Drachenzauber
»Armer Penrod. Ich hatte daran gedacht, ihn zu benutzen, um Euren Zauberer zu töten, aber da wir meinem Herrn so nahe waren, konnte ich der Versuchung einfach nicht widerstehen. Er hat sich mir jedoch widersetzt. Ich glaube nicht, dass ich ihn hätte dazu bringen können, mehr zu tun, als Euch zu verwunden, bevor der Bann brach, aber dank Tosten wurde das alles zu reiner Spekulation, denkt Ihr nicht auch?« Wieder lächelte sie über meinen Gesichtsausdruck und fuhr mit der Fingerspitze über den Rand meines Ohrs. »Ich habe Euch doch gesagt, dass es Euch noch leidtun würde, wie Ihr mich behandelt habt. Aber«, in ihrem Blick stand ein widerwärtiger Eifer, »wenn Ihr es meinem Herrn sagt, wird er mich sicher bestrafen. Und da wir gerade von ihm sprechen, ich sollte ihm lieber sagen, dass Ihr wach seid.«
Ich nickte wortlos.
Sie zog die Tür hinter sich zu, doch ich hätte nicht sagen können, ob sie sie auch abschloss oder nicht.
Oreg erschien an der gleichen Stelle, wo sie gerade gesessen hatte. »Er hat ihr befohlen, es dir bequem zu machen.«
Ich schauderte, und Oreg tätschelte mir das Knie genau so, wie Bastilla es gerade getan hatte. Ich zuckte zurück, und sei es nur, weil ich vor ihr nicht hatte zurückzucken können.
»Ist Tosten entkommen?«
»Ja.« Er verlagerte das Gewicht und sah mich nicht an. »Es tut mir leid, dass ich so fest zugeschla-gen habe.«
Ich erinnerte mich an unsere letzten Sätze und warum Oreg so wütend gewesen war. »Oreg, ich würde ihn die Drachenknochen nicht nehmen lassen, wenn ich einen Ausweg sähe.«
Er nickte, immer noch, ohne mich anzusehen.
»Was willst du wegen Duraugh unternehmen?«
Tosten, Bastilla und nun Oreg, dachte ich. Es half auch nicht gerade, dass mir vom Schaukeln des Schiffs übel wurde. Ich fühlte mich jämmerlich und wollte ihm wehtun, also sagte ich: »Ich werde ihn umbringen, wenn Kariarn das nicht für mich erledigt.
Er ist das letzte Hindernis zwischen mir und Hurog.
Und wenn ich jeden Einzelnen opfern muss, der in Hurog geblieben ist, um mein Geburtsrecht zurück-zuerhalten, nun, dann lässt sich das eben nicht vermeiden.« Ich dachte, er würde den Sarkasmus begreifen, aber stattdessen verschwand er. Selbst Oreg, dachte ich. Selbst Oreg hielt mich für imstande, Duraugh umzubringen.
Die nächsten Tage waren schlimm.
Wenn ich an Deck ging, musste ich mit Kariarn sprechen, und Bastilla hielt sich immer in seiner Nähe auf. Ich musste sehr darauf achten, ihr mit keinem Wort, keiner Geste zu verraten, dass ich nicht auf Kariarns Seite stand. Sie selbst benahm sich, als wäre nichts geschehen, und zwang mich damit, das Gleiche zu tun.
Ich hatte mich daran gewöhnt, weniger wachsam zu sein, und die alte Vorsicht, die ich meinem Vater gegenüber an den Tag gelegt hatte, fühlte sich nun wie ein härenes Hemd an. Ich hätte es sicher nicht tun können, wenn ich das, was Kariarn mir anbot, nicht so unbedingt haben wollte. Das schenkte mir eine Wahrheit, mit der ich ihn blenden konnte.
Kariarn bewies, dass sein Ruf, liebenswert zu sein, wenn er es wollte, durchaus gerechtfertigt war.
Er stellte mit leiser Stimme Fragen und hörte zu, wenn ich mich wütend über die Idioten ausließ, die mich umgaben - so, wie ich es immer hatte tun wollen. Ich erzählte ihm von meinem Ehrgeiz und wie viel Hurog mir bedeutete. Ich erzählte ihm sogar von meinem Vater. Ich redete mich so heiser, dass ich mich, als ich zu meiner Kajüte und Oregs ankla-gendem Schweigen zurückkehrte, nicht dazu durchringen konnte, mit Oreg über sein Misstrauen zu sprechen.
Seine Haltung tat beinahe so weh. wie der Verlust von Hurog. Ich hatte mich in Silbermoor mit diesem Verlust abgefunden, aber das bedeutete nicht, dass es nicht wehtat, wenn Kariarn es vor meiner Nase bau-meln ließ.
Eines Abends stand ich nahe dem Bug, und die un-tergehende Sonne links von mir entsandte ihre roten Finger über das dunkler werdende Meer. Die Luft auf dem Wasser war kühl und blies mir das Haar aus dem Gesicht.
»Ihr könnt das Schiff nicht schneller machen, indem Ihr es Euch wünscht«, sagte Kariarn hinter mir.
Und ich konnte es auch nicht verlangsamen. Am Abend zuvor hatte ich gehört, wie der in Seefurt geborene Segelmeister sagte, dass wir gut vorankamen.
»Ich habe langsam genug von dem Essen hier«, sagte ich und meinte das durchaus ehrlich.
Oreg sprach nicht mit mir, es sei denn, ich verlangte es. Ich fragte mich verbittert, was er in ferner Zukunft einem Hurogmeten über
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