Dracula, my love
deiner Furcht entstanden ist. Du musst aufhören, dir Sorgen zu machen. Es wird uns nichts zustoßen.“
„Das kannst du nicht wissen! O Jonathan. Du könntest es sein, der da umkommt! Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas geschehen würde!“ Genauso wenig könnte ich es ertragen, überlegte ich, wenn Nicolae etwas zustoßen würde. „Bitte lass uns von hier weggehen.“
„Was meinst du mit ›weggehen‹?“
„Ich möchte nach Hause fahren, jetzt auf der Stelle. Lass uns unsere Sachen packen, ins Dorf laufen und den nächsten Zug nehmen. Wir könnten rechtzeitig zum Frühstück wieder in Exeter sein.“
„Mina, wir können nicht abreisen. Wir haben eine Aufgabe zu erledigen. Wir stehen kurz vor dem Sieg. Der Tag der Vergeltung ist nah.“
„Nein! Es ist ein großer Fehler. Du musst dem Professor sagen, dass er alles absagen muss!“
„Ich verstehe deine Sorgen. Wir haben alle in letzter Zeit viel durchgemacht, aber ich verspreche dir, dass wir diesen üblen Todfeind besiegen ...“
„Er ist kein Feind! Hör mir zu: Graf Dracula ist unschuldig. Unschuldig! Es gibt eine völlig plausible Erklärung für alles, was er angeblich getan hat. Er ist völlig missverstanden worden!“
„Jetzt redest du wirr.“
„Nein!“
„Beruhige dich. Du hattest einen furchtbaren Traum und bist hysterisch geworden. Es wird alles gut, Mina. Wir kämpfen für eine edle Sache. Wir sorgen dafür, dass unsere Kinder in einer besseren, sichereren Welt leben werden.“
„Genau an diese Kinder denke ich.“ Ich tastete unter der Bettdecke nach seiner Hand und führte sie an meine Lippen. „Ich möchte die Zukunft erleben, die wir für uns geplant haben, Jonathan. Ich wünsche mir Kinder, viele Kinder.“
„Ich doch auch, meine Liebe. Und die werden wir bekommen.“ Er küsste mich auf die Stirn. „Und jetzt schlaf weiter. Es ist schon spät, und ich bin sehr müde. Morgen ist ein großer Tag.“
Jonathan drehte sich zur Wand und schlief auf der Stelle ein. Enttäuschung bemächtigte sich meiner, während ich wieder in die Kissen zurücksank. Ich hatte es versucht, konnte ihn aber nicht dazu bringen, auf mich zu hören. Ich seufzte tief und drehte mich wieder zum Zimmer. Dort nahm ich etwas wahr, das mich ruckartig wieder auffahren ließ.
Neben meinem Bett, kaum einen Fuß weit entfernt, stand Dracula und blickte auf mich herab.
Vor Überraschung und Schreck blieb mir beinahe der Atem stehen. Ich warf einen ängstlichen Blick auf Jonathan neben mir. Dracula machte eine rasche Handbewegung in Richtung des reglosen Jonathan und sagte: „Er wird nicht aufwachen. Geht es dir gut?“
Ich war zu benommen, um antworten zu können. Ich nickte nur. Im fahlen Mondlicht sah ich, dass Dracula schwarze Hosen, schwarze Schaftstiefel und ein weites weißes Hemd trug. Er sah so anziehend aus wie eh und je, eher wie ein Pirat als wie ein Vampir. Ich meinte, in seinen Augen einen Funken Zorn wahrgenommen zu haben, den er nur mit äußerster Mühe verbarg. Er streckte mir seine Hand entgegen.
„Komm.“
Ich schüttelte den Kopf, deutete mit Blicken erneut auf Jonathan und flüsterte: „Ich kann nicht. Ist etwas geschehen?“
Er zögerte. „Ich werde es dir gleich erklären. Verzeih, dass ich so spät komme. Ich hatte allerlei Vorbereitungen zu meiner Verteidigung zu treffen. Deine Männer haben die Absicht, morgen oder vielmehr heute meine sämtlichen Ruhestätten zu zerstören.“
„Was wirst du machen?“, erkundigte ich mich.
„Ich sorge schon dafür, dass es ihnen nicht gelingt.“
Er nahm meine Hände in die seinen und zog mich hoch. Mich fröstelte, als meine nackten Füße die kalten Holzdielen berührten.
„Meine Liebste“, sagte er sanft und hob eine Hand, um mein Gesicht zu liebkosen. „Fürchtest du dich etwa immer noch vor mir?“
„Nein.“ Meine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. „Aber wir können doch nicht ... mein Mann, ich ...“
„Ich versichere dir, er wird das Bewusstsein so schnell nicht wiedererlangen. Er wird nie herausfinden, dass ich hier war.“
Er zog mich an sich. Ich gab mich seiner Umarmung mit Wonne hin. Es war, als hätte mein freier Wille mich verlassen. Ich hätte ihn genauso wenig von mir stoßen können, wie ich mit Atmen hätte aufhören können. Als er mich küsste, spürte ich, wie all meine Vorsätze, ihm Widerstand zu leisten, dahinschwanden und sich meiner ein ständig wachsendes Verlangen bemächtigte. Oh! Wie konnte eine Frau den Annäherungsversuchen
Weitere Kostenlose Bücher