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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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fragte die Stimme herrisch.
    Rykos Griff wurde fester. »Schwertmann Jian«, rief er und winkte Lady Dela auffordernd zu.
    Sie sah ihn panisch an und rief dann: »Und Fußsoldat Perron.« Eilends verbarg sie das Buch unter ihrer Rüstung, trat neben mich und nahm das Messer, das Ryko ihr hinhielt.
    Für einen kurzen, reglosen Moment sahen wir einander in die angsterfüllten Augen. Dann stieß Ryko mich vorwärts und drehte mir den Arm dabei halb auf den Rücken. Es war ein mitleidloser Griff, und mir stockte der Atem, als ich gezwungen war, zwischen den beiden mitzustolpern. Intuitiv wehrte ich mich gegen ihn, denn seine Kraft war wirklich beängstigend. Sein Blick war hart, und er verriet mit keiner Miene, dass er mich kannte, sondern zerrte meinen Arm nur umso höher, bis meine Schulter so wehtat, dass ich mich gehorsam vorbeugte. Alles, was ich beim Voranstolpern sah, waren die Stiefel und Beine zweier Soldaten, die dort standen, wo die Gasse in den Platz mündete.
    »Was hast du denn da, Schwertmann?«, fragte einer der Soldaten, und sein anzügliches Grinsen war unüberhörbar. Der Jubel, der vom Nachbarplatz zu uns gedrungen war, verstummte unvermittelt.
    »Sie hatte sich hinter den Stapeln versteckt«, sagte Ryko.
    »Was treibst du dich da hinten rum? Das ist nicht deine Aufgabe.«
    »Ich hab mich nicht rumgetrieben. Ich bin beim Schiffen auf sie gestoßen. Wo soll ich sie hinbringen?«
    »Alle Frauen sind im Garten.« Der Soldat hielt inne. »Zeig sie mir mal.«
    Ryko ließ meinen Arm los, griff mir ins Haar und riss mich nach hinten. Der plötzliche Ruck ließ mich aufstöhnen. Tief in mir kauerte sich etwas zusammen und rüstete sich zum Kampf. Ich umklammerte Rykos Handgelenk und versuchte, mich zu befreien. Meine Kopfhaut tat so weh, dass der Nachthimmel in Tränen verschwamm.
    »Die setzt sich zur Wehr«, sagte der Soldat und hielt mich am Kinn fest. Zwei kalte, vom Helm halb verdunkelte Augen musterten mein Gesicht und meinen Körper. »Nicht übel. Weißt du, wir müssen sie dort nicht hinbringen. Niemand wird ein kleines Dienstmädchen vermissen.«
    Ryko zerrte mich zurück. » Ich hab sie gefunden.«
    Der Soldat taxierte den hünenhaften Ryko, zuckte die Achseln und wies mit dem Kinn auf Lady Dela. »Und was treibst du hier?«
    »Ich hab was gehört und dachte, ich geh mal nachsehen.« Ihre Stimme klang nicht mehr hell und beschwingt. Es war die Stimme eines Mannes, die der Schmerz rau klingen ließ. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sie die Hand auf ihre Wunde legte, um den behelfsmäßigen Verband zu verbergen.
    »Bist du verletzt?«, fragte der Soldat.
    »Nichts Ernstes«, erwiderte Lady Dela und warf Ryko einen raschen Blick zu.
    Der andere Soldat, der größer und besser gebaut war, schüttelte angewidert den Kopf. »Um Sholas willen – dieses Mädchen ist doch keinen Streit wert; in den Freudenhäusern gibt’s viel bessere.« Er wies mit dem Daumen nach rechts und in dieser Bewegung lag eine natürliche Autorität. »In dem Gebäude dort drüben arbeitet ein Knochenbrecher. Du solltest dich lieber von ihm anschauen lassen.«
    »Es ist nicht der Rede wert. Außerdem will ich die Hinrichtungen sehen«, sagte Lady Dela rasch.
    »Dann beeil dich besser. Der Großlord kann es kaum noch erwarten, Köpfe rollen zu sehen.« Seine Verachtung streifte mich kurz und blieb an Ryko hängen. »Und du solltest dich auch schnell aus dem Staub machen.«
    Ryko knurrte zustimmend, zwang mich weiterzugehen und führte mich auf den Platz hinaus. Einer der Soldaten raunte uns etwas nach, und der andere lachte abfällig, was wilden Abscheu in mir aufflammen ließ.
    »Weitergehen«, drängte Ryko.
    Er löste seinen harten Griff so weit, dass ich mich aufrichten konnte. Lady Dela war nicht in der Nähe. Ich hoffte, dass sie sich nur etwas hatte zurückfallen lassen und die Rolle des schlechten Verlierers spielte.
    Vom Säulenvorbau auf der anderen Seite des Platzes her beobachteten zwei Wachtposten unser Kommen. Sie waren am Haupttor eines von einer Mauer umgebenen Gartens postiert. Jenseits des Torbogens waren reihenweise Soldaten zu sehen, die allesamt von der Stimme eines Mannes in Bann geschlagen waren, deren voller, befehlender Ton eine Erinnerung in mir weckte.
    Sethon.
    Der rechte Wachtposten winkte uns zu sich.
    »Eine Gefangene«, sagte Ryko, um jeder Frage zuvorzukommen.
    Ich hielt den Kopf gesenkt, denn ich ertrug es nicht, erneut schamlos musternden Blicken zu begegnen.
    Der Wachtposten schnaubte.

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