Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenzauber

Drachenzauber

Titel: Drachenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
vielleicht in Tostens Alter, aber sein bartloses, tränenüberströmtes Gesicht wirkte jünger.
    Mein Zorn über Ciarras Waghalsigkeit verschwand viel zu schnell, und plötzlich war ich schwach vor Entsetzen.
    »Bitte«, keuchte er in einem schweren oransteinischen Dialekt.
    Ich sah es in seinen Augen - er wusste, dass die Wunde tödlich war. Er wusste, was ihn erwartete, wenn mein Mut nicht ausreichen würde. Seleg, dachte ich, Seleg hätte ihn nicht leiden lassen. Ich hob den Dolch, dann ließ ich die Hand sinken. Seleg hätte ihn gerettet. Kinder zu töten, das war etwas für brutale Männer wie meinen Vater … und mich.
    Ich packte den Dolch fester und ließ die scharfe Klinge von unten in sein Hirn gleiten, genau, wie Stala es mir beigebracht hatte. Für einen Mann mit meiner Kraft und meinem Tempo war das der sicherste, schnellste Weg, jemanden zu töten. Er hatte nicht einmal Zeit zusammenzuzucken.
    Ich wischte Schwert und Messer an seinem Hemd ab und steckte sie ein. Dann hob ich ihn hoch und trug ihn aus der Hütte. Ciarra warf mir einen Blick zu, dann drehte sie das Gesicht zu Feders Mähne.
    Ihre Schultern zuckten von ihrem Schluchzen. Ich ließ sie zurück.
    Bastilla versuchte gerade, mit den Frauen zu sprechen, als ich aus der Hütte kam. Ich entnahm ihrer frustrierten Miene, dass sie nicht besonders weit gekommen war; offenbar beherrschte sie die Lande-sprache nicht, und die Frauen weigerten sich, Tallvenisch zu verstehen. Drei Leichen lagen bereits auf einem Haufen, und ich legte den Jungen, den ich trug, neben ihnen ab.
    »Lass sie gehen, Bastilla«, sagte ich in klarem, wenn auch schlichtem Oransteinisch. Mein Vater war stets verblüfft darüber gewesen, wie schnell ich Sprachen lernte, obwohl er behauptete, ich höre mich in einer so dumm an wie in der anderen. »Sie werden sich beruhigen, wenn wir weg sind, ohne ihnen wehgetan zu haben. Wenn du jemanden umgebracht hast, musst du die Leiche herbringen. Wir verbrennen sie, damit sie diesen Ort nicht heimsuchen.« Ich wiederholte, was ich gesagt hatte, noch einmal auf Tallvenisch, damit Bastilla mich verstand. Meine Stimme klang in meinen Ohren seltsam heiser.
    Nun kehrten auch Oreg und Tosten zurück. Tostens Pferd triefte vor Schlamm und zitterte.
    »Es ist in ein Sumpfloch gefallen«, sagte Tosten knapp.
    »Wir müssen die Leichen sammeln«, sagte ich.
    Tosten sah mich gereizt an. »Mein Pferd ist nicht in der Verfassung dazu.«
    »Ich hole sie«, bot Oreg an, schaute von mir zu Tosten und schüttelte leicht den Kopf.
    Ich verkniff mir, was ich hatte sagen wollen. Es war ungerecht, mein Entsetzen an Tosten auszulas-sen. Er sah blass und erschüttert aus. Wenn das Schänkenleben in Tyrfannig nicht erheblich span-nender war, als ich annahm, hatte er an diesem Tag wohl zum ersten Mal getötet.
    Bastilla wirkte kühl und geschäftsmäßig, als hätte sie schon öfter Banditen umgebracht. Entweder hatte ihre Zeit als Sklavin sie gegenüber dem Tod abgehär-tet, oder in den Tempeln der Cholyten geschahen Dinge, von denen ich lieber nichts wissen wollte.
    Oreg machte ebenso wie sie den Eindruck, als gehöre Töten zu seinem Alltag. Die Anweisung, die Leichen der Banditen aufzulesen, störte ihn kein bisschen.
    Tosten zog ein Bein über den Rücken seines Pferdes und rutschte herunter. Er versetzte mir einen gedemütigten Blick, gab mir die Zügel in die Hand und eilte dann auf ein Gebüsch zu. Ich tätschelte seinem Pferd den Hals und führte es ein wenig herum, um mich zu überzeugen, dass es nicht lahmte. Die ent-setzten Blicke der Dorffrauen bewirkten, dass ich mich sehr unbehaglich fühlte.
    Tosten sah blasser aus, als er zurückkehrte, um sein Pferd wieder zu nehmen, und wollte mir nicht ins Gesicht schauen.
    »Stala sagt, einige der abgebrühtesten Soldaten, die sie kennt, müssen sich nach jeder Schlacht übergeben«, meinte ich. Das schien nicht zu helfen, also gab ich ihm etwas zu tun. »Ciarra braucht dich. Sie hat einem Mann eine Bauchwunde zugefügt. Ich habe ihn getötet, aber es war schlimm. Sie ist da drüben.« Ich deutete auf die andere Seite der Hütten.
    Vielleicht konnten sie einander helfen.
    Schließlich hatten wir alle toten Banditen gesammelt. Wenn man bedachte, wie unorganisiert wir durch meine Schuld gewesen waren, war es erstaunlich, dass wir sie tatsächlich alle erwischt hatten.
    Axiel, Penrod und Oreg durchsuchten sie und nahmen ihnen alles ab bis auf die Kleidung. Der Anführer hatte eine Nadel aus Silber und Bernstein an

Weitere Kostenlose Bücher