Drachenzauber
meine Beteiligung überleben werde.«
»Jadeauge«, sagte der Stallmeister finster. »Er ist wahrhaft böse. Ich verstehe nicht, was der König in ihm sieht.«
Garranon bedachte ihn mit einem dünnen Lächeln und lenkte die Pferde aus dem Stall. Die Wachen an den Eingangstürmen öffneten das Tor für ihn, ohne Fragen zu stellen, wie sie es schon öfter bei ähnlichen Gelegenheiten getan hatten. Garranon nickte ihnen zu und hoffte, dass keiner dafür bestraft würde, ihn so einfach aus dem Schloss gelassen zu haben.
Die Tamerlain hielt Abstand und sprach erst wieder, als sie die Stadt hinter sich hatte.
»Es ist nicht notwendig, ihn den ganzen Weg nach Hurog zu bringen«, sagte sie. »Der Hurogmeten hat sein Lager in Menogue aufgeschlagen, um sich dort von seiner Gefangenschaft zu erholen. Aethervon hat ihm Träume geschickt; er weiß, dass er nach dem Jungen Ausschau halten soll.«
Ohne ein Wort wendete Garranon den Kopf seines Pferdes zu dem wenig benutzten Weg, der zu dem alten Tempel führte.
»Es ist gleich, wohin du gehst«, sagte sie. »Er verfügt über magische Fähigkeiten, Menschen und Dinge zu finden. Er wird auch dich finden.«
Nicht lange nach diesen Worten kam eine große Stute in Sicht, auf deren Rücken Ward von Hurog saß. Er sah erheblich besser aus als bei seinem kurzen Auftritt im Thronsaal.
Als Garranon ihn sah, zügelte er das Pferd und wartete, dass der Shavig-Mann näher kam.
»Hurogmeten«, grüßte er ihn. »Ich habe ein Geschenk für Euch. Ich glaube, er ist Euer Halbbruder.
Er nennt sich Tychis.«
Die große rote Stute schnaubte sein Pferd an und ignorierte die Tamerlain. Ward kam näher und berührte das Gesicht des schlafenden Jungen. Er wirkte erleichtert.
»Das sind jetzt schon zwei Gefallen, die mein Haus Euch schuldet«, sagte er.
Garranon schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich bin immer noch derjenige, der Euch etwas schuldig ist.
Was ich getan habe, hat Euch mehr geschadet, als ich Euch bisher helfen konnte. Nehmt ihn.« Er warf einen Blick zur Tamerlain, aber er wusste nicht, ob Ward sie sehen konnte, also sagte er: »Ich glaube, er wird bald aufwachen«, statt ihren Anteil an der Rettung des Jungen zu erklären. Selbst jetzt schützte er ihre Geheimnisse. »Er könnte ein wenig durcheinander und ziemlich feindselig sein, aber er muss aus Estian verschwinden.«
»Er ist mein Bruder«, antwortete Ward freundlich.
»Mein Bruder Tychis. Er gehört nach Hurog.« Kurz sah er Garranon an, und es fiel dem Oransteiner schwer, hinter dieser freundlichen Maske zu erkennen, was im Kopf des Hurogmeten vorging.
»Wie steht Ihr in der Gunst des Königs?«
Garranon zuckte die Achseln. »Etwa so hoch wie jeder andere, der Jakoven bezichtigt, ein Kinder-schänder zu sein. Nein. Niedriger als das, denn ich habe den Jungen gestohlen, der angeblich der Schlüssel ist - ich will lieber nicht wissen, weshalb -, dass Jakoven Farsons Fluch benutzen kann.«
Ward zeigte keine Reaktion, also wusste Garranon nun, dass der Hurogmeten über den Fluch informiert war.
»Also etwa so beliebt wie ich«, sagte Ward. Er sah Garranon eine Weile an, dann fragte er leise: »Und wie steht der König in Eurer Gunst?«
Garranon wandte den Blick ab. »Wie immer«, brachte er schließlich hervor. »Ihr solltet den Jungen lieber nehmen und aufbrechen - ich habe ein Pferd für ihn. Ich weiß nicht, wann Jakoven Leute schicken wird, um ihn zurückzuholen. Ihr habt vielleicht einen halben Tag, vielleicht auch nur eine halbe Stunde.«
Ward zuckte die Achseln und sagte: »Was würdet Ihr tun, wenn Ihr ein Messer hättet und dem König in einer dunklen Gasse begegnen würdet, wo es keine Zeugen gäbe?«
Garranon antwortete nicht, aber Ward lächelte und ritt um ihn herum, um die Zügel des reiterlosen Wallachs zu nehmen. Den Jungen ließ er in Garranons Armen.
»Dann kommt mit uns nach Hurog«, sagte er.
»Das wird den König ein wenig durcheinanderbrin-gen - ich nehme an, er erwartet, dass Ihr auf dem Rückweg nach Buril seid. Aber der König wird ihnen nichts tun, bis er Euch hat, wo er Euch haben will.
Sie werden sicherer sein, wenn Ihr nicht dort seid.
Also kommt mit uns«, wiederholte er. »Und auf dem Weg werde ich versuchen, Euch zu zeigen, wieso Euer Schicksal - und das meine - vielleicht nicht so hoffnungslos ist, wie Ihr denkt. Finster, ja. Aber nicht hoffnungslos.«
»Geh«, sagte die Tamerlain zu Garranon, und Ward schaute zu ihr hinab.
Garranon sah sie ebenfalls einen Augenblick an,
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