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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Laurence erinnerte sich an
ihr allgemeines Staunen, dass es ihm gelungen war, eine Streitmacht von gut hundert Tieren zusammenzustellen.
     
    Nach dem Essen ging er hinaus und wartete höflich und ziemlich trübsinnig, während Hollin gemeinsam mit Miss – Laurence hatte ihren Namen bereits wieder vergessen – aufbrach, um auf Elsies schüchternen Wunsch hin nach ihr zu sehen. Der Drache war sehr daran interessiert, sie kennenzulernen, denn außer durch die Kapitäninnen, welche sich selten ihrem Geschlecht angemessen kleideten, waren die Drachen an die Gesellschaft von Damen nicht gewöhnt. Elsie war ganz erpicht darauf, sich streicheln und mit einem Pudding verwöhnen zu lassen, den die junge Dame zubereitet hatte und ihr anbot. Höflich, aber mit nur wenigen Happen leckte sie ihn von der Servierplatte.
    »Das ist aber ein hübscher Teller«, lobte sie danach mit steigender Begeisterung, und sie war sichtlich enttäuscht, dass er wieder ins Haus getragen werden sollte, zierte ihn doch eine handgemalte, auffällige Bordüre in Blau und Rot, mit einigen schmalen Tupfern Silber. »Ich habe noch nie etwas derartig Schönes gesehen«, seufzte Elsie und reckte den Hals, um noch einen letzten Blick darauf zu werfen.
    »Nun, es ist nur ein alter…«, begann das Mädchen, verschluckte den Rest jedoch wohlweislich und fügte hinzu: »… den ich übermalt habe. Ich denke, Sie können ihn behalten, wenn er Ihnen so gut gefällt.«
    »Oh«, stieß Elsie glücklich aus und drängte Hollin: »Kannst du ihn für mich aufbewahren? Vielleicht kann man ihn auch waschen und dann sorgfältig verstauen?«
    Es dauerte eine weitere halbe Stunde, bis alles zu ihrer Zufriedenheit erledigt worden war, und beide Seiten nickten sich fortwährend zu und tauschten Komplimente aus. Eine vergnügte Konversation entspann sich, die an Laurence’ Ohren vorbeirauschte, bis er schließlich einen Vorstoß wagte und sich zwang, kurz angebunden zu verkünden: »Hollin, wir sollten besser aufbrechen.«
    »Oh«, sagte das Mädchen. »Aber sollten Sie nicht besser auf ihn warten?« Sie zeigte mit dem Finger in die Luft, und sie konnten am Himmel einen anderen Drachen sehen, der in ihre Richtung flog.
     
    »Das ist ja ein starkes Stück«, sagte Miller. »Tolles Ding. Sie werden schon seit vier Tagen im Lager erwartet, und dann treffe ich Sie hier, Kapitän Hollin, wie Sie durch die Gegend spazieren, wo Sie nicht sein sollten, und die Gesellschaft eines verurteilten Schurken genießen.«
    Hollin errötete und erwiderte in scharfem Tonfall: »Wenn ich einen Fehler begangen habe, Kapitän Miller, dann können Sie sicher sein, dass ich mich bei denen dafür rechtfertigen werde, denen es zusteht, einen Bericht von mir einzufordern. Wir wurden ausgeschickt, nach einem Drachen zu suchen und ihn abzuholen, doch alles, was wir zu Gesicht bekamen, war, dass die Burschen des Zuchtgeheges ihre Pflicht vernachlässigten haben und verschwunden sind, während sich die Tiere in alle Winde zerstreut haben.«
    »Wie bitte?«, stieß Miller hervor und vergaß vor lauter Schreck, sich in die Brust zu werfen. »Sie sind alle fort und haben das Zuchtgehege verlassen? Wohin sind sie denn unterwegs? Und was haben sie gefressen … ?«
    Millers Kurierdrache, Devastatio, war sichtlich kleiner als Elsie, die für einen Winchester stämmig gewachsen war. Hollin hatte besser als die meisten jungen Kurierkapitäne gewusst, wie man einen Drachen angemessen versorgt, und er hatte sich bereits vor seiner Ernennung mit den meisten Hirten auf den größeren Stützpunkten gut verstanden, was ein weiterer Vorteil war. Devastatio hatte eine prahlerische Landung hingelegt und war die letzten paar Schritte auf der Lichtung nahezu stolziert. Erst zu spät war ihm wieder eingefallen, dass er Übergewicht hatte, und jetzt versuchte er, das auszugleichen, indem er die Brust herausstreckte und verstohlen auf einen kleinen Hügel kletterte. Elsie beobachtete ihn verblüfft und fragte dann verunsichert, aber freundlich: »Wollen Sie meinen Silberteller sehen?«
    »Gentlemen«, knurrte Laurence, als ihm klar wurde, dass Miller sich ihre Suche in allen Einzelheiten schildern lassen wollte. »Wir haben keine Zeit dafür. Die Franzosen sind hier in der Nähe gesichtet worden, und wir müssen diese Nachricht sofort im Lager melden.«
    »Wir wissen bereits, dass sich die Franzosen hier befinden, denn es ist zu Kämpfen gekommen«, sagte Miller. »Ein gescheiter Milizoffizier hat die Gegend mobilisiert

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