Drachentau
vernichten. Eschagunde hielt ihm ihren Zauberstab entgegen und warf das Feuer zurück. Es traf den Drachen mit voller Wucht am Kopf. Seine Nase glühte. Tumaros schrie auf mit einem markerschütternden Schrei, taumelte zurück und fiel gegen die Felswand. Eschagunde lief ihm hinterher. Blitze zuckten aus ihrem Zauberstab, trafen den Drachen am Panzer und prallten ab ins Nichts.
Tumaros raffte sich wieder auf. Seine Augen glühten rot. Aus der Nase stieg schwarzer Rauch. Ein alles erstickender Gestank breitete sich in der Höhle aus. Er ging auf Eschagunde zu. Stieß Feuer. Sie parierte. Tumaros wich aus. So ging es weiter. Feuerstrahl um Feuerstrahl traf auf Eschagunde. Alle schickte sie zurück. Keiner traf Tumaros. Er bewegte seinen gewaltigen Körper blitzschnell und geschickt. Stunde um Stunde kämpften sie, vielleicht auch Tage, niemand fühlte die Zeit. Die Bären hockten in der hintersten Ecke, zitternd und schwitzend, hatten kaum noch Luft zum Atmen.
Eschagunde schwanden die Kräfte. Sie spürte, dass sie nicht siegen konnte, suchte nach einem Ausweg. Tumaros wurde immer stärker, sein Feuer heißer. Eschagundes Zauberstab glühte. Sie konnte ihn nur noch mit Schmerzen halten. Tumaros schickte ein minutenlanges Feuer. Einen winzigen Augenblick übermannte Eschagunde der Schmerz. Sie ließ ihren Stab los, wollte ihn aufheben und rannte gegen Tumaros Bein, der auf ihrem Zauberstab stand. Er legte einen Feuerkreis um sie. Die Felsen brannten. Eschagunde sank in sich zusammen. Alle Kräfte hatten sie verlassen.
Tumaros sah auf sie herunter, wollte zu einem letzten Feuerstoß ansetzen, dann hielt er inne. Der Kampf hatte Spaß gemacht. Seinen Gegner zu verwunden war ungleich besser, als ihn zu töten. Er nahm Eschagunde grob ins Maul und ging zu seinem Schlafplatz. Dort stieb er gegen die Wand. Der Felsen verschwand. Gitterstäbe wurden sichtbar. Tumaros öffnete das Gitter, warf Eschagunde hinein und verschloss das Verlies. Nichts war mehr zu sehen. Er lachte ein bösartiges, hämisches Lachen, das gegen die Höhlenwände prallte und mit tausendfachem Echo zurückgeworfen wurde. Zufrieden legte er sich auf seinen Platz und schlief ein.
Emil, Ella, Letizia, Bernhard und Rosa hielten sich die Ohren zu. Sie zitterten am ganzen Körper und wünschten sich den Tod herbei. Dann war es still. Unerträglich still. Wie die Stille nach einem grausamen Mord. Man konnte die Stille hören. Sie kroch in alle Glieder und erstarrte diese zu Eis.
Langsam wurden sie wieder warm. Der Schutzzauber entfaltete seine Wirkung.
Nur Bernhards Glieder blieben kalt. Er kuschelte sich ganz eng an Rosa. »Wenn ich groß bin, Mama, dann finde ich einen Weg hier heraus.«
Rosa lächelte mühsam. »Es gibt keinen Weg, Bernhard. Du siehst doch. Nicht einmal Eschagunde konnte uns helfen.«
Steinwurf
Die Sonne hielt sich hinter einer dichten Wolkendecke verborgen. Obwohl es früher Vormittag war, drang nur wenig Licht in das Innere der Drachenhöhle. Die verrußten Wände umfingen süßlich geschwängerte Luft, durchmischt mit Brandgeruch, die jedem normal Sterblichen sofort heftige Übelkeit abforderte.
Bernhard saß auf der Schwelle zur kleinen Bärenhöhle, hielt einen apfelgroßen Stein in der Hand, den er unermüdlich hochwarf und wieder auffing, und beobachtete Tumaros. Dieser lag auf seinem Lieblingsplatz, den Kopf zur Höhlenwand gedreht und behaglich auf seiner Schwanzspitze gebettet. Der bläuliche Schimmer seiner Zauberkräfte umgab ihn, leuchtete von Zeit zu Zeit glühend rot auf, brachte jeden seiner Panzerjuwelen zum Funkeln, um dann ganz zu erlöschen, bis nur noch Grau übrig blieb. Nach kurzer Zeit kehrte er zurück, als wäre nichts gewesen.
Es schien, als schliefe der Drache, doch Bernhard wusste, dass das keineswegs der Fall war. Tumaros entging nichts.
Fünf Jahre war es her, dass Eschagunde hier auftauchte, mit Tumaros kämpfte und verschwand. Sie hatten nie erfahren, was aus ihr geworden war. Keiner durfte die Höhle verlassen. An Rosas Stelle ging Ella hinaus, um Früchte und Pilze zu sammeln. Kam sie nicht schnell genug zurück, bestrafte Tumaros sie. Auch auf ihrem Fell vermehrten sich die Brandwunden, doch sie verlor nie ein Wort darüber. Rosa brach es das Herz. Schweigend kühlten sie die Verletzungen. Was hätten sie auch sagen sollen? Worte änderten ihre Lage nicht.
Bernhard sah auf den Stein in seiner Hand. Einem plötzlichen Impuls folgend, warf er ihn mit aller Kraft Richtung Tumaros. Mit dumpfem
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