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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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sicher war, er
     müsste trotz mehrerer Schichten Kleidung spüren, wie es an seine Brust schlug.
    Sein Blick fiel auf meine Lippen, wanderte dann weiter hinunter zu meinem Hals. Plötzlich trat ein feuriges Blitzen in |103| seine Augen, loderte ein Hunger darin auf, den es zu stillen galt. Mir verschwamm alles im Kopf. Der Atem stockte mir, denn
     ich verspürte ein ähnliches Begehren. Mehr als alles auf der Welt wünschte ich mir in jenem Augenblick, dass Herr Wagner mich
     küssen würde.
    Plötzlich bekamen seine Augen einen harten Glanz, als müsste er all seine Kraft zusammennehmen, um dieser Versuchung zu widerstehen.
     Dann schob er mich brüsk von sich.
    Genau in dieser Sekunde schrillte ein Lachen durch die Dunkelheit. Zwei nächtliche Bummler kamen vorüber und brachten mich
     wieder zur Besinnung.
    »Gehen Sie!«, sagte Herr Wagner und wandte die Augen ab, musste anscheinend darum kämpfen, sich wieder in die Gewalt zu bekommen.
     »Jetzt! Ehe ich …«
    Ich murmelte ein hastiges Adieu und eilte fort. Tränen traten mir in die Augen, während ich nach Hause hastete. Mein Herz
     hämmerte wild vor Scham. Wenn er selbst es nicht verhindert hätte, dachte ich, dann hätte ich ihn geküsst
.
Was tat ich da bloß? Was für eine Frau war aus mir geworden, dass ich mich so schändlich aufführte? Ich wusste, dass ich all
     dem ein Ende machen musste …, aber wie ich das schaffen sollte, wusste ich nicht.
     
    Als ich mich wieder in unsere Schlafkammer schlich und die Tür verschloss, hörte ich Lucys vorwurfsvolle Stimme aus der Dunkelheit.
    »Wo warst du?«
    Ich zündete eine Lampe an. Lucy lag im Bett und starrte mich an. War sie wach oder schlief sie? Ich vermochte es nicht zu
     sagen. »Ich habe einen nächtlichen Spaziergang gemacht«, antwortete ich rasch. »Wie ich das oft tue.«
    Als ich mich auszukleiden begann, setzte sich Lucy auf. Ihre blauen Augen, die in der seltsamen Blässe ihres Gesichtes leuchteten,
     waren immer noch starr auf mich gerichtet. »Das muss aber ein sehr langer Spaziergang gewesen sein. Ich |104| bin vorhin schon einmal aufgewacht, und du warst fort. Ich hatte Angst.«
    »Es tut mir leid.«
    »Warum sind deine Wangen so gerötet? Und warum schwitzt du?«
    »Ich habe im Schatten jemanden gesehen, als ich auf dem Heimweg war, also bin ich gerannt.«
    »Das glaube ich dir nicht. Du bist zum Pavillon gegangen, nicht wahr? Du hast mit Herrn Wagner getanzt!«
    Meine Wangen brannten. »Ich habe nichts dergleichen getan.«
    »Du bist eine sehr schlechte Lügnerin, Mina. Sieh mal, wie du rot wirst! Mit mir kannst du ruhig offen reden. Wenn jemand
     diese Versuchung verstehen kann, glaube mir, dann bin ich das.«
    »Ich weiß nicht, was du damit meinst.«
    »Wie du willst.« Lucy zog die Knie an die Brust und umschlang sie mit den Armen. Sie lächelte. »Mina, erinnerst du dich noch
     an jene Nacht? An die Nacht, als du mich fest schlafend auf dem Friedhof gefunden hast?«
    »Wie könnte ich die vergessen?«
    »Langsam kommt mir die Erinnerung daran zurück. Ich habe jetzt einzelne Bruchstücke meines Traumes wiedergefunden. Es war
     mir beinahe wie ein Zwang; ich musste einfach zu diesem Ort hinaufgehen, obwohl ich nicht wusste, warum das so war. Ich schritt
     über die Brücke und eilte die Treppe hinauf. Ich hörte Hunde heulen, dann Musik, wunderschöne Musik. Und dann …« Ein beinahe
     träumerischer Ausdruck trat auf Lucys Gesicht. Sie strich sanft und zärtlich über die Bettdecke. »In meinen Gedanken ist ein
     solches Durcheinander. Dann habe ich noch eine verschwommene Erinnerung an ein hoch aufgeschossenes, dunkles Wesen mit lodernd
     roten Augen.«
    »Roten Augen?«
    »Ein seltsames Singen klang in meinen Ohren. Es schien |105| mir, als hätte meine Seele den Körper verlassen und schwebte durch die Lüfte. Ich bin erst wieder zu mir gekommen, als du
     mich wachgerüttelt hast.«
    Genau in diesem Augenblick ertönte von draußen vor dem Fenster ein merkwürdiges Geräusch. Lucy sprang auf und zog den Vorhang
     zurück. Zu meiner Verwunderung erblickte ich ein großes Wesen mit schwarzen Flügeln, das im Mondlicht wirbelnde Kreise zog.
    »Was ist das?«, fragte ich. »Ein großer Vogel?«
    »Es ist eine Fledermaus.«
    Ich hatte zuvor schon Fledermäuse gesehen, doch diese hier war größer und schwärzer als die meisten und hatte ungeheuer ausladende
     Flügel. Ein oder zwei Mal flog sie ganz nah an unserem Fenster vorüber und – wenn ich es mir auch vielleicht nur

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