Drachentochter
Sitz des Verbands und zuckte dabei zusammen. »Das genügt fürs Erste.« Sie streckte ihren gesunden Arm aus. »Helft mir auf. Wir müssen in den Garten der Schönheit und Anmut hinüber.«
Ryko zog sie auf die Beine und bot ihr Halt, als sie schwankte. Ihr Gesicht wurde aschgrau.
»Dort werden wir nicht hingehen«, sagte Ryko. »Wir kehren sofort durchs Konkubinentor zurück.«
»Nein.« Sie griff nach seinem Arm, mehr um sich festzuhalten, als um ihre Antwort zu bekräftigen. »Sethon hat Lady Jila und den kleinen Prinzen in seine Gewalt gebracht. Begreifst du denn nicht, was er vorhat? Er wird die beiden töten und den Thron für sich beanspruchen. Wir müssen ihn aufhalten.« Sie wandte sich mir zu. »Lord Eon, gebt mir das Buch. Wir finden den Namen Eures Drachen und dann müsst Ihr Sethon aufhalten.«
In meinem Kopf hörte ich die Stimme meines Meisters, ganz schwach von dem Gift, das sein Hua erstickte: Halt ihn auf. Es war egal, ob er damit Ido oder Sethon gemeint hatte. Beiden gehörte das Handwerk gelegt, und ich hatte versprochen, dafür zu sorgen. Nicht nur meinem Meister. Mit Prinz Kygo hatte ich einen Pakt geschlossen. Später hatte er mir dann vorgeworfen, ich hätte keine Ehre. Stimmte das? Lief ich vor dem davon, was ich zu tun gelobt hatte?
Ryko schüttelte den Kopf. »Wir gehen zurück. Es ist meine Pflicht, Euch in Sicherheit zu bringen.«
»Nein«, widersprach ich, und beide starrten mich an. »Ich wünschte, es wäre deine Pflicht, Ryko, aber das ist es nicht. Deine Pflicht ist es, mir zu dienen. Und meine Pflicht ist es, Ido und Sethon aufzuhalten. Für den Perlenkaiser.« Und für meinen Meister, fügte ich im Stillen hinzu. »Wir wissen nicht, ob der Kaiser fliehen konnte, aber vermutlich ist er tot und darum ist das Kind von Lady Jila jetzt unser neuer Herrscher. Also müssen wir versuchen, das Kind und seine Mutter zu retten.«
Ryko war bei diesen Worten erstarrt, als hätte ich ihm einen Schlag mit der Peitsche verpasst. »Wie Ihr richtig sagt, ist es meine Pflicht, Euch zu dienen. Aber ich habe auch die Pflicht, Euch zu schützen. Deshalb werde ich Euch nicht in den sicheren Tod führen.«
Ich wich seinem so zornigen wie entschlossenen Blick nicht aus. »Du wirst mich nicht in den Tod führen – du wirst mir folgen.« Ich sah den Protest in seinen Augen. »Wer sollte es sonst tun, Ryko? Du hast selbst gesagt, ich sei die Hoffnung des Widerstands.«
»Damals ward Ihr noch Lord Eon, das Spiegeldrachenauge.«
»Spiegeldrachenauge bin ich noch immer.«
Lady Dela trat zwischen uns. »Hört auf, euch zu zanken. Wir haben keine Wahl. Wir müssen Lady Jila und den Prinzen retten.«
Ich nickte. »Gib mir ein Messer.«
Ryko stand da und blickte auf meine ausgestreckte Hand.
»Um Sholas willen – hör auf, dich gegen das Unvermeidliche zu stemmen, und gib ihr ein Messer«, rief Lady Dela, lehnte sich mit schmerzverzerrter Miene an einen Stoffballen und zog zischend Luft durch die Zähne. »Na los.«
Er zog ein Messer aus der Armscheide und klatschte mir den lederbezogenen Griff in die Hand. Ich schob die Finger unter meine straff gebundene Seidenschärpe und begann, sie entzweizuschneiden.
Lady Dela hob ruckartig den Kopf. »Was macht Ihr da?«
»Zwei Soldaten zerren eine gefangene Magd zum Garten.«
Die Schärpe fiel ab. Ich wand mich aus der schweren Geschichtenrobe und ließ sie zu Boden fallen. Das Mondlicht ließ meine tiefdunklen Perlen aufblitzen und meine bleichen Arme silbern leuchten. Ich schaute auf und sah Ryko meinen Körper anstarren, der nur noch mit drei dünnen Untergewändern und einer smaragdfarbenen Hose bekleidet war. Unter seinem Blick wurde ich mir plötzlich meiner Kurven unter dem dünnen Seidenstoff bewusst und ich verschränkte die Arme vor der Brust. Er räusperte sich und ging rasch weg, um sich am vordersten Ballenstapel zu postieren.
Lady Dela sah ihm dabei zu. »Das ist ein guter Plan«, sagte sie knapp, »aber Ihr werdet auch Schuhe und Hose ausziehen müssen. Sie passen nicht zu einer Magd.«
Ich zog die dreckigen, abgewetzten Schuhe aus, hockte mich hin und suchte so lange unter den Untergewändern herum, bis ich das Hosenband gefunden und gelöst hatte und nur noch aus den Beinkleidern treten musste.
»Und denkt an Eure Haare«, fuhr Lady Dela fort.
Ich legte die Hand um die beiden Drachenaugenzöpfe, die ich mir auf den Kopf gesteckt hatte. Aufgrund ihrer Verletzung konnte Lady Dela sie mir nicht lösen. »Ryko, du musst mir die Zöpfe
Weitere Kostenlose Bücher