Drachenzauber
ihm noch irgendeinem anderen einen Erben geboren. Und er hat Garranon und all die Jungen, die er in sein Bett locken kann.«
»Hat sie dir das gesagt?«
Beckram bedachte ihn mit einem seltenen ehrli-chen Lächeln - einem Lächeln, das Erdrick daran erinnerte, wieso er seinen Zwillingsbruder liebte.
»Nein, das hat mir der König gesagt, als er mir gestattete, sie zu nehmen.« Er lehnte sich zurück. »Obwohl ›gestatten‹ das falsche Wort ist; es handelte sich eher um einen Befehl.«
Erdrick wusste nicht, ob er jetzt erleichtert sein oder sich noch mehr Sorgen machen sollte. Der König spielte seltsame Spiele. »Sei trotzdem vorsichtig.«
Beckram nickte geringschätzig. »Ich verstehe wirklich nicht, wieso sich Vater wegen Ward solche Sorgen macht. Jeder weiß, dass Ward dumm ist - zu dumm, um sich angemessen um einen Besitz wie Hurog zu kümmern. Selbst dem Hurogmeten, so gei-zig er war, fiel es schwer, auf diesem Besitz von einem Jahr zum anderen zu überleben. Dennoch …« Er zögerte einen Augenblick. »Ich mag Ward vielleicht nicht besonders …«
Weil er dich, so dumm er sein mag, daran erinnert, was du tun solltest, statt zu tun, was du willst, dachte Erdrick.
»Aber ich möchte auch nicht, dass er in das königliche Asyl gesteckt wird. Kannst du dir das vorstellen? Ich glaube, er wäre so zornig, dass er töten würde. Aber vielleicht können wir einen Kompromiss erreichen. Vater würde ihn aufnehmen. Der arme Tosten ist dank unseres toten Onkels wahrscheinlich schon lange Fischfutter, womit Hurog an Vater fiele.«
»Vater will Hurog nicht«, sagte Erdrick. Er wusste, dass das seinen Bruder überraschen würde. Duraugh hatte mit allem, was er sagte, stets die Annahme des Hurogmeten genährt, dass Hurog der Gipfel seines Ehrgeizes war, ganz gleich, wie sehr die Vernunft dem widersprach.
»Was?«
»Es macht ihm Angst. Er sagt, die Burg ist verflucht. Erinnerst du dich an Großvater? Onkel Fen war schlimmer. Vater wird seine Pflicht tun, aber er will die Burg nicht wirklich. Du vielleicht?«
Beckram dachte darüber nach und verzog das Gesicht. »Ein Hurog zu sein, bringt einem einen gewissen Ruf ein - als besäße man ein Menschen fressen-des Tier. Aber Hurog zu besitzen, würde meinem Liebesleben eher schaden. Kannst du dir vorstellen, dass irgendeine Frau an diesem trostlosen Ort leben will? Und es würde mir zufallen, während du Iftahar bekämest, das reicher und wärmer ist.« Er schauderte demonstrativ. »Also gut, ich werde mit ihr reden.«
Beckram schloss die Tür hinter sich, bevor er aufhörte zu lächeln. Er hätte sich zwar lieber die Zunge he-rausgeschnitten, als es zuzugeben, aber er machte sich ebenfalls Gedanken wegen seiner Affäre mit der Königin. Ihr letzter Geliebter war mit dem Gesicht nach unten in dem kleinen Brunnen im Haupthof gefunden worden - eine Tatsache, die man bei Hof gern verschwieg.
Beckram wusste nicht, welche Fehler der arme Narr gemacht hatte, aber er war entschlossen, sie zu vermeiden. Er hatte sorgfältig darauf geachtet, sich aus der Politik herauszuhalten. Er hatte nie um eine Gunst gebeten. Er sprach mit niemandem über die Königin - wenn man von Erdrick einmal absah, und das zählte nicht -, obwohl selbstverständlich alle von der Affäre wussten.
Aber sicher war es keine Gunst, sie zu bitten, das Dekret über Ward zurückzuziehen - ganz im Gegenteil. Hurog war nicht wirklich so schlimm. Nicht viele würden ihr Leben aufs Spiel setzen, um es weg-zugeben.
Wer hätte gedacht, dass er einmal für Ward sein Leben aufs Spiel setzen würde!
Nun, dachte er, als er den Flur entlang zum Garten ging, wo sich die Damen meist vor dem Essen mit den beliebtesten Herren trafen, er würde eben dafür sorgen müssen, dass Ward niemals davon erfuhr.
Ward umarmte Leute, die ihm halfen, und Wards Umarmungen waren weder würdevoll noch sanft.
Beckrams Schritte wurden schwungvoller - sein Leben aufs Spiel setzen; das gefiel ihm.
Tehedra Foehne Tallven, Königin von Tallven und der Fünf Königreiche, hatte sich bequem in ihrer Lieblingsecke des Gartens niedergelassen und ließ ihre Zofe an ihrem Haar arbeiten. Die Ecke war abgelegen und vom Rest des Gartens aus beinahe nicht einzusehen, und wenn sie sich dort befand, wussten die anderen Damen, dass sie sie in Ruhe lassen sollten.
Der süße Duft des blühenden Busches, für dessen Namen sie sich nie interessiert hatte, war so beruhigend wie die Hände der Zofe. Einer dieser Büsche hatte auch in dem Haus, in dem sie
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