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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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willst und lieber davonfliegst …«
    »Das reicht!«, wies Excidium sie streng zurecht und flog etwas tiefer. »Wir kehren zurück, wenn wir bereit sind und mehr Männer und Kanonen haben, sodass wir sicher sein können zu gewinnen. Das nennt man Strategie«, fügte er hinzu, »und Sie sind alt genug, das zu verstehen.«
    Iskierka fügte sich, murrte aber leise vor sich hin, als der ältere Drache sich wieder an die Spitze setzte.
    Irgendwo ganz weit hinter ihnen marschierten die Überreste der Infanterie und der Kavallerie weiter in Richtung der Befestigungs- und Versorgungsanlagen im gut verteidigten Zentrallager Weedon Bec. Die Drachen aber flogen weiter die Nacht hindurch und auch am nächsten Tag, um eine unüberwindliche Distanz zwischen sich und ihre Verfolger zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Artillerie in Sicherheit war. Es gab nicht viel zu beißen für sie: Die Bauern hatten ihr Vieh versteckt, und sie konnten nicht einfach mitten am Tag anhalten und jagen. »Die feinen Herrschaften müssen damit leben, dass ihr Wild verspeist wird«, entschied Jane und teilte sie in
kleinere Kompanien auf, die ihre Lager auf jeweils einem Anwesen aufschlagen sollten, das groß genug war, um wahrscheinlich einen Wildpark zu haben.
    Sie würden Nottinghamshire erreichen, ehe die Nacht anbrach, und Wollaton Hall hatte mehr als vierhundert Tiere im Bestand. »Ich kann dich auch woanders hinschicken«, schlug Jane vor, aber Laurence schüttelte den Kopf. Er hatte wenig Lust darauf, unter den augenblicklichen Umständen zu Hause zu sein, denn schließlich war er ein verurteilter Verräter, der die denkbar schlechtesten Neuigkeiten mitbrachte, und er hatte zwanzig hungrige Drachen im Schlepptau, die sich über das Wild hermachen würden. Aber es half nichts. Es würde alles nur schlimmer machen, wenn er sich in eines der Häuser in der Umgebung schlich, ohne seiner Familie den Respekt zu erweisen, und sein elterliches Anwesen einer anderen Gruppe von Drachen überließ. Das wäre schlichtweg Feigheit. Wenn Lord Allendale ihm bei seiner Ankunft das Haus verbieten würde, dann wäre dies das gute Recht seines Vaters; und seine eigene Pflicht wäre es, die Ablehnung zu ertragen, die er verdient hatte.
    Einige Stunden später landeten sie schließlich. Die Drachen setzten mit tiefen, dankbaren Seufzern ihre Lasten ab; nicht einmal für ein Schwergewicht war es ein Spaß, zwei Sechzehnpfünder über eine Distanz von dreißig Meilen auf dem Rücken zu tragen; und Maximus und Requiescat hatte man sogar je vier Kanonen aufgebürdet. Temeraire stöhnte und streckte sich auf dem kühlen Erdboden aus wie eine lange, schwarze Schlange.
    Laurence glitt von Temeraire hinab, selbst müde und zerschlagen von den langen Stunden, die er auf dem Drachenrücken gesessen hatte. »Willst du im Haus vorsprechen«, fragte Jane ihn, »oder soll ich Frette schicken?«
    »Nein, ich werde selbst gehen«, erklärte Laurence und salutierte.
    »Bitte richte deiner Mutter meine besten Grüße aus«, sagte Temeraire, der kurz wieder aufgewacht war, als Laurence zum Abschied seine Nüstern kraulte.
     
    Langsam und zögernd lief er zum Haus. Die Fenster waren zum großen Teil dunkel, und nur einige wenige Laternen brannten in der Nähe der Tür. Eine Gruppe Dienstboten stand vor dem Haus, und nervös umklammerten die Männer ihre Musketen. »Es ist alles in Ordnung, Jones«, rief Laurence, kaum dass er nahe genug herangekommen war, um ihre Gesichter zu erkennen. »Ich bin es doch nur. Ist Lord Allendale zu Hause?«
    »Oh ja, Sir, aber …«, begann Jones und sah ihn mit großen Augen an. In diesem Moment öffnete sich die Tür, und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Laurence, dass sein Vater erschienen sei. Es war jedoch sein ältester Bruder George in Hausschuhen und Nachthemd, und ein Butler legte ihm gerade einen Mantel über die Schultern.
    »Um Himmels willen, Will«, sagte George und kam die Vortreppe herunter. Er war sechs Jahre älter als Laurence, und beinahe ebenso viel Zeit war vergangen, seitdem sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. George war fülliger geworden, aber der aufgeregte Tonfall war unverändert. »Das wäre alles«, sagte er barsch, an die Dienstboten gewandt, »Sie können wieder hineingehen.«
    Dann schwieg er, bis die Tür hinter ihnen geschlossen war. Er drehte sich wieder zu Laurence und zischte: »Was in Gottes Namen machst du denn hier? Und was fällt dir ein, zur Vordertür zu kommen? Du hättest wenigstens

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