Drachenzauber
–»
»Ja, ja, schon gut. Aber wir haben keine Ahnung, was genau sie planen. Und irgendwas ist komisch an der ganzen Sache.«
Max schloss die Augen und steckte sich einen Fingerins Ohr. (Das half ihm manchmal beim Nachdenken.) Olivia hörte auf, mit Stroh zu schmeißen, und sah ihn an. Nach ein paar Minuten öffnete er die Augen und runzelte die Stirn.
»Sie haben gesagt, dass Artus den Köder schlucken würde. Es ging um eine Art Gralssuche. Und dann das ganze Zeug, das Caradoc von sich gegeben hat ... über neun Jungfrauen und gestromte Ochsen und ich weiß nicht was. Und über die Hunde von Annwn.«
»Ja, und was sollte das alles?«
»Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Max. »Aber in Annwn liegt der Ursprung der Magie. Es ist eine Art andere Welt, angeblich voller Fabelwesen und Täuschungen und merkwürdigem Essen und Trinken und seltsamer Musik.«
»Hört sich nicht sonderlich gefährlich an.«
»Aber ich glaube nicht, dass Menschen dorthin dürfen. Und wenn sie es doch wagen, kehren sie bestimmt nie mehr zurück ...«
»Aber Caradoc hat etwas von Rückkehr gesagt. Er hat gesagt, man kommt zurück, wenn man einen Preis bezahlt. Das war, als sie angefangen haben, über denSchatz von Anwnn zu reden. Von dem Adrian glaubt, ihn gefunden zu haben.«
»Ja«, sagte Max. »Und das ist es! Das ist es, was mich beunruhigt. Um von dieser Suche zurückzukehren, braucht Artus den Schatz von Annwn. Das ist der Preis, den er bezahlen muss. Aber sie wollen nicht, dass Artus zurückkehrt. Warum machen sie also so viel Wind darum, nach diesem Schatz zu suchen?«
Grimm, der im Stroh nach ein paar herzhaften Frühstückshappen gewühlt hatte, sprang auf den Rand der Tränke und nickte.
»Da ist was dran. Du wirst deutlich besser, Max. Der König braucht den Schatz, um zurückzukehren. Aber sie wollen nicht, dass er zurückkehrt. Dennoch hält Adrian eifrig nach dem Schatz Ausschau. Für mich ergibt das auch keinen Sinn.«
Olivia zuckte mit den Schultern. »Vielleicht brauchen sie ihn aus einem anderen Grund. Vielleicht ist er viel wert.«
»Ich weiß nicht«, sagte Max. »Aber wir müssen es herausfinden. Wir haben noch zwei Wochen, bevor Merlin und Artus kommen. Wir müssen herumschnüffeln. Wir müssen uns in den Burgmauern verstecken und unsere Augen und Ohren offen halten.«
Der Schatz von Annwn
Den Rest der Woche verbrachten Max und Olivia jede unterrichtsfreie Minute damit, in Rattengestalt um die Burgmauern zu schleichen. Und wenn sie Unterricht hatten, schlich Grimm um die Mauern, verkleidet als er selbst. Auf diese Weise kamen sie zahllosen Geheimnissen auf die Spur. Sie lösten das Geheimnis, wer in die schöne Lady Marianne verliebt war (alle zwischen fünfzehn und fünfzig). Sie fanden heraus, warum das Hammelfleisch des Burgkochs so gut schmeckte (er kochte es mit getrockneten Krötenhäuten). Und sie lösten das Rätsel, warum Sir Uriel jedes Kartenspiel gewann (er besaß ein verzaubertes Spiel mit gezinkten Karten). Nichts davon hatte jedoch auch nur entfernt mit Lady Morganas Plänen zu tun.
Gegen Ende der Woche schliefen sie im Unterrichtein und hatten genug davon, vergeblich durch die schmalen Ritzen der Burgmauern zu krauchen. Schlimmer noch, die Flasche mit dem Froschzauber ging zur Neige. Es war wahrscheinlich noch genug für ein oder zwei weitere Verwandlungen. Dann musste Max irgendwie versuchen, genug Zutaten aus dem Zauberladen der Burg zu stehlen, um Nachschub zu brauen.
»Mir tut alles weh«, klagte Olivia, die ausgestreckt im Gras neben dem Burggraben lag. Es war ein sehr heißer Tag, die Burgmauern reflektierten die Sonne, und die Luft flimmerte. Die Knappen und Lehrlinge hatten an diesem Nachmittag frei. Die meisten von ihnen planschten im Burggraben. Nur Max und Olivia waren zu müde zum Schwimmen. Sie lagen der Länge nach im Gras. Neben ihnen aalte sich Adolphus wie eine Eidechse in der Sonne.
Max kaute auf einem Grashalm und sah nachdenklich drein.
»Irgendwas machen wir falsch«, sagte er. »Wir haben eine Ewigkeit damit verbracht, umherzuschleichen, aber nichts herausgefunden.«
»Ich weiß«, stöhnte Olivia. »Mir wird übel, wenn ich noch einen Menschen höre, der Lady Marianne unsterbliche Liebe schwört.«
»Ich glaube, dass das wirklich Interessante zurzeit gar nicht in der Burg vor sich geht. Vielleicht führen sie etwas anderes im Schilde. Anderswo. Adrian ist jeden Tag draußen. Er verlässt die Burg früh am Morgen und kommt erst spät in der Nacht zurück.
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