Drachenwacht: Roman (German Edition)

zu Ihren Gunsten gehandelt.«
    Talleyrand lächelte nur sanft und verbeugte sich ein weiteres Mal, ehe er den Raum verließ.
    »Bei Gott, was für eine Unverschämtheit«, ereiferte sich Wellesley, der kaum abwartete, bis sich die Tür geschlossen hatte und keineswegs seine Stimme dämpfte. »Dieses arrogante Schwein, dieser Sohn eines Gastwirts und einer Hure, verheiratet mit ebensolcher; das , um König von England …«
    »So etwas haben Sie nicht einmal angedeutet«, setzte Lord Eldon an. Er war der Lordkanzler, vom bekannten Rechtsanwalt zu diesem Adelsrang aufgestiegen und von da an in der Tory-Regierung für seine unerschütterliche Opposition gegen die katholische Emanzipationsbewegung aufgefallen.
    »Glauben Sie etwa, dass irgendjemand aus diesem illustren Zirkel um den Emporkömmling sich mit etwas so Läppischem wie dem Amt eines Gouverneurs zufriedengeben wird?«, fauchte Wellesley. »Gebt ihm sechs Monate, und man wird von König Murat sprechen, sobald er Armee und Marine zerschlagen hat.«
    »Nein, das wäre nicht akzeptabel«, sagte Perceval ohne viel Überzeugungskraft. »Aber wir haben doch eine Ausgangsbasis geschaffen …«
    »… die von vorne bis hinten eine Beleidigung ist«, unterbrach ihn Wellesley, »und die wir sofort ablehnen müssten.«
    »Einen seiner Vorschläge zumindest«, mischte sich ein anderer Minister ein. »Gentlemen, ich bitte Sie um unserer Selbst willen, etwas in Betracht zu ziehen: Ich möchte darauf drängen, dass die rasche Entscheidung gefällt wird, Seine Majestäten nach Halifax zu schicken, in aller Eile und unter den notwendigen Vorkehrungen für ihre Sicherheit.«
    »Defätistischer Nonsens«, sagte Wellesley scharf. »Bonaparte wird vor dem Frühling nicht mal in die Nähe von Schottland kommen, ganz egal, was wir tun.«
    »All unsere Späher berichten, dass seine Soldaten bereits überall im Norden von England verstreut sind.«
    »Auf der Suche nach Verpflegung«, sagte Wellesley, »und nur in kleinen Gruppen. Wir haben zwei Dutzend Außenposten und Garnisonsfestungen
zwischen London und Edinburgh, und er kann nicht einfach mit seiner Armee daran vorbeimarschieren.«
    »Sicherlich sollten wir keinerlei Risiko eingehen. Bonaparte ist in nur einem Winter von Berlin nach Warschau gezogen …«
    »Weil die Hälfte der Garnisonsanführer die Waffen gestreckt und sich ergeben hat, kaum dass die Fanfaren vor ihren Toren zu hören waren. Ich habe mehr Vertrauen in unsere Offiziere.«
    »Der König ist kein junger Mann mehr«, mischte sich Perceval in den immer hitziger geführten Schlagabtausch Wellesleys mit dem Minister ein, »und er ist auch nicht bei bester Gesundheit …«
    »Niemand schlägt vor, dass er sich aufs Schlachtfeld begeben soll«, sagte Wellesley, »aber er kann noch immer eine Truppenansprache halten.«
    Perceval schwieg kurz und sagte schließlich nachdrücklich und sehr leise: »Der König ist nicht bei bester Gesundheit.«
    Für einen Moment war Stille, dann wandte sich jemand an Wellesley und sagte in versöhnlicherem Ton: »Wenn der Prinz von Wales bliebe oder Prinz William und nur der König aufbräche …«
    Wellesley wischte diese Bemerkung sofort mit einer zornigen Handbewegung fort. »Wenn Sie entschlossen sind, ihn wegzuschicken, dann schicken Sie ihn weg. Und wenn Sie seinen Thron übergeben wollen, dann schnüren Sie doch ein Paket, wo Sie alles dazulegen, was diese Nattern sonst noch so haben wollen, und gestatten Sie ihnen doch, dass sie sich direkt an unsere Truppen wenden, um sie zur Aufgabe zu bewegen, warum nicht?«
    »Kommen Sie, General Wellesley, das nenne ich eine Überreaktion …«
    »Wenn Sie auch nur einen einzigen Augenblick lang geglaubt haben, dass sie nicht ganz genau wussten, was der Drache auf unserem Hof so treibt…«
    »Ich hoffe, wir lassen uns nicht ablenken, indem wir uns einreden lassen, dass Talleyrand, wenn nicht gar Bonaparte selbst, ernsthaft einen hinterlistigen Plan ersonnen hat und ihn von einem seiner
Drachen in die Tat umsetzen lassen will«, sagte Eldon. »Ich habe mir das unbedeutende Geplapper der Tiere angehört; lassen Sie uns da keine bewussten und wohlüberlegten Vorhaben hineininterpretieren …«
    »Sir«, sagte Laurence und ertrug die Blicke, die es ihm einbrachte, dass er die Tollkühnheit besaß zu unterbrechen, »vielleicht sind Sie sich nicht der Tatsache bewusst, dass die Drachen ihre Sprache bereits in der Schale erwerben und gewöhnlich keine weitere erlernen. Es kann kein Zufall sein,