Dracula, my love
gebogen und aus seinem Blickfeld verschwunden war.
In unserer Pension im Crescent begab ich mich unverzüglich in den Salon und ließ mich auf einem Sessel beim Fenster nieder. Ich trocknete mir die Augen und begann den Rest des Briefes zu lesen. Lucy und ihrer Mutter, die als einzige Gäste dort gesessen und geplaudert hatten, fiel meine Verzweiflung sofort auf. Sie eilten an meine Seite, zogen Stühle herbei und überhäuften mich mit besorgten Fragen. Ich erklärte ihnen, dass der Brief Neuigkeiten über Jonathan enthielt, und flehte sie an, mich erst zu Ende lesen zu lassen. Das Schreiben war mehrere Seiten lang. Als ich den Inhalt erfasst hatte und nun zumindest die Ungewissheit geschwunden war, die mich so lange bekümmert hatte, begann ich erneut zu weinen.
„Was ist, Mina?“, fragte Lucy. „Geht es Jonathan nicht gut?“
„Er ist krank“, erwiderte ich zwischen Schluchzern. „Deswegen hat er nicht geschrieben. Er liegt schon länger in Budapest im Krankenhaus. Er leidet an einem Nervenfieber!“
„Nervenfieber?“, rief Frau Westenra bestürzt. „Oh, das ist eine sehr ernste Sache.“
Ich nickte und wischte mir die Tränen ab. „Der Brief kommt von einer Schwester Agatha, die sich um ihn kümmert. Sie schreibt, dass er anscheinend einen schrecklichen Schock erlitten hat. Hier heißt es“, fuhr ich fort und las aus dem Brief vor: „›Seine Fieberphantasien waren grässlich; von Wölfen und Gift und Blut; von Gespenstern und Dämonen - ich fürchte mich davor, Ihnen all dies detaillierter zu berichten. Seien Sie äußerst behutsam mit ihm und schützen Sie ihn vor jeder Aufregung; die Spuren einer solchen Krankheit, wie sie ihn erfasst hat, verwischen sich nicht so leicht.‹“
„Wölfe und Blut und Dämonen!“, wiederholte Lucy. „Wie grauenhaft! Ich wüsste nur zu gern, was solche Wahnvorstellungen erzeugt haben könnte.“
„Dort scheinen sie es nicht zu wissen. Er kam wohl mit dem Zug von Klausenburg und traf in einem überaus wirren Zustand bei ihnen ein. Die Schwester schreibt, dass sie uns schon früher benachrichtigt hätte, aber bis vor kurzem Jonathans Namen und Herkunft nicht herauszufinden vermochte. Es geht ihm nun besser, und er wird gut versorgt. Doch sie meint, er bräuchte noch einige Wochen Ruhe.“
„Nun, das ist doch eine gute Nachricht“, sagte Frau Westenra und tätschelte mir das Knie. „Zumindest wissen Sie, wo er ist und dass er sich in Sicherheit befindet.“
„Ja. Aber wie seltsam, dass er diesen Brief an Herrn Hawkins und nicht direkt an mich senden ließ. Ich habe Jonathan nach Transsilvanien geschrieben und ihm meine Adresse hier in Whitby mitgeteilt. Er hat wohl diese Briefe nicht erhalten. Er lässt ausrichten, dass er Geld benötigt, um seine Behandlung zu bezahlen, und der liebe, gute Herr Hawkins schreibt in seinem Brief, dass er ihm eine Summe kabeln lässt. Oh!
Wenn ich daran denke, dass Jonathan ganz allein in Budapest im Krankenhaus liegt! Ich sollte sofort zu ihm fahren!“
„Ja, das musst du machen“, pflichtete mir Lucy bei.
Als ich jedoch Lucy anschaute, kam meine Entschlossenheit ins Wanken. Obwohl sie in bester Laune war - eine Maskerade, die sie meiner Meinung nach nur ihrer Mutter zuliebe aufrechterhielt -, war sie immer noch sehr blass und wirkte ausgemergelt. Auch konnte ich die beiden seltsamen Wundmale an ihrem Hals nicht vergessen, von denen ich wusste, dass sie immer noch nicht verheilt waren, obwohl sie wie immer das Samtband verdeckte. „Wie könnte ich denn zu ihm reisen?“, fragte ich und schüttelte den Kopf. „Dir geht es doch auch nicht gut, Lucy. Den Grund deines Unwohlseins kennen wir nicht, und du neigst nach wie vor zum Nachtwandeln. Ich sollte hier bleiben und mich um dich kümmern.“
„Das kommt gar nicht in Frage“, widersetzte sich Lucy.
„Ich behalte Lucy im Auge“, bekräftigte ihre Mutter. „Wenn es sein muss, können wir uns von jetzt an das Zimmer teilen.“
Ich seufzte. Frau Westenras Konstitution war doch auch so zart. Es schien mir, als seien alle Menschen, die ich liebte, gleichzeitig krank geworden. Ich fühlte mich hin und her gerissen. „Sind Sie wirklich sicher, dass Sie ohne meine Hilfe zurechtkommen?“, fragte ich zweifelnd.
„Mina, dein Platz ist jetzt an der Seite deines Verlobten“, beharrte Lucy, „und meiner ist bei meinem Bräutigam. Hast du das vergessen? Arthur kommt doch in ein, zwei Tagen her. Er wird sich um mich kümmern, wenn das nötig sein sollte. Ich glaube, ich
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