Drachentochter
verwahrt.« Dann glitt ihr Blick über meine völlig zerrissenen Sachen und sie hielt mir die Geschichtenrobe hin. »Da, zieht das an.«
Dankbar schob ich die Arme in die weiten Ärmel, strich dann über die Tafeln unter meinem Brustband – sie saßen immer noch fest – und band das Gewand zu. Die Robe war mir zu weit, aber immerhin lief ich nicht mehr halbnackt herum. Ich warf Ido, der sich mühsam aufsetzte, einen raschen Blick zu. Der alte Ido hätte sich niemals widerstandslos prügeln lassen. Wie lange würde dieser Wandel andauern? Ich traute ihm nicht.
Ryko kam zu uns gehumpelt. »Ich habe hier eins Eurer Schwerter. Das andere ist da drüben«, sagte er und wies auf eine Kiste in der Nähe. Er stützte sich mit der Hand an die Mauer und atmete vernehmlich durch seine zusammengebissenen Zähne. Ob er es bis zum Fluss schaffen würde?
»Ihr geht als Erste«, sagte ich zu Lady Dela. »Helft Ryko hinein.«
Ich rechnete mit Widerspruch, doch Ryko nickte bloß. Während Lady Dela sich vorsichtig in die Öffnung schob, lief ich zu der Kiste und holte mein zweites Schwert. Der vertrau te Wutstoß verband sich mit der herrlichen Erneuerung meines Körpers und verlieh ihm noch mehr Kraft. Als ich zum Gitter zurückkehrte, war Ryko gerade unbeholfen durch das Loch geklettert. Für einen Moment sah ich Lady Delas angespanntes Gesicht, während sie ihn die ersten Treppenstufen hinunterführte. Dann trat auch ich in die Öffnung, ohne das Gitter zu schließen. Es wäre reine Zeitverschwendung gewesen, es wieder einzusetzen.
»Es tut mir leid«, sagte Ido über die kurze Entfernung zwischen uns hinweg. »Das ist zwar nicht genug, aber es tut mir leid.«
Er beobachtete mich nur mit einem Auge, da das zweite schon zugeschwollen war, und er atmete unregelmäßig – jedes Luftholen schien ihm große Schmerzen zu bereiten.
»Das weiß ich.«
»Mein Ehrgeiz hat dazu geführt, dass wir die letzten beiden Drachenaugen sind. Sethon wird erst ruhen, wenn er unsere Kraft seiner Kriegsmaschinerie dienstbar gemacht hat.« Die schroffe Überheblichkeit in seinem Gesicht war wie weggewischt.
»Dillon ist auch noch da«, beharrte ich störrisch.
Er wischte sich Blut vom Mund. »Wir wissen beide, dass ich ihn zerstört habe.« Er schüttelte den Kopf und fuhr bei dieser Bewegung zusammen. »Sethon weiß von der Perlen kette. Und von dem schwarzen Buch. Hast du es? Hast du beide Bücher genommen?«
Ich schüttelte den Kopf und dachte daran, wie Dillon mir das schwarze Buch vom Unterarm gezerrt hatte. Doch das würde ich Ido nicht erzählen.
Befehlsrufe jenseits der Gasse ließen mich rasch in der Öffnung verschwinden und aus der Deckung nach draußen schauen. Ido hatte sich nach dem von Ryko zurückgelassenen Schwert gebeugt und zog den Griff zu sich heran. Schon diese Anstrengung ließ ihn keuchen.
Als er mich erneut ansah, hatte er einiges von seiner alten Autorität zurückgewonnen. »Finde das schwarze Buch. Es enthält Mittel und Wege, Drachenmacht zu binden und sich nutzbar zu machen. Sorge dafür, dass Sethon es nie in die Hände bekommt, denn sonst werden wir alle seine Sklaven sein.«
Versuchte Ido, mich reinzulegen? »Wie sollte Sethon das schaffen?«, fragte ich. »Er ist doch kein Drachenauge.«
»Nein, aber er ist aus königlicher Familie. In seinen Adern fließt Drachenblut. Und jeder, durch dessen Adern dieses Blut strömt, kann uns mit dem Zauber des schwarzen Buchs unterwerfen.«
»Ich dachte, das mit dem Drachenblut sei bloß eine Legende.«
Ido zuckte kaum merklich die Achseln. »Ich dachte, du wärst nur eine Legende.« Er hob das Schwert, brachte die Klingenspitze aber kaum vom Boden hoch. »Geh! Ich werde ihnen so lange wie möglich den Weg zum Gitter versperren.«
»Du kannst doch das Schwert kaum halten«, wandte ich ein.
»Du hast mir diese neue Großmut aufgezwungen – also verschwende sie nicht«, erwiderte er schroff. »Und jetzt verschwinde.«
Er hatte recht. Ich sollte gehen, ihn seine große Büßergeste machen lassen und mich und meine Freunde in Sicherheit bringen. Ich schuldete ihm nichts. Doch schon als ich mich weiter in das Loch zurückzog, ließ mich etwas innehalten: Ich durfte ihn Sethon nicht aussetzen. Meine Macht hatte Ido seiner Stärke beraubt; ich hatte ihn verwundbar gemacht. Ich bezweifelte, dass er überhaupt noch genug Kraft besaß, um Verbindung mit seinem Drachen aufzunehmen.
Ich beugte mich erneut aus dem Loch.
»Du könntest mit uns kommen.« Schon als ich die
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