Drachentempel 01 - Sternenträume
als eineinhalb Lichtjahren pro Tag.
Die Koribu war so ein Schiff. Als Kolonistentransporter vor zweiundvierzig Jahren in einer über Centralis’ schwebenden Werft gebaut, hatte die Marketing-AS von Zantiu-Braun ihr eine effektive Reichweite von 42 Lichtjahren zugewiesen. Mit dieser Vorgabe hatten die Konstrukteure den Energiekonverter in einer zweihundert Meter durchmessenden trommelförmigen Struktur untergebracht, die das gesamte vordere Drittel des Schiffes einnahm. Siebzig Prozent des Schiffsvolumens wurden von den acht Fusionsreaktoren beansprucht, welche die massiven Energiemengen bereitstellten, die der Antrieb benötigte. Es war eine konstruktive Notwendigkeit, die erklärte, warum die Außenfläche der Koribu ein Mosaik aus Thermoradiatoren bildete, verspiegelten silbernen Rechtecken von fünf Metern Kantenlänge. Sie strahlten die phänomenalen Hitzemengen ab, die im Verlauf der Fahrt von den Unterstützungssystemen des Antriebs erzeugt wurden.
Wegen der schwächenden Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die menschliche Physis, insbesondere bei siebenundzwanzigtausend untrainierten Kolonisten und einer Fahrtzeit von mehr als zehn Wochen, musste ein Gravitationsfeld für sie und die Besatzung hergestellt werden. Dies wurde auf die einfachste Art erreicht: sechs große Räder, fette Donuts von dreißig Metern Dicke und zweihundert Metern Durchmesser, klimatisiert und mit Standardatmosphäre ausgestattet. Sie besaßen eine gemeinsame Achse und waren in gegenläufig rotierenden Paaren ausgerichtet, um die Präzession auszugleichen. Die Außenhüllen waren wie bei allen Schiffen, die außerhalb des magnetischen Feldes der Erde operierten, nackt und ohne Bullaugen oder Markierungen; nichts außer der Standardbeschichtung aus hellgrauem Schaum, zerklüftet von Partikeleinschlägen und ausgebleicht vom Licht der verschiedensten Sterne.
Es war nicht weiter schwer gefallen, die Koribu zum Truppentransporter für die strategische Sicherheit umzurüsten. Zantiu-Braun verwandelte die Gemeinschaftsräume in Fitnessbereiche und Sim-Tac-Säle, ein paar Schlafkabinen wurden leergeräumt und als Lager für die Skinsuits benutzt, der Rest blieb unverändert. Der Transporter fasste zwanzigtausend Squaddies.
Hinter den rotierenden Rädern kam die Frachtsektion, eine breite, offene Zylindersektion aus einem Wabengitter von Trägern, die tiefe hexagonale Silos bildeten. Einst hatten sie die Module mit industriellen Anlagen und Maschinen sowie die essentiellen Vorräte enthalten, welche die Kolonisten für ihre ersten Siedlungen benötigten. Die Modifikation für Gewinnrealisierungsoperationen bestand darin, die Halteklammern auszuwechseln.
Sechs Orbitaltransferschiffe warteten in einer Entfernung von dreihundert Metern und bildeten einen Ring um die Koribu . Ein-Mann-Schlepper glitten zwischen ihnen hin und her und stießen kleine grüne und blaue Flammen aus, während sie die Landekapseln der Dritten Flotte in die wartenden Silos bugsierten. An einem Ende des Wabengeflechts waren die Trennwände zwischen den Silos entfernt worden, sodass tiefe Alkoven entstanden. Sie enthielten Raumflugzeuge, das vertraute schlanke Profil der Xianti-Nasen erhob sich deutlich sichtbar aus den Schatten.
Die letzte Sektion der Koribu wurde von ihrem Hauptantrieb eingenommen. Fünf Fusionsraketenmotoren in der Form von dreihundert Meter langen schlanken Konussen, überzogen mit einem Gewirr von Rohren und Leitungen. Am Kopf der Konusse befanden sich gewaltige kugelförmige Deuteriumtanks, zusammen mit Hilfsaggregaten und zehn kleineren Tokamaks, die die Energie für die Zündsequenz des Hauptantriebs bereitstellten.
Die Moray dockte unmittelbar vor der Lebenserhaltungssektion an und verband sich mit einer Röhre, die aus dem Rumpf des Raumschiffs ausgefahren war. Lawrence musste weitere zwanzig Minuten warten, während derer er dem Lärm anderer Platoons lauschte, die sich durch die Habitationskabinen und Korridore der Orbitaltransferfähre und in die Röhre arbeiteten, bis seine Gruppe an der Reihe war. Schließlich erhielt er die Erlaubnis, von Bord zu gehen.
Es war ein weiter Weg durch die schwerelosen Korridore der Koribu bis zum rotierenden Transfertoroid, der in ihr Rad führte. In jeder Radspeiche befand sich ein Lift, kaum groß genug, um einen Erwachsenen aufzunehmen. Sie reihten sich vor dem Lift auf und steckten die Stiefel in die Schlaufen am Fußboden.
Die Schwerkraft nahm mit jedem Meter zu, den sie nach unten fuhren, sehr
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