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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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konnte nun ungehindert über die Drachenspitze fegen, und das Licht der hoch stehenden Sonne fiel direkt auf den Berg. Der Wind blies den Staub der Jahrhunderte von den Münzen und dem Geschmeide, und tausendfach wurde das Licht von den unzähligen Schuppen des Obersten Drachen und den verstreuten Reichtümern reflektiert.
    Seld sah nun den gesamten Ring, den die Dämonen um die Drachenspitze geschlossen hatten. Hoch über ihm hingen die goldenen Drachen in der Luft, die wild durcheinanderflogen. Immer wieder brachen vereinzelte Drachen aus, als wollten sie die ruhig in der Luft schwebenden Dämonen oder das Osertem unter sich angreifen, doch kehrten sie schnell wieder zu ihren Artgenossen zurück, als wollten sie die Dämonen vor sich nur reizen.
    Das Osertem landete inmitten des nun kuppellosen Saals, direkt vor dem Obersten Drachen und den drei Menschen. Der Oberste Drache rührte sich nicht.
    Seld blickte hoch zu dem gezackten Haupt des Wesens. Das Osertem senkte seinen durchdringenden Blick auf ihn.
    Und es wartete.
    Ein Klimpern ertönte hinter Seld. Es war Mesala, die rückwärts über die Münzen schritt, auf eine Öffnung zu. Tränen standen in ihren Augen. »Ich bin die Erste«, flüsterte sie. »Ich werde mich fügen. Rette diese Welt.«
    Seld wollte nach vorne stürmen und Mesala zurückhalten. Aber er konnte es nicht – er durfte es nicht. Dies war das Schicksal, das er, Alema und Mesala zu erfüllen hatten. Er hatte Tage und Nächte voller Entbehrungen hinter sich gebracht, er war aus seinem Grab entstiegen, um in diesem Augenblick seine Welt vor der Vernichtung zu bewahren.
    Schritt für Schritt näherte sich Mesala der schwindelnden Tiefe. Ihr Blick blieb auf Seld geheftet, die Tränen flossen nun ihre Wangen hinab. Es stand keinerlei Angst in ihren Augen, sie fügte sich in ihr Schicksal mit einem Mut, den Seld schon bei ihrer ersten Begegnung gespürt hatte. Nun blickte sie noch einmal zu ihrer Schwester. »Leb wohl«, sagte sie mit zittriger Stimme.
    Nur noch einen Schritt war sie davon entfernt, in die Tiefe zu stürzen. Es wäre ein langer Fall, immer wieder würde sie gegen die Felswand schmettern, bis der Aufprall auf dem Boden sie in den gnädigen Tod riss – und damit den ersten Teil der Prophezeiung erfüllte.
    »Nein!«, brüllte Seld. Er warf seinen Körper mit ungestümer Wucht nach vorne, und mit drei großen Schritten war er bei Mesala, die sich nach hinten fallen ließ. Seld bekam einen ihrer Unterarme zu fassen, stemmte seinen linken Fuß gegen eine abgebrochene Strebe, die die Decke gehalten hatte. Sein rechter Fuß rutschte über den Boden und stieß in einen Haufen Goldmünzen, die klimpernd in die Tiefe fielen.
    Seld zerrte Mesala zurück in den Thronsaal. Durch den Schwung gerieten beide ins Stolpern. Er zog sie an sich, und beide stürzten zu Boden.
    Schwer atmend lagen sie auf dem Steinboden. Der Wind fuhr über ihre Körper. Stille – kein Geräusch der Drachen, keines der Dämonen – Stille.
    Seld richtete sich auf. Er ballte die rechte Hand zur Faust und erhob sie. »Sollt ihr Dämonen doch die Drachen vernichten ... soll jeder Mensch sterben ... soll doch die ganze Welt in Flammen aufgehen ... Ich werde die Prophezeiung nicht erfüllen!«

Kapitel 22
Entscheidungen
    Seit dem Tag, an dem Seld mit den anderen Hequisern sein Dorf verlassen hatte, hatte er viele Momente erlebt, in denen es ihm schien, als würde er von einer unbarmherzigen Hand des Schicksals geführt. Was auch immer er tat, es konnte nichts an dem ändern, was für ihn durch die Prophezeiung vorbestimmt war.
    Alle Menschen, denen er begegnet war, jedes Ereignis, das er erlebt hatte – alles hatte nur dem einen Zweck gedient, dass an diesem Tag auf der Drachenspitze der Erste sich umbrachte und Seld vom Zweiten getötet wurde, damit er mit dem Obersten Drachen zu dem Ajik verschmolz – und damit eine uralte Prophezeiung erfüllte, die über das Schicksal der ganzen Welt richtete. Er war nicht etwa ein unbedeutender Mensch neben den unsterblichen Drachen, er war für Drachen und Menschen die letzte Hoffnung, diesen finalen Angriff der Dämonen zu überstehen.
    Und diese Hoffnung hatte Seld Esan nun zerstört.
    Unten in einem der unzähligen Höhlenräume in der Drachenspitze stockte Ark Sibin der Atem. Etwas war geschehen. Ark blickte in die Gesichter der Umstehenden, und er sah in ihren Augen, dass sie das Gleiche fühlten wie er.
    »Seld hat etwas getan«, flüsterte Erima neben ihm. »Das Osertem ...

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