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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Hinsicht so entsetzlich gewesen, als wäre Laurence tatsächlich tot gewesen. Es verwischte die Unterscheidung zwischen dem vorgestellten Ereignis und dem tatsächlichen, dachte Temeraire, weshalb ihm jede Spekulation wie ein kleines Risiko vorkam. Laurence nannte solche Ideen abergläubischen Unsinn, das wusste Temeraire, aber er hatte das Gefühl, dass er keinerlei Unheil heraufbeschwören sollte.
    »Was sagt dieser Kümmerling?«, fragte Gentius und sah Arkady stirnrunzelnd mit seinen milchigen Augen an, die voller Vorwurf waren. Er war nicht erfreut über den zusätzlichen Flug, den er auf Armatius’ Rücken hatte zubringen müssen, und auch das ungemütliche Lager sagte ihm nicht zu. »Ich hoffe, er schämt sich angemessen seiner selbst.«
    »Nein«, erwiderte Temeraire, »keineswegs, und er macht auch dumme Vorschläge.«
    »Nun, kümmere dich gar nicht um ihn«, sagte Gentius. Dann senkte er die Stimme. »Ich will nicht, dass du dir unnötige Sorgen machst, Temeraire, aber hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, was wir tun sollen, wenn sie nicht gleich wieder umdrehen und zurückkommen?«
    Temeraire legte seine Halskrause an und schwang sich wieder in die Luft, denn er konnte der Versuchung nicht länger widerstehen. Es wurde langsam dunkel am östlichen Rand des Himmels. Ein verschwommener, wässriger Mond machte sich am westlichen Horizont bereit aufzusteigen, und einige Staubwolken von Viehherden waren hier und da zu erkennen. Kein Anzeichen jedoch von Laurence oder
von Iskierka. Dann wandte Temeraire den Blick in die andere Richtung und sah einen angeschirrten Winchester auf sie zufliegen.
    Schnaufend landete Elsie. »Oh, wir hatten schon Angst, dich überhaupt nie zu finden. Was macht ihr denn hier? Schottland liegt doch in die andere Richtung, ihr fliegt ja geradewegs wieder nach London.«
    »Wir haben uns nicht verflogen«, entgegnete Temeraire recht kühl. Er mochte Elsie nicht besonders. Hollin war ein sehr guter Anführer der Bodentruppe gewesen. Fellowes tat sein Bestes, aber er achtete nicht ganz so aufmerksam darauf, wie das Geschirr auf der Haut lag, und war auch nicht ganz so schnell dabei, die Lederriemen am Abend wieder abzunehmen – nicht dass Temeraire im Augenblick viel Geschirr trug, aber es war eine Frage des Prinzips –, und Fellowes war auch ein wenig langweilig, wenn man mit ihm allein am Abend war und sich ein bisschen unterhalten wollte. Und überhaupt war Hollin der Erste gewesen – um es kurz zu machen: Temeraire hatte es noch nicht verwunden, Hollin an Elsie verloren zu haben. »Wir sind nicht in die falsche Richtung geflogen«, wiederholte er. »Wir warten hier auf Laurence und Tharkay, die Granby retten. Iskierka hat sich gefangen nehmen lassen.«
    »O Herr im Himmel«, stieß Hollin aus und glitt von Elsies Rücken. Über seiner Schulter trug er eine Tasche. »Wann sind sie losgeflogen?«
    »Schon vor Stunden«, berichtete Temeraire verzagt. »Aber Laurence sagte, dass sie vermutlich fast den ganzen Tag brauchen würden, um zu Fuß die Stadt zu erreichen, und wenn sie dann den Ort gefunden hätten, an dem Granby versteckt wird, würden sie trotzdem bis zum Einbruch der Dunkelheit, wenn fast alle schlafen, warten, bis sie ihn befreien. Also ist es noch gar nicht so spät, sie liegen noch gut in der Zeit.« Er erwähnte nicht, dass er trotz dieser Tatsachen gerade erst aufgestiegen war, um nach ihnen zu suchen.
    Hollin rieb sich mit seiner Hand über den Mund und sagte: »Ich habe eine Nachricht.«
    »Wie groß ist sie?«, fragte Temeraire, und Hollin nahm ein gefaltetes Stück Papier aus der Tasche, das sorgsam mit rotem Wachs gesiegelt war. Zwar war es nicht so winzig, dass Temeraire es nicht hätte erkennen können, aber zum Lesen war die Aufschrift für ihn doch zu klein. »Sie werden es mir laut vorlesen müssen«, sagte Temeraire.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob das in Ordnung wäre«, sagte Hollin entschuldigend. »Da steht drauf, dass es für Kapitän Laurence ist.«
    »Ich bin überzeugt, Laurence würde wollen, dass wir Bescheid wissen, wenn es sich um etwas Wichtiges handelt«, erklärte Temeraire. »Und überhaupt: Wenn es Befehle für uns sind, dann nehme ich an, dass da einfach jemand einen Fehler gemacht hat. Vermutlich jemand, der nicht weiß, wie er mich anreden soll, weil er nicht richtig verstanden hat, dass ich selbst der Oberst des Regiments bin.«
    Zögernd ließ Hollin den Blick zu den anderen Männern auf der Lichtung wandern. Keiner von ihnen

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