Drachenwacht: Roman (German Edition)
und den Franzosen in Wembley und letzte Nacht in Harlesden eine ordentliche Abreibung verpasst. Das ist auch der Grund, weshalb ich hier bin: Ich soll ihm sein Oberstpatent überbringen.«
»Oh«, sagte die junge Dame, die sie aus ihrem Gespräch ausgeschlossen hatten. »Sie haben sie in Harlesden geschlagen? Georgie war dort… Ich muss Mutter davon berichten …« Sie hatte sich schon umgedreht, als sie sich noch einmal umwandte, knickste und dann zögernd die Hand hob. Hollin machte einen Schritt auf sie zu, führte ihre Hand an seine Lippen, ebenfalls ein wenig gehemmt, und sagte: »Zu Ihren Diensten, Miss Jemson, und ich hoffe, dass mich meine Runden noch einmal …«
»Das hoffe ich ebenfalls«, sagte sie tief errötend, und nachdem sie so viel gewagt hatte, machte sie endgültig auf dem Absatz kehrt und entfloh.
»Sir, wenn die Nachrichten bekannt sind und Miller die Nachricht überbringt, wo wir uns befinden, können wir doch vielleicht die Suche…«, setzte Hollin an, als er sich mit ebenfalls glühenden Wangen wieder zurückdrehte.
»O nein, nein danke, das kommt gar nicht in Frage«, entschied Miller. »Ihre Befehle lauten nicht, Sie sollen sich in Gottes schöner Welt umsehen. Sie lauten, Sie sollen den Drachen holen und dann wieder zurückkehren. Nun, und wenn Sie den Drachen nicht ausfindig gemacht haben, können Sie den Rest der Anweisungen dennoch befolgen, was bedeutet, Sie werden schön zurückkehren. Wenn die Verantwortlichen dann wollen, dass Sie noch weitersuchen, dann
werden sie es Ihnen schon sagen. Wir werden zusammen dorthin fliegen, wie es sich gehört, wenn es derartige Neuigkeiten zu übermitteln gilt, für den Fall, dass man einen von uns vom Himmel holt. Hundert Drachen, die frei herumstrolchen und Menschen ebenso wie Vieh verspeisen? Ich weiß nicht, was Ihnen einfällt vorzuschlagen, die Rückkehr noch etwas aufzuschieben. Es sei denn, Sie wollen den Hals von jemandem retten, der es nicht verdient hat …«
»Kapitän Miller…«, unterbrach ihn Hollin. »Genug«, fuhr Laurence dazwischen. »Ich habe nicht vor, mich in Zeiten wie diesen zum Gegenstand eines Streites machen zu lassen. Kapitän Hollin, wir hatten berechtigte Hoffnung, Temeraire rasch zu finden, da wir so kurz nach dem Verschwinden aus dem Zuchtgehege eingetroffen waren. Nun aber bleibt uns nicht einmal mehr dieser Strohhalm. Ich weiß Ihre Großzügigkeit sehr zu schätzen, aber ich werde nicht weiter darauf zurückgreifen. Lassen Sie uns sofort aufbrechen.«
Er hatte sich darauf vorbereitet und wollte es nun nur noch hinter sich bringen. Je eher sie zurückkehrten, desto weniger Schaden hätte er angerichtet, indem er sie hinhielt und aus selbstsüchtigen Gründen ein weiteres Mal seine Pflicht vernachlässigte. Nur der Erfolg hätte dies verzeihlich gemacht. Doch selbst dann hätte er eine Rüge verdient. Granby hatte recht. Seine Disziplin war gänzlich untergraben, das sah Laurence nun ein. Vielleicht waren die Auswirkungen noch schlimmer, weil er nicht wie die anderen im Korps aufgewachsen war. Die plötzliche Freiheit dieses Dienstes, die aus der Notwendigkeit heraus so viel größer war als die in der Marine, war ihm zu Kopf gestiegen und hatte sich dort als Freibrief festgesetzt.
Er schwang sich auf Elsies Rücken, nachdem Hollin aufgestiegen war, und schnallte sich wortlos fest, während er sich schwere Vorwürfe machte. Er achtete nicht auf ihre Umgebung oder den Verlauf des Fluges, und der kalte Wind, der ihnen in die Gesichter schlug, betäubte ihn. Devastatio versuchte erneut, sich ins rechte Licht zu rücken, und schummelte sich an Elsie vorbei an die Spitze, was ein
Leichtes für ihn war, da Elsie im Gegensatz zu ihm mit zwei Personen beladen war.
Und das war es, was sie rettete, denn aufgrund des Abstands konnte der Petit Chevalier sie nicht beide gleichzeitig angreifen, sondern konzentrierte die Attacke deshalb allein auf Devastatio. Der kleine Winchester kreischte und taumelte gen Boden; Blut strömte von seinem Flügel und der Flanke hinab, wo heftige Klauenhiebe ihn getroffen hatten. Mit tiefen, zischenden Atemzügen gelang es ihm, sich wieder zu fangen, und er pumpte seine Seiten auf, bis er den Sturz bestmöglich abgebremst hatte. Aber er konnte nicht mehr richtig fliegen, sondern nur noch in Schieflage zur Landung ansetzen. Zufrieden damit, den ersten Drachen zu Boden gezwungen zu haben, wo man sich später um ihn kümmern konnte, drehte der Petit Chevalier ab und wandte seine
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