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Dracula, my love

Dracula, my love

Titel: Dracula, my love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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vor seiner Abreise überreicht.“
    „Hat er Ihnen irgendetwas von unseren Erkenntnissen oder von den Gesprächen berichtet, die wir vor drei Tagen geführt haben?“
    „Nein, nichts.“ Mit einem vorsichtigen kleinen Lächeln fügte er hinzu: „Außer dass Sie beide großes persönliches Interesse an dieser Angelegenheit haben und dass Sie eine ›Perle unter den Frauen‹ sind.“
    „Es gibt wenig Grund für seine hohe Meinung von mir, fürchte ich. Sie scheint hauptsächlich darauf zu beruhen, dass ich sehr akkurat mit der Maschine schreiben kann.“ Mit einem Seufzen fügte ich hinzu: „Sie kennen mich nicht, Herr Doktor. Wenn Sie diese Papiere gelesen haben, werden Sie mich besser kennen.“ Ich schaute aus dem Fenster. Es war Spätnachmittag, aber noch hell draußen. „Ich habe den größten Teil des Tages sitzend verbracht. Wenn Sie erlauben, möchte ich gern einen langen Spaziergang machen und mich anschließend ein wenig hinlegen. Das sollte Ihnen genug Zeit lassen, die Dokumente durchzulesen. Dann schenken Sie mir sicher auch Ihr Vertrauen.“
    Er neigte zustimmend den Kopf. „Ich habe das Abendessen für acht Uhr bestellt, Frau Harker, aber es lässt sich verschieben, falls das nötig sein sollte. Kommen Sie herunter, wann immer Sie von ihrem Nickerchen aufgewacht sind.“
    Ich dankte ihm erneut, holte dann Hut und Schultertuch aus meinem Zimmer. Ich verließ das Haus in äußerst beunruhigtem Zustand und hatte nur die Absicht, ein wenig frische Luft zu schnappen und mir Bewegung zu verschaffen. Ich ahnte nicht, wen ich treffen würde und welches Abenteuer meiner wartete.
    10
    Als ich über den langen, kiesbestreuten Weg schritt, der von der Vordertür des Asyls zur Straße führte, atmete ich in tiefen Zügen den Duft der Kiefern, Eichen und Ulmen aus dem Park ein. Die Färbung der Laubbäume schlug schon um, der alljährliche Übergang von Grün zu dramatischen Rot- und Goldtönen hatte begonnen. Tief stand die Nachmittagssonne am dunstigen Himmel. Die Luft war noch angenehm warm und vom Gesang der Vögel erfüllt. In der Ferne hörte man Schafe blöken. Ich gestattete mir einige Minuten lang, zu vergessen, warum ich hergekommen war, und genoss einfach nur das Vergnügen, wieder auf dem Land zu sein.
    Sobald ich die Straße erreicht hatte, fiel mir ein, dass Dr. Sewards Anwesen unmittelbar an den Landsitz an- grenzte, der nun dem Grafen Dracula gehörte. Dr. Seward hatte mir aus der Kutsche heraus das Haus gezeigt, als wir bei meiner Ankunft dort vorbeifuhren.
    Mein Herz begann erregt zu pochen. Sollte ich es wagen, das Grundstück zu erkunden? Der Doktor hatte mir gesagt, dass nebenan noch niemand eingezogen war. Aber was war, wenn er sich irrte? Meine Neugierde auf diesen Ort war so groß, dass ich meine Ängste hintanstellte und die Straße hinuntereilte, um mir die große Steinmauer näher anzusehen, die das Nachbargrundstück völlig zu umschließen schien. Sie war mindestens zehn Fuß hoch und wurde von einem sehr alten, rostigen Eisentor unterbrochen, das mit Kette und Schloss zugesperrt war. Enttäuscht begriff ich, dass mir jegliche weitere Erkundung unmöglich sein würde.
    Ich schaute durch die eisernen Gitterstäbe des Tores. Das Anwesen sah genauso aus, wie Jonathan es beschrieben hatte. Eine lange, von Unkraut überwucherte Einfahrt führte durch ein weites Gelände, das dicht mit Bäumen bewachsen war. Auf der einen Seite konnte ich durch das Laub hindurch einen Teich ausmachen; dahinter war das Haus zu erkennen. Es hatte vier Stockwerke und war sehr groß und alt. Deutlich war zu sehen, dass im Laufe der Jahre Anbauten in den verschiedensten Baustilen hinzugefügt worden waren. Ein Teil schien gar aus dem späten Mittelalter zu stammen. Er war aus ungeheuer dicken Steinblöcken errichtet und hatte mit massiven Stangen vergitterte Fenster.
    Insgesamt wirkte das Anwesen vernachlässigt und verlassen. Die Wäldchen, die es umsäumten, waren gespenstisch still. Falls der Graf hier seinen Wohnsitz genommen hatte, gab es dafür keinerlei Anzeichen.
    Trotz alledem hatte ich, während ich vor dem Tor stand und hineinschaute, das eigenartige Gefühl, beobachtet zu werden - ein Gefühl, das ich seit jenem Morgen vor beinahe zwei Monaten nach dem großen Sturm in Whitby nicht mehr verspürt hatte. Mein Herz vollführte einen Sprung, als meine Blicke wie durch einen Zauber zu einem der Fenster im oberen Geschoss des uralten Gebäudes gezogen wurden. Stand dort jemand oder war es ein Schatten?

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