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Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Roose
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vorbeikommen? Er ist ein Monster.«
    »Erinnerst du dich an die Fee? Sie ist doch auch hier hereingekommen?«
    »Natürlich erinnere ich mich. Sie wird von vorne gekommen sein.«
    »An Tumaros vorbei? Auf keinen Fall.«
    »Aber wie sonst?«
    »Das werde ich herausfinden.«
    »Du bist ein Träumer, kleiner Bruder.«
    »Da hast du recht. Ich träume von Freiheit. Vom Wald. Vom Vogelsingen. Von frischer Luft. Von der Sonne. Von Bodo und Emilia. Ich vermisse sie so sehr.«
    »Ich vermisse sie auch.«
    »Ist es schlimm mit Ella?«, wagte Bernhard zu fragen.
    »Sie ist sehr tapfer. Mama hilft ihr. Heute Nacht haben wir Vollmond. Wahrscheinlich war er deshalb so schlecht gelaunt.«
    »Oder meinetwegen.«
    »Gib dir nicht die Schuld, Bernhard. Das führt doch zu nichts.«
    »Ich werde zu ihm gehen, wenn der Mond scheint, und versuchen etwas Drachentau zu sammeln. Dann heilen Ellas Wunden schneller und wir haben nicht so viel Durst.«
    »Vielleicht sollte ich lieber gehen?«
    »Nein ich gehe.«
    »Wie du meinst, kleiner Bruder.« Letizia schlug die Decke zurück. »Lösen wir Aufgaben?«
    »Nein«, antwortete Bernhard. »Ich muss eine neue Schüssel schnitzen. Haben wir noch Holz dafür? Ich sehe mal nach.«
    Der Herbst ließ die Tage kurz werden. Alle Bären in der Drachenhöhle sehnten die Nacht herbei. Im Schlaf ließen sich Übelkeit und Kopfschmerzen vom Hungern und Dürsten leichter ertragen. Rosa hatte den letzten Rest Trinkwasser verteilt. Jeder bekam einen halben Becher und der war auch bei bester Einteilung bis zum Mittag verbraucht. Nun schien der Vollmond in die Drachenhöhle. Die ruhigen Atemzüge der Bären verrieten einen festen Schlaf. Bernhard lag wach auf seinem Bett und wartete, bis der Mond verschwand. Dann konnte er Drachentau sammeln.
    Vorsichtig stand er auf und ging zur Schwelle. Die Drachenhöhle war stockdunkel.
Gut, dann wird es jetzt Zeit,
dachte er, befestigte eine Fackel am Torbogen, griff sich eine Holzschüssel und schlich zu Tumaros. Mit klopfendem Herzen blieb er vor ihm stehen. Der schwache Fackelschein glitzerte in den Juwelen. Er streckte die Hand aus, versuchte die Steine zu berühren und stockte dicht davor. Tief atmend zog er seine Hand zurück.
    Tumaros rührte sich nicht. Gerade in diesem Moment bildete sich ein großer Tropfen Tau und fiel zu Boden. Bernhard hielt blitzschnell die Schüssel darunter und fing ihn auf. Mit leisem Plätschern füllte er die ganze Schale mit der silbrigen Flüssigkeit. Da überkam ihn der Durst und ohne zu überlegen, trank er mit einem Zug gierig die Schüssel leer. Die Flüssigkeit tränkte seinen ausgedörrten Körper. Das drängende Verlangen nach Wasser wich. Zufrieden setzte er ab. In diesem Augenblick fiel ein weiter Tropfen hinab. Bernhards Arme schnellten vor und versuchten ihn aufzufangen.
    »Mist«, entfuhr es ihm leise, als er ihn auf seinen Füßen spürte. Erschrocken hielt er sich die Hand auf den Mund, aber zu spät. Tumaros knurrte und hob den Kopf. Bernhard raste der Puls. Er trat einige Schritte zurück, drehte sich um und floh in die Bärenhöhle, den Drachenblick im Rücken. Tumaros sah ihm hinterher, schnaubte und legte sich wieder hin, den Blick zum Ausgang.
    Bernhard atmete schwer. Er schaute zitternd auf die leere Schale. In der hintersten Höhlenecke hockte er sich gegen die Wand und zog sich seine Decke über den Kopf.
    Ich habe es versaut,
ging er mit sich ins Gericht.
Wenn Letizia gegangen wäre, hätten sie jetzt den Tau zu trinken und Ellas Wunden könnten heilen. Sie wären besser dran ohne mich. Vielleicht sollte ich einfach hinausgehen und mich vom Drachen verbrennen lassen.
Aber Tumaros würde ihn nicht töten. Nur verwunden, so wie bei Rosa und Ella. Dicke Tränen rannen aus seinen Augen und tropften auf seine Füße. Ella stöhnte im Schlaf. Bernhard krallte seine Finger in seine Unterschenkel, bis sie bluteten.
    Er spürte nicht, wie der Felsen in seinem Rücken immer heißer wurde, bis er erschrocken von ihm abrückte. Die Wand glühte rot, löste sich immer mehr auf, verwandelte sich in bläuliches Licht und verschwand ganz. Vor Bernhard klaffte ein Loch, so groß, dass ein kleiner Bär durchgehen konnte. Er streckte die Hand hinein und zog sie erschrocken zurück.
Der Ausgang,
durchfuhr es ihn,
es ist der Ausgang. Hier ist die Fee hereingekommen.
Vergessene Bilder tauchten vor ihm auf. Eschagunde, die Rosa versorgte, sie in den Gang schickte, der aber wieder verschlossen war. Und schließlich der Kampf, bei dem

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