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Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Roose
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geöffnet. Bernhard blickte auf eine Bärin mit gütigem Gesichtsausdruck, schwarzen Haaren, schlanker Gestalt und den gleichen tiefbraunen, von schwarzen Wimpern umrahmten Augen wie seine Mutter. Sein Herz schlug so schnell, dass er fürchtete, es würde stehen bleiben. Kein Zweifel! Hier war er richtig!
    Verwundert blickte sie den nächtlichen Besucher an und erstaunte noch mehr, als sie im Licht ihrer kleinen Lampe seine blauen Augen sah.
    »Nanu«, sagte sie mit einer weichen, warmen Stimme, »mit wem habe ich die Ehre?«
    Bernhard räusperte sich. »Also, ... ich suche die Hütte von Lena und Boris im Kupferdorf.«
    »Und wer ist ich?«
    »Ich bin Bernhard, der Sohn von Rosa. Emilia aus Mühlenau schickt mich.«
    Die Bärin stieß einen Schrei aus. Bernhard wurde in die Hütte gezogen und umarmt, bis ihm fast die Luft wegblieb. Er wusste nicht, wie ihm geschah, wollte schon zur Gegenwehr ansetzen, da ließ Lena ihn los und schaute ihn mit tränennassen Augen an.
    »Ist es wahr? Ist es wirklich wahr? Du bist Bernhard? Lass dich ansehen. Ja, du bist es. Kein Zweifel. Du bist Rosas Sohn.«
    Neben Lena erschien ein großer Bär mit kräftigem Körperbau und leicht ergrautem Haaransatz. Auch er zog Bernhard in seine Arme.
    »Herzlich willkommen, mein Junge. Unsere längst begrabene Hoffnung geht doch noch in Erfüllung.«
    »Ihr seid Lena und Boris?«, fragte Bernhard, nur um etwas zu sagen, noch immer nicht begreifend, dass er wirklich am Ziel war.
    »Und ob wir das sind«, antwortete Boris und Lena wurde geschäftig.
    »Komm mein Junge, du musst dich erst mal trocknen und etwas Warmes trinken. Setz dich vor den Kamin. Ich bringe dir eine Decke. Boris, leg noch ein paar Holzscheite nach. Hast du Hunger Bernhard?«
    Bernhard hatte Hunger. Das hier musste das Paradies sein. Diese freundlichen Leute waren seine Verwandten und er war willkommen. Er bekam eine Decke umgelegt, eine Tasse mit heißem Tee in die Hand gedrückt, und während er genüsslich schlürfte, briet Lena in der Küche Eier und Speck, schnitt Brot auf und stellte natürlich Honig und Butter mit auf den Tisch. Aufgewärmt und trocken kaute Bernhard mit vollen Backen und versuchte, so gut es ging, die tausend Fragen zu beantworten.
    Die Nachricht von Jakobs Tod traf Lena tief und sie weinte lange. Boris nahm sie in seine Arme und wiegte sie, bis sie sich beruhigt hatte. Sie wollte alles wissen, was passiert war, wo Rosa und seine Geschwister waren. Bernhard gestand, dass er es nicht wusste, senkte errötend seinen Blick und Boris legte eine Hand auf seine Schulter.
    Es begann schon beinahe zu dämmern, als Lena aufstand, um den Tisch abzuräumen und Boris für Bernhard ein Nachtlager bereitete. Bernhard nutzte die Gesprächspause und sah sich in der Hütte um. Sie war viel größer als Jakobs Hütte, hatte mindesten vier Türen, die noch andere Zimmer verhießen, und war mit vielen liebevollen Details eingerichtet. Vor dem Kamin stand ein großes, lederbezogenes Sofa mit weit ausladenden Armlehnen. Rechts und links davon zwei große Ohrensessel und davor ein kleines Tischchen, dessen Beine sich am Ende zu einer Spirale aufrollten. Gegenüber vom Fenster befand sich eine Kommode mit unzähligen Schubladen und obenauf standen, hölzern umrahmt, viele Grafitzeichnungen, in denen er seine Mutter und Jakob wiedererkannte.
    So muss sich Heimat anfühlen,
dachte er, als er sich auf einem großen, weichen Kopfkissen niederließ und mit einer bauschigen Daunendecke zudeckte.
Heimat und Freiheit.
    Die Sonne stand hoch am Himmel und hatte den Regen verscheucht, als Bernhard nach einem tiefen, traumlosen Schlaf erwachte. Er setzte sich auf und rieb sich die Augen. Nein, es war kein Traum. Er hatte wirklich in diesem herrlich weichen Bett geschlafen. Mit Schwung stand er auf und ging in die Küche. Lena stand geschäftig am Herd, der Tisch war genauso reich gedeckt wie in der Nacht. Boris saß davor und unterhielt sich angeregt mit seiner Frau. Beide sahen auf, als Bernhard die Küche betrat.
    »Guten Morgen. Ich hoffe, du hast gut geschlafen in deinem neuen Zuhause«, begrüßte Lena ihn.
    »Danke, habe ich. Kann man sich glatt daran gewöhnen.« Bernhard setzte sich zu Boris, neben dem schon für ihn gedeckt war, und langte beherzt zu.
    Lena beobachtete ihn vergnügt. »Es ist schön, dass du so viel Appetit hast. Das ist ein gutes Zeichen.«
    »Ja wirklich?«, fragte Bernhard zwischen zwei Bissen. »Dieses Essen ist köstlich. Nicht, dass meine Mutter schlecht

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