Drachentempel 02 - Drachenfeuer
wieder den Paneelen auf seinem Schreibtisch zu.
»Danke. Ah, wie viele andere sind in der Gruppe?«
»Dreißig.«
»Und um wie viele Plätze bewerben wir uns?«
Der Korporal schenkte ihm einen müden Blick. »Wir ziehen eine Gruppe pro Woche durch. Und wir nehmen jährlich hundert Kadetten auf. Rechnen Sie sich Ihre Chancen selbst aus.«
Lawrence kehrte durch das Hauptgebäude auf die Straße zurück. Im Durchschnitt nahmen sie also zwei Mann aus jeder Gruppe. Eine Chance von eins zu fünfzehn. Nein, verbesserte er sich selbst. Es hat nichts mit Chance und Zufall zu tun. Ich werde es schaffen.
Als er in das Holiday Inn kam, war die Hälfte der Leute in der Lobby von Zantiu-Braun, und einige von ihnen waren offensichtlich für das Offiziers-Assessment in der Stadt. Er erkannte sie schon von weitem. Anfang zwanzig, fit, mit ernsten Gesichtern, gut sitzender Kleidung und bemüht, ihre flatternden Nerven zu verbergen. Vermutlich erkannten sie ihn mit der gleichen Leichtigkeit.
An diesem Nachmittag ging er hinunter in den Pool im Keller und schwamm eine Meile. Wie immer hatte seine Fitness auf dem Raumschiff zurück von Quation gelitten, und die letzte Woche war nicht gerade gesundem Leben gewidmet gewesen. Er kletterte hinaus, einigermaßen zufrieden mit seiner Zeit. Die Übung gab ihm diesen gewissen zusätzlichen Grad an Selbstvertrauen für den nächsten Tag; dank des Trainingsprogramms hatte Zantiu-Braun ihn in den letzten fünf Jahren in Topform gehalten.
Lawrence konnte den Gedanken nicht ertragen, sein Abendessen im Hotelrestaurant einzunehmen. Der Saal würde voll sein mit all den anderen Kandidaten, die sich dazu zwangen, höflich miteinander umzugehen. Also machte er sich auf einen kurzen Spaziergang durch die alte Stadt, als die Dämmerung herabsank. Das Herz Amsterdams war wunderbar erhalten, mit seinen schönen alten Häusern entlang den Kanälen, jedes mit einem eigenen Hebekran in der obersten Etage. Die antiken Mechanismen funktionierten noch; sie dienten dem Heraufziehen von Mobiliar, sodass es durch die Fenster nach drinnen gebracht werden konnte. Hausboote lagen vertäut im stillen schwarzen Wasser zwischen den geschwungenen Steinbrücken, angefangen bei winzigen Kabinenkreuzern bis hin zu Leichtern mit Doppeldecks und Dachgärten. Die Liegeplätze waren so wertvoll geworden, dass die Stadt seit mehr als zwei Jahrhunderten keine neue Hausbootlizenz mehr erteilt hatte; in seinem Briefing hatte gestanden, dass einige inzwischen seit mehr als acht Generationen im Besitz der gleichen Familien waren.
Die Bar, die er schließlich auf dem Rembrandtplein fand, servierte eine anständige heiße Mahlzeit und Bier, das angeblich auf das Rezept eines alten holländischen Lager zurückging. Es war nicht das schickste Lokal in der Stadt, doch es hatte eine lebendige Atmosphäre, und ein Hologrammpaneel zeigte eine Sportübertragung. Er saß an einem Tisch in der Nähe der Rückseite und ging die Speisekarte durch. Es dauerte einen Augenblick, bis er herausfand, dass die letzten zehn Punkte auf der Speisekarte Narkotika waren, drei davon ziemlich stark. Es bestand sogar die Möglichkeit, einige von den schwächeren als Garnierung zum Essen zu bestellen.
Sein Kellner nahm die Bestellung auf und lieferte ihm etwas von dem angeblich unverfälscht schmeckenden Lager. Lawrence setzte sich zurück und warf einen Blick in die Runde. Das große Paneel auf der gegenüberliegenden Wand zeigte Manchester United gegen Monaco. Er grinste und nahm einen weiteren Schluck von seinem Lager.
Das Mädchen aus der Gruppe von Demonstranten saß am Tresen und starrte ihn kühl an. Er schrak zusammen, dann lächelte er und hob sein Glas zum Gruß. Sie blickte hastig weg.
Zu schade, dachte er. Sie war mit ein paar anderen Mädchen da, keine männliche Begleitung in Sicht. Ihr Dufflecoat hing über der Rücklehne ihres Hockers. Sie trug einen dünnen roten Rollkragenpullover mit einem unpraktischen langen Schal, den sie locker um den Hals geschlungen hatte, und weite olivgrüne Hosen, die mit einem breiten Regenbogenperlengürtel zusammengehalten wurden. Mit diesen Sachen und einem Alter, das er drei oder vier Jahre jünger als sein eigenes einschätzte, musste sie Studentin sein. Ohne Zweifel Philosophie, dachte er, oder Soziologie. Irgendetwas für die wirkliche Welt völlig Nutzloses.
Sein Essen traf ein. Pasta mit einer Soße aus drei Käsesorten und geräuchertem Schinken. Eine Beilage aus Knoblauch-Brötchen. Frisch
Weitere Kostenlose Bücher