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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Drachenaugen, die noch immer gebeugt auf ihren Bänken saßen, kehrten allmählich aus der Trance zurück. Tyron richtete sich mühsam auf und kam die wenigen Schritte zu mir herübergestolpert.
    »Was für eine Machtdemonstration, Lord Eon! Faszinierend!« Sein ausgezehrtes Gesicht strahlte vor Erleichterung und Siegesfreude. »Damit habt Ihr Euch den Sitz im Drachenrat wirklich verdient.« Er warf Lord Ido einen herausfordernden Blick zu.
    »Ich habe keine Einwände, Tyron«, erwiderte Ido und hob ergeben die Hand. »Der Junge hat uns seinen Wert als Ratsmitglied und Zweites Herrschendes Drachenauge bewiesen.« Dabei blickte er mir kurz in die Augen, ein Moment ungewollten Einverständnisses.
    Tyron wandte sich an mich. »Und geht es Euch gut, Lord Eon?«
    Ich vermochte nicht in sein freundlich besorgtes Gesicht zu blicken, denn ich betrog ihn ja. Ich betrog sie alle mit meinem Schweigen. »Ich bin müde«, sagte ich.
    Er nickte, reichte mir die Hand und zog mich auf die Beine. »Kein Wunder. Eure Macht über den Monsun war erstaunlich.« Von den Drachenaugen, die sich unterdessen um uns versammelt hatten, kamen zustimmende Rufe. Einige klopften mir freundlich auf den Rücken.
    »Doch ich glaube, wir alle spüren die Anstrengung«, fuhr Tyron fort. »Der Verlust an Hua hat uns sehr geschwächt.«
    Lord Silvo, der neben ihm stand, nickte. Sein Gesicht war grau und er wirkte mitgenommen. »Noch nie ist mir so viel Hua genommen worden«, flüsterte er.
    Tyron tätschelte ihm die Schulter. »Wir alle müssen uns ausruhen. Feiern können wir ja, wenn wir uns ausgeschlafen haben und unser Hua wiederhergestellt ist.« Er beugte sich zu mir vor. »Nehmt den Dank der Dörfler entgegen; dann können wir alle ins Bett gehen.«
    Ich trat vor die vielen Menschen, deren harte Mienen sich freudig entspannt hatten. Die dicht gedrängte Menge teilte sich, um eine Gasse für den Dorfältesten zu bilden.
    »Lord Eon«, sagte Hiron und verbeugte sich. »Versammelte Drachenaugen«, fuhr er fort und verneigte sich noch tiefer. »Wir danken Euch allen unterwürfig dafür, unsere Ernte und unser Dorf einmal mehr gerettet zu haben. Ihr habt uns erneut großes Glück gebracht.«
    »Wir nehmen Euren Dank an, geehrter Ältester«, sagte ich und rang mir ein Lächeln ab. »Wir müssen uns jetzt ausruhen, doch wir freuen uns auf das Fest, das Ihr für diesen Abend vorgesehen habt.«
    Der Dorfälteste verbeugte sich erneut und scheuchte die Dorfbewohner mit ausgebreiteten Armen vom Podium weg.
    »Macht Platz für die Drachenaugen. Wir werden ihnen unsere Dankbarkeit heute Abend beim Bankett zeigen. Jetzt geht und bereitet das Fest vor.«
    Tyron winkte Hollin heran. »Bring mich in meine Unterkunft, Junge. So schlecht habe ich mich noch nie gefühlt. Ich werde wohl wirklich alt.«
    Auch die übrigen Lehrlinge wurden herbeigewunken, um ihren geschwächten Meistern zu helfen.
    Tyron wandte sich noch einmal zu mir um. »Ist Ryko nicht da?«
    Ich schüttelte den Kopf. Die Abwesenheit des Insulaners drang durch meine dumpfe Erschöpfung wie ein Stich der Angst.
    »Dann soll Hollin sich auch um Euch kümmern«, brummte Tyron und hieß seinen Lehrling mit einer Handbewegung, meinen Arm zu nehmen.
    Lord Ido tauchte neben mir auf und packte mich unsanft an der Schulter. »Das ist nicht nötig, Tyron. Lord Eon und ich sind im selben Haus untergebracht. Mein Junge kann uns beiden zurück ins Drachenhaus helfen. Es ist schließlich gleich um die Ecke.«
    Tyron zögerte und überließ dann seiner Müdigkeit die Entscheidung. Er nickte und schlurfte schwer auf Hollin gestützt übers Podium. Ich wollte den beiden nachrufen, doch Idos Hand ließ mich in entsetztem Schweigen erstarren.
    »Nimm Lord Eons anderen Arm«, befahl er Dillon. »Er kann ja kaum gehen.«
    Ich spürte, wie Dillon sich meinen Arm um die Schulter legte, wandte ihm langsam den Kopf zu und flüsterte ihm ins Ohr: »Lass mich nicht allein.« Dabei wies ich mit dem Kopf in Idos Richtung.
    Dillon warf erst seinem Meister, dann mir einen raschen Blick zu und schlug die Augen nieder, deren Weiß seltsam gelblich schien. Diesmal war von ihm keine Hilfe zu erwarten.
    Als wir vom Podium stiegen, hielt Ido mich weiter eng an sich gedrückt. Ich spürte, wie kräftig er noch immer war. Anders als die übrigen Drachenaugen schien er nicht erschöpft zu sein. Ob er auch meinen Amtsbrüdern Energie geraubt hatte?
    Zwei von Rykos Männern vertraten uns den Weg. Ich atmete auf: Er hatte mich also nicht

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