Drachenzauber
dann lenkte er sein Pferd in die Richtung, aus der Ward gekommen war.
11
WARD
Heimat heilt das Herz.
Ich beobachtete Garranon genau, als er sich in dem engen Lager umsah, Gesichter betrachtete und schließlich erschrocken nach Luft schnappte, als er Jakovens Bruder erkannte. »Kellen?«
Als ich abstieg, bemerkte ich, wie Kellens Miene-spiel zu wechselhaft wurde, als dass ich es noch deuten konnte, aber der einzige Ausdruck, der schließlich blieb, war der reiner Freude.
Garranon zog die Brauen hoch, drehte sich zu mir um und sagte mit gekünstelter Ehrfurcht: »Und ich dachte, Jakoven würde mich mit Brandeisen und Häutemessern jagen. Aber ich habe nur sein neues Spielzeug gestohlen - Ihr hingegen habt seinen Bruder genommen.«
Kellen hatte ein paar Schritte vorwärtsgemacht, aber bei Garranons Worten war er vorsichtig wieder stehen geblieben.
Garranon schüttelte grinsend den Kopf. »Ich dachte, der König hätte vielleicht ein bisschen mehr ab-gebissen, als er schlucken könnte, während er sich mit den Hurogs anlegte - aber so weit gingen meine Träume nicht.« Er stieg ab, ohne seine Last zu stören, und reichte mir dann den Jungen. »Was habt Ihr vor, Kellen? Werdet Ihr vor Jakoven davonlaufen und Euch in der Wildnis des Nordens verstecken?«
In seiner Stimme lag nichts als Neugier.
Ich schaute ins schlafende Gesicht meines Halbbruders und wünschte mir, ich hätte ihn früher kennengelernt - und dass der einzige Grund dafür, ihn in Hurog zu behalten, darin bestünde, dass er mein Bruder war. Es hätte seine Aufnahme in den Haushalt für alle Beteiligten einfacher gemacht. Ich bemerkte auch, dass er einen Verband ums Handgelenk trug, und fragte mich, wie viel Blut Jakoven ihm bereits abgenommen hatte.
»Ich habe vor, Jakoven zu stürzen und an seiner Stelle König zu werden«, antwortete Kellen.
Garranon reckte den Hals, erst in die eine, dann in die andere Richtung. Ich stand nahe genug bei ihm, um das Knacken seiner Wirbelsäule zu hören. Dann machte er einen Schritt vor und fiel in einer anmutigen Bewegung vor Kellen auf die Knie.
»Ich bin Euer Mann«, sagte er.
Kellen wirkte verblüfft und warf Rosem einen Blick zu, dann sah er Tisala an, und schließlich bezog er von irgendwo so etwas wie königliche Haltung und umhüllte sich damit.
»Erhebt Euch. Ich werde niemanden bitten, vor mir zu knien, bis ich wirklich auf dem Thron sitze.«
Garranon stand auf und sah Kellen forschend an.
»Ihr könntet ein paar hundert Mahlzeiten brauchen, mein Freund. Aber Ihr seht immer noch besser aus als bei meinem letzten Besuch.«
Kellen sah mich an. »Garranon kommt - kam trotz Jakovens Missbilligung einmal in der Woche, um mich zu besuchen. Wir haben Schach gespielt.«
Ich erinnerte mich an das Schachbrett, dass Oreg zerstört hatte, und lächelte, als ich den Jungen auf den Boden legte. Oreg kam zu uns und sah sich das schlafende Kind an. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, was man Tychis gegeben hatte, damit er so tief schlief. Was immer sie ihm angetan hatten, ich hoffte, Oreg könnte es wieder richtig stellen.
»Gestattet mir«, sagte die Tamerlain und erschien auf der anderen Seite des Jungen. »Ich weiß, mit welchem Bann man ihn belegt hat, also wird es mir leichter fallen, ihn zu brechen.«
Ich spürte, wie ihre Macht anschwoll, bis sie den Jungen umgab, aber ich hätte nicht wirklich sagen können, was sie tat. Das Ergebnis war allerdings offensichtlich. Der Junge kam auf die Beine und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um. Dann rief er etwas in der Gossensprache von Estian, das Kellens und Garranons Gespräch verstummen ließ und ihm die Aufmerksamkeit der meisten Leute in der Nähe einbrachte. Er griff nach unten, packte einen Stein und richtete sich wieder auf.
»Beeindruckend«, sagte ich trocken in der Sprache von Tallven - die wir ohnehin aus Höflichkeit gegen-
über Kellen gebrauchten. Wenn ich mich recht an die Zeit vor seiner Gefangenschaft erinnerte, kam er auf Shavig zwar zurecht, konnte sich aber in seiner Muttersprache besser ausdrücken. »Was, glaubst du, wird passieren, nachdem du einen von uns mit dem Stein getroffen hast - immer vorausgesetzt, du kannst fest genug werfen, dass es etwas ausmacht?«
Er hörte auf zu fluchen und schaute ängstlich von mir zu Oreg und dem Rest der Männer (Tisala war ein Stück weiter weg damit beschäftigt, ein Pferd zu satteln), die ihn beobachteten. Ein paar kamen näher, die Hände am Schwert.
Ich scheuchte sie mit einer
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