kannte. Er war auch ziemlich kurz. » Was ist das?«, fragte Kemaq.
    » Ein Pfeil, was sonst? Hast du so etwas schon einmal gesehen?«
    » Die Farbe erinnert mich an das, was die Krieger der Fremden als Rüstung tragen. Wie stumpfes Silber«, antwortete Kemaq und kratzte sich am Kopf.
    » Stumpf? Dieses Geschoss ist alles andere als stumpf. Der Fremde, der auf dem Rücken des Gottes saß, hat es nach dir geschossen, obwohl ich nicht sah, dass er einen Bogen hatte«, erklärte Jatunaq ernst.
    Kemaq erinnerte sich daran, dass irgendetwas an ihm vorbeigeflogen war, draußen auf dem Feld. Er drehte den Pfeil immer noch unschlüssig in den Händen.
    » Ich kenne es nicht, tut mir leid. Ich habe dort überhaupt keine Bogen gesehen.« Und dann versuchte Kemaq die Waffen und die Panzerung der Fremden, die er in der Festung gesehen hatte, näher zu beschreiben.
    » Wir haben versucht, dieses Ding zu zerbrechen. Es ist uns nicht gelungen. Wenn ihre Rüstungen aus demselben Erz sind, werden unsere Waffen nicht viel gegen sie ausrichten.«
    » Wollt ihr denn gegen sie kämpfen, ich meine, heute?«, fragte Kemaq besorgt.
    Sein Bruder schüttelte mit finsterer Miene den Kopf. » Nicht heute, nein, aber irgendwann müssen wir doch gegen sie in die Schlacht ziehen, wenn wir sie aufhalten wollen. Aber ich sah den Gott. Er ist schrecklicher, als ich es mir vorgestellt habe.«
    » Der Hohepriester sagt, sie seien nicht so mächtig wie Inti«, versuchte Kemaq ihn aufzumuntern.
    » Ausgerechnet du berufst dich auf Inti?« Jatunaq grinste plötzlich. » Ich nehme es als gutes Zeichen für unser Vorhaben. Du solltest etwas essen, denn sobald es dunkel wird, musst du uns den Weg weisen.« Jatunaq stand auf und winkte einen der Krieger herbei.
    » Sag, großer Bruder, kannst du mir verraten, was euer Auftrag ist?«, fragte Kemaq leise.
    Jatunaq sah ihn an, und Kemaq, der noch auf dem Boden saß, schaute zu ihm auf und dachte wieder, was für ein beeindruckender und stolzer Krieger sein Bruder doch war.
    » Es wurde mir zwar nicht erlaubt, mit anderen außer meinen Männern darüber zu sprechen, doch da du uns führen musst, werde ich es dir sagen.«
    Der andere Krieger reichte Kemaq einige Fladenbrote, die er dankbar annahm. Jatunaq wartete, bis sich der Mann wieder zurückgezogen hatte. » Man erzählte mir«, begann er dann, » dass eine Frau mit diesen Fremden gekommen ist, eine Frau, die, wie der Sapay Inka, die Borla trägt.«
    Kemaq starrte seinen Bruder an. Er begann zu verstehen, und Jatunaq bestätigte seine Befürchtungen: » Ich sehe, du weißt, wen ich meine, und das ist gut, denn du musst uns zu ihr führen. Wir werden sie fangen und nach Tikalaq bringen. Dort wird sie Inti geopfert, auf dass er uns den Sieg schenken möge.«
    Kemaq blieb der Mund offen stehen. Das hatte er nicht gewollt! Er hielt eines der Brote in der Hand, aber er spürte keinen Hunger mehr. Die Fremde mit der Borla sollte Inti geopfert werden? Er wusste nicht, was er sagen sollte. Plötzlich hielt sein Bruder einen Finger an die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er ließ einen sehr leisen Pfiff hören. Seine Krieger erhoben sich vorsichtig von ihren Ruheplätzen im dichten Schilf. Sie hatten auf jeglichen Kriegsschmuck verzichtet und sahen fast aus wie harmlose Bauern, aber dann zogen sie ihre schweren Streitkolben hervor, und Kemaq sah, dass sie ganz und gar nicht harmlos waren. Jatunaq gab seinen Männern Handzeichen, worauf sie leise ausschwärmten. Kemaq hielt den Atem an. Er wusste immer noch nicht, was dort vorging.
    » Es ist jemand im Schilf«, raunte Jatunaq ihm zu. Dann ertönte ein erschrockener Schrei, und plötzlich ging alles sehr schnell. Krieger brachen durch das Schilf und warfen sich, die schweren Streitkolben in der Faust, stumm auf einen Feind, den Kemaq nicht sehen konnte. Der Kampf war kurz, dann schleppten die Krieger einen Gefangenen heran. Kemaq kannte ihn, es war der Chimú-Läufer.
    » Was hast du hier herumzuschleichen, Mann?«, herrschte Jatunaq ihn an, bekam aber außer einem wirren Blick keine Antwort. Einer der Krieger flüsterte Jatunaq etwas zu. » Du bist ein Chaski aus Tikalaq?«, fragte Jatunaq.
    Der Chimú nickte eifrig. » Ja, aus Tikalaq.«
    » Dann gehörst

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