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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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unverzüglich nach Hause und den Brief zu Ende lesen. Bitte entschuldigen Sie mich.«
    »Warten Sie. Fräulein Murray, Sie sind zu verstört. Bitte erlauben Sie mir, Ihnen behilflich zu sein. Ich begleite Sie nach
     Hause.«
    »Nein! Es tut mir leid, aber … Vielen Dank für … Auf Wiedersehen, Sir. Adieu!«
    »Adieu?«, wiederholte er erstaunt. Seine Augen verengten sich, und ein finsterer Ausdruck huschte über seine Züge, ein Ausdruck,
     der mir Angstschauer über den Rücken jagte.
    Ich gab ihm keine weitere Antwort. Ich erstickte einen Schluchzer und rannte fort; den Brief hielt ich fest umklammert. Obwohl
     ich mich nicht umschaute, spürte ich die Hitze des Blickes, den Herr Wagner mir nachsandte, auch dann noch, als ich längst
     um die Ecke gebogen und aus seinem Blickfeld verschwunden war.
    In unserer Pension im Crescent begab ich mich unverzüglich in den Salon und ließ mich auf einem Sessel beim Fenster nieder.
     Ich trocknete mir die Augen und begann den Rest des Briefes zu lesen. Lucy und ihrer Mutter, die als einzige Gäste dort gesessen
     und geplaudert hatten, fiel meine Verzweiflung sofort auf. Sie eilten an meine Seite, zogen Stühle herbei und überhäuften
     mich mit besorgten Fragen. Ich erklärte ihnen, dass der Brief Neuigkeiten über Jonathan enthielt, und flehte sie an, mich
     erst zu Ende lesen zu lassen. Das Schreiben war mehrere Seiten lang. Als ich den Inhalt erfasst hatte und nun zumindest die
     Ungewissheit geschwunden war, die mich so lange bekümmert hatte, begann ich erneut zu weinen.
    »Was ist, Mina?«, fragte Lucy. »Geht es Jonathan nicht gut?«
    |109| »Er ist krank«, erwiderte ich zwischen Schluchzern. »Des wegen hat er nicht geschrieben. Er liegt schon länger in Budapest im Krankenhaus. Er leidet an einem Nervenfieber!«
    »Nervenfieber?«, rief Frau Westenra bestürzt. »Oh, das ist eine sehr ernste Sache.«
    Ich nickte und wischte mir die Tränen ab. »Der Brief kommt von einer Schwester Agatha, die sich um ihn kümmert. Sie schreibt,
     dass er anscheinend einen schrecklichen Schock erlitten hat. Hier heißt es«, fuhr ich fort und las aus dem Brief vor: »›Seine
     Fieberphantasien waren grässlich; von Wölfen und Gift und Blut; von Gespenstern und Dämonen – ich fürchte mich davor, Ihnen
     all dies detaillierter zu berichten. Seien Sie äußerst behutsam mit ihm und schützen Sie ihn vor jeder Aufregung; die Spuren
     einer solchen Krankheit, wie sie ihn erfasst hat, verwischen sich nicht so leicht.‹«
    »Wölfe und Blut und Dämonen!«, wiederholte Lucy. »Wie grauenhaft! Ich wüsste nur zu gern, was solche Wahnvorstellungen erzeugt
     haben könnte.«
    »Dort scheinen sie es nicht zu wissen. Er kam wohl mit dem Zug von Klausenburg und traf in einem überaus wirren Zustand bei
     ihnen ein. Die Schwester schreibt, dass sie uns schon früher benachrichtigt hätte, aber bis vor kurzem Jonathans Namen und
     Herkunft nicht herauszufinden vermochte. Es geht ihm nun besser, und er wird gut versorgt. Doch sie meint, er bräuchte noch
     einige Wochen Ruhe.«
    »Nun, das ist doch eine gute Nachricht«, sagte Frau Westenra und tätschelte mir das Knie. »Zumindest wissen Sie, wo er ist
     und dass er sich in Sicherheit befindet.«
    »Ja. Aber wie seltsam, dass er diesen Brief an Herrn Hawkins und nicht direkt an mich senden ließ. Ich habe Jonathan nach
     Transsilvanien geschrieben und ihm meine Adresse hier in Whitby mitgeteilt. Er hat wohl diese Briefe nicht erhalten. Er lässt
     ausrichten, dass er Geld benötigt, um seine Behandlung zu bezahlen, und der liebe, gute Herr Hawkins schreibt in seinem Brief,
     dass er ihm eine Summe kabeln lässt. Oh! |110| Wenn ich daran denke, dass Jonathan ganz allein in Budapest im Krankenhaus liegt! Ich sollte sofort zu ihm fahren!«
    »Ja, das musst du machen«, pflichtete mir Lucy bei.
    Als ich jedoch Lucy anschaute, kam meine Entschlossenheit ins Wanken. Obwohl sie in bester Laune war – eine Maskerade, die
     sie meiner Meinung nach nur ihrer Mutter zuliebe aufrechterhielt –, war sie immer noch sehr blass und wirkte ausgemergelt.
     Auch konnte ich die beiden seltsamen Wundmale an ihrem Hals nicht vergessen, von denen ich wusste, dass sie immer noch nicht
     verheilt waren, obwohl sie wie immer das Samtband verdeckte. »Wie könnte ich denn zu ihm reisen?«, fragte ich und schüttelte
     den Kopf. »Dir geht es doch auch nicht gut, Lucy. Den Grund deines Unwohlseins kennen wir nicht, und du neigst nach wie vor
     zum Nachtwandeln.

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