Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker
wie mein Körper plötzlich vor Verlangen erbebte.
»Gestern meinte ich, Sie durch einen überaus seltsam erscheinenden Zufall des Schicksals auf der Straße vor dem Tor meines
Hauses stehen zu sehen! Ich musste einfach herausfinden, ob Sie es wirklich waren. Eilends stürzte ich hinter Ihnen her und
sprang in den Zug. Sie wiederzufinden, das war wie … ein Wunder.«
Seine Augen starrten in meine, und in seinem Blick lag so viel Zuneigung, dass mir ganz schwindelig wurde. Nein, nein, beschwor
ich mich. Du bist eine verheiratete Frau. All das ist falsch. Aber es war alles vergebens. In jenem Augenblick sehnte ich
mich nach nichts auf der Welt mehr als danach, dass er mich in die Arme schließen und küssen würde.
»Ich liebe Sie, Mina. Ich liebe Sie. Wenn Sie mich nicht wollen, wenn Sie mir das Herz brechen müssen, dann sagen Sie es bitte
jetzt gleich. Befehlen Sie mir, zu gehen, und ich verlasse Sie für immer und werde niemals zurückkehren. Aber ich muss es
aus Ihrem eigenen Munde hören. Wie lautet die Antwort? Wollen Sie mich auch? Lieben Sie mich? Werden Sie es zulassen, dass
ich Sie liebe?«
»Ja«, flüsterte ich. »Ich liebe Sie! Und ich will Sie!«
Mit einem leidenschaftlichen Stöhnen zog er mich an sich. Seine Lippen berührten meine. Ich gab mich der Wonne seiner Umarmung
hin und erwiderte den Kuss mit einer Hingabe, die der seinen nicht nachstand. Ich schloss die Augen. Meine Arme schlangen
sich um seinen Hals. Meine Hände wühlten in seinem Haar. Ich verspürte den Druck seiner Hände, während er mir den Rücken hinauf
und hinunter streichelte und mich noch fester an sich drückte. Nach der ersten innigen Berührung veränderte sich sein Kuss.
Er wurde verhaltener, tiefer und gleichzeitig sanfter.
Oh, was für ein Kuss! Es war ein Kuss, der sich mit nichts |284| vergleichen ließ, das ich je erlebt hatte. Er erkundete mit seiner Zunge vorsichtig die zarten Höhlen meines Mundes und rief
damit in mir Millionen neuer Empfindungen wach. Ich begann zu zittern. Ein Beben, das von meinen Brüsten ausging, schien sich
wie eine elektrische Welle durch meinen ganzen Körper auszubreiten und sich tief in meinem Schoße zu konzentrieren. Ich war
außer mir, ich brannte lichterloh. Der Kuss schien ewig anzudauern. Ich wollte, dass er ewig andauerte. Doch allzu bald war
er vorüber. Ich fühlte mich, als hätte man mich beraubt. Ich schlug die Augen auf – und stöhnte vor Entsetzen, während mein
Herz in plötzlichem Schrecken hämmerte. Denn nun bemerkte ich, dass seine Augen nicht mehr blau waren, sondern wie heiße Flammen
rot loderten, und dass seine Eckzähne länger und spitzer geworden waren.
Noch war ich zu benommen, um irgendeinen Gedanken zu fassen oder mich zu bewegen. Ich wusste, dass ihm der Sinn nach meinem
Blut stand. Und doch wollte ich ihn nicht hindern. Mit einer einzigen raschen Bewegung löste er das Band, das den Kragen meines
Nachthemdes zusammenhielt, zog das Gewand am Hals auf und legte mein Schüsselbein und den Ansatz meines Busens frei. Sofort
suchte sein Mund die zarte und empfindliche Haut meines Halses. Schon bei der ersten schmetterlingszarten Berührung erbebte
ich und stöhnte vor Wonne. Plötzlich spürte ich scharfe kleine Nadelstiche am Hals und stöhnte noch einmal auf. Der Schmerz
war kaum der Rede wert. Gleich danach überkam mich ein Gefühl träger, sinnlicher Wonne, wie ich es mir selbst in meinen kühnsten
Träumen nicht hätte vorstellen können. Es war, als könnte ich spüren, wie das Blut aus mir strömte, und gleichzeitig schien
sich mit meinem eigenen Lebenssaft etwas Neues, Verzaubertes und überschäumend Wunderbares zu mischen. Schon bald durchströmte
mich das Gefühl, als hätte sich das bebende, elektrisierte Leuchten, das sich in meinem Innersten konzentriert hatte, nun
durch alle Adern meines Körpers verbreitet, als seien all meine Sinne quicklebendig |285| und aufs Höchste angeregt – doch gleichzeitig verspürte ich eine Vorahnung drohender Gefahr. Tief in meinem innersten Herzen
wusste ich, dass all das schlecht für mich war – sehr schlecht – und dass es mich umbringen würde, wenn er mir zu viel Blut
nahm, dass ich der Sache ein Ende setzen musste, ehe es zu spät war. Doch ich brachte den Willen nicht auf, dieses Ende herbeizuführen.
Ich vernahm ein seltsames Surren, als klänge durch tiefes Wasser hindurch ein Gesang an mein Ohr. Mein Kopf sank nach hinten.
Ich hörte mich
Weitere Kostenlose Bücher