Drachenzauber
Drachenohr. »Max!«, zischte er. »Verwandle dich zurück! Schnell!«
Natürlich! Max hatte das Gegenmittel in seinem Bündel! Er streifte es ab und griff nach der Flasche mit dem Umkehrzauber. In Windeseile entkorkte er sie mithilfe seiner Zähne und kippte die Flasche erst über Olivia und dann über sich selbst aus. Sekunden später standen sie auf wackligen, aber menschlichen Beinen. Jetzt war Adolphus an der Reihe. Max griff nach der Flasche mit dem Froschzauber und tröpfelte ein wenig auf den immer noch benommenen Adolphus. Erleichtert sah er dabei zu, wie der Drache zu einem ziemlich knubbeligen bläulichen Frosch mit grünen Punkten schrumpfte. Dann wandte sich Max Großtante Wilhelmina zu. Sie hatte mit Interesse zugesehen und drehte ein Ohr in die Richtung, aus der die Jagdgesellschaft kam. Über ihre lange Drachennase sah sie auf Max herab.
»Nein, danke, junger Pendragon. Einmal Frosch sein reicht. Und ich habe nicht die geringste Angst vor dieser kleinen Ansammlung von Pferden und Menschen. Wenn du erst einmal das reife Alter von vierhundertdreiundvierzig Jahren erreicht hast, fürchtest du dich nicht mehr vor solchen Dingen wie Drachenjagden. Daes so aussieht, als ob ihr und mein Großneffe sicher seid, haue ich gleich ab.« Sie breitete die großen Flügel aus und hob den Kopf in den Himmel. Das Geräusch der Hörner und der wiehernden Pferde wurde immer lauter. Sie grinste und sah dann mit ihren durchdringenden goldenen Augen zurück zu Max. »Irgendetwassagt mir, dass wir uns wiedersehen, Max. Bis dahin: Lebe wohl. Und viel Glück beim Zaubern!«
Sie flog hoch hinauf in die Luft. Plötzlich verstummten die Hörner. Max konnte regelrecht spüren, wie die ganze Jagdgesellschaft verwundert zu dem großen Drachen aufblickte, der über ihr kreiste. Großtante Wilhelmina brüllte. Ein Flammenmeer schoss quer über den Himmel, sodass die Wipfel der höchsten Bäume versengt wurden. Die Pferde wieherten verängstigt. Ihre Reiter waren so sehr damit beschäftigt, sie wieder unter ihre Kontrolle zu bringen, dass sie gar nicht dazu kamen, auf den Drachen zu schießen. Wilhelmina flog ohnehin viel zu hoch, um getroffen zu werden. Mit einem letzten Brüllen raste sie der Sonne entgegen und war verschwunden.
»Max! Oliv-er!«, rief eine vertraute Stimme, als die ersten Pferde zu ihnen auf die Lichtung galoppierten. »Was zum Teufel macht ihr hier draußen im Wald? Wusstet ihr nicht, dass hier eine Jagd stattfindet?«
»Äh, nein, tut uns leid«, stammelte Max, als Sir Bertram bei ihnen angelangt war. Er schien heillos überrascht, sie hier zu sehen. »Wir sind – äh – Pilze suchen gegangen und haben uns dann irgendwie ... verirrt. Kannst du uns mitnehmen? Zurück zur Burg?«
Spionieren für Merlin
Den größten Teil des Rückwegs verbrachte Sir Bertram damit, ihnen eine Standpauke zu halten. Wie Idioten seien sie inmitten einer gefährlichen Drachenjagd durch die Gegend spaziert! Endlich wieder in ihrem Zimmer, küsste Olivia Adolphus in Drachengestalt zurück. Max packte seinen neuen Zauberkessel aus. Er hatte sich höflich bei Großtante Wilhelmina bedankt. Mittlerweile aber fragte er sich, ob sie wirklich so großzügig gewesen war. Es war ein simpler, in die Jahre gekommener, stinklangweiliger Zinnkessel mit einer sehr einfachen Verzierung am Rand. Jetzt, wo er daran rieb, sah es aus, als könnten es Perlen sein, aber sie waren klein und abgenutzt. Außerdem war er sich nicht ganz sicher, ob er die richtige Form hatte. Er sah fast genauso schief aus wie der, den Adolphus verbeult hatte.
»Wahrscheinlich ist er noch schlechter als der, den ich schon habe«, sagte er am Abend düster zu Grimm.
Aber Max hatte unrecht. Der Zauberkessel, so einfach und alt er war, erwies sich als ziemlich hilfreich. Von diesem Moment an war Max unangefochten Klassenbester. Jeder Zauber, den er probierte, gelang perfekt. Er baute eine Zauberwand, die so stark war, dass selbst Aleric nicht hindurchgehen konnte. Er färbte alles Wasser im Burggraben erst rosa, dann gelb und dann wieder schlammgrün. Und zur Freude der Klasse ließ er Alerics Bart binnen Sekunden bis zu den Knien wachsen und im Nu wieder verschwinden. Das Beste aber kam, als sie den Leichter-als-Luft-Zauberspruch wiederholten und diesmal an sich selbst ausprobierten. Max’ Zaubertrank war so wirkungsvoll, dass am Ende die ganze Klasse ein paar Tropfen davon wollte. Den ganzen Nachmittag verbrachten sie damit, bis unter die Decke zu hüpfen und wie ein
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