Drachenzauber
erlebt, dass ein anderer als Oreg dabei Schaden genommen hätte, aber sie waren dennoch furchterre-gend. »Tisala braucht dich.«
Er starrte mich schwer atmend an, wandte dann kurz den Blick ab und lächelte schließlich müde.
»Ja.«
Wir begannen damit, den Schaden aufzulisten. Es war keine angenehme halbe Stunde, und ich war froh, dass Tisala nicht bei Bewusstsein war, einmal wegen ihrer Würde und zum anderen wegen der Schmerzen. Ihre linke Hand war am schlimmsten verwundet, und die Infektion hatte den ohnehin beträchtlichen Schaden noch verschlimmert. Als wir näher hinsahen, entdeckten wir, dass mehrere der gerissenen Krusten an ihrem Rücken Eiter bedeckten. Und sie hatte unzählige Prellungen an den Hüf-ten und innen an den Oberschenkeln - sie war vergewaltigt worden.
Oreg knurrte und murmelte während dieses gesamten Prozesses der Bestandsaufnahme vor sich hin. Ihre Füße waren ebenfalls in schlimmem Zustand, aber er kam zu dem Schluss, dass das eher damit zu tun hatte, in schlecht passenden Schuhen weit gelaufen zu sein, als mit dem Messer eines Folterknechts.
Er legte ihren Fuß hin und wandte sich dem kleineren Tisch zu, auf dem sich diverse Kräuter und Salben, heißes Wasser und Verbände befanden.
»Glaubst du, dass Jakoven dafür verantwortlich ist?«
Er deutete auf die verwundete Tisala.
Ich nickte. »Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen, wieso sie ausgerechnet hierhergekommen sein sollte.«
»Sie mochte dich.« Oreg nahm ein sauberes Messer, um eine der entzündeten Stellen an Tisalas Rücken zu öffnen, und tupfte die herausfließende Flüs-sigkeit mit einem sauberen feuchten Tuch ab.
»Das ist wahr«, stimmte ich ihm zu. »Aber ich habe sie nicht mehr gesehen, seit ich das letzte Mal in Oranstein war.«
Ich hatte Oreg schon öfter beim Heilen geholfen, und wir arbeiteten gut zusammen. Das meiste, was wir taten, war nicht ungewöhnlich: Wir säuberten die Wunden und bedeckten sie mit Mischungen von Salben und Pulvern, die Oreg gehortet hatte, und dann verbanden wir alles.
Aber Tisalas linke Hand war auf das Doppelte der normalen Größe angeschwollen, und sie war der Grund für den fauligen Geruch. Oreg badete sie erst in heißem Seewasser. Tisala musste wirklich in schlimmer Verfassung sein, denn selbst das veranlasste sie nicht zu einer Reaktion. Als Oreg fertig war, goss er Alkohol darüber, und wieder reagierte sie nicht. Er untersuchte ihre nun saubere Hand erneut.
Magisch zu heilen war die schwierigste Art von Magie überhaupt, denn der Magier musste ebenso viel über den Körper wissen wie über seine Zauber.
Und selbst eine kleine Heilung verschlang mehr Macht, als die meisten Magier überhaupt hatten.
Was Macht anging, war ich vielen mindestens gleichgestellt und sogar besser als die meisten, und ich konnte alles tun, was Oreg mir in vier Jahren Unterricht beigebracht hatte. Doch ich hätte nicht einmal gewusst, wo ich anfangen sollte, um zu retten, was von Tisalas linker Hand übrig war.
»Den Ringfinger wird sie vielleicht verlieren, ganz gleich, was wir tun«, stellte Oreg fest und schüttelte den Kopf. »Zu viel totes Fleisch.«
»Sie kämpft mit der rechten Hand«, sagte ich.
»Wäre es besser, den Finger jetzt gleich abzuschneiden?«
Oreg runzelte die Stirn und drehte ihre Hand hin und her. »Ich hasse es, etwas abzuschneiden, das ich nicht wieder anbringen kann. Lass mich versuchen, das hier zu heilen. Wenn es nicht funktioniert, werden wir später noch genug Zeit haben, den Finger abzunehmen.«
Er legte ihre Hand hin und zog sich einen dreibei-nigen Hocker an den Tisch. Als er saß, nahm er ihre Hand wieder und ergoss Magie darüber.
Oreg war ein Teil von Hurog gewesen, seit es ein Hurog gab, dessen Teil man sein konnte, und ich spürte die Magie, die ihn und das Land durchtränkte.
Wenn Oreg in meiner Nähe Magie wirkte, war das beinahe erotisch - wie eine Hand, die mich auf intime Weise berührte. Es war verstörend, aber ich schüttelte das Unbehagen mit der Leichtigkeit langer Übung ab.
Magie ist eine Kunst, und Oreg kannte sich sehr, sehr gut mit dem aus, was er tat. Seine Berührungen waren konzentriert und machtvoll und seltsam schön anzusehen. Als seine Macht zu flackern begann, legte ich ihm die Hände auf die Schultern und gab ihm von meiner, was ich konnte, während ich weiter beobachtete, was er mit Tisalas Hand tat.
Haut schälte sich ab und verbrannte in hellen lila Flammen, und gesundes Rosa blieb zurück. Oreg ließ andere
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