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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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sich nicht an dem Platz befindet, an den er gebunden ist, kann er sich nur um Mittag |349| und exakt bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang verwandeln. Diese Dinge sind überliefert, aber unsere Aufzeichnungen lassen den Schluss zu, dass es wirklich so ist. Während er also in bestimmten Grenzen tun und lassen kann, was ihm beliebt, wenn er sich in seiner Heimaterde, seiner Sargbehausung, seiner Höllengruft oder an einem anderen verfluchten Ort befindet – wir lasen ja, dass es ihn zum Grab des Selbstmörders in Whitby gezogen hatte –, so kann er sich an anderen Orten nur zu den festgesetzten Zeiten verwandeln. Man sagt weiterhin, er könne fließendes Wasser nur zu Beginn von Ebbe oder Flut überqueren. Weiterhin gibt es Dinge, die ihn so angreifen, dass er alle Kraft verliert. Wir wissen, dass der Knoblauch dazu gehört. Gegen geweihte Dinge wie dieses Kreuz hier, das uns bisher begleitet hat und das auch unsere Beratung schützt, vermag er nichts. Er sucht sich von ihnen so fern wie möglich zu halten, schweigend und respektvoll. Und es gibt noch weitere Mittel, die ich Ihnen kurz nennen möchte für den Fall, dass wir sie benötigen: Ein Zweig wilder Rosen auf seinem Sarg hindert ihn am Herauskommen. Eine geweihte Kugel, die man in den Sarg schießt, tötet ihn endgültig, ebenso ein durch den Leib getriebener Pfahl, dessen Wirkung wir ja schon erproben konnten. Auch das Abschneiden des Kopfes bringt ihn zur Ruhe, wir haben das mit eigenen Augen gesehen.
    Wenn wir nun das Versteck dieses Wesens finden, das einmal ein Mann gewesen ist, so können wir ihn dort mit unserem Wissen in seinem Sarg einsperren und vernichten. Aber er ist schlau. Ich habe deshalb meinen Freund Arminius von der Universität Budapest gebeten, etwas über den Mann herauszufinden. Anhand der vorhandenen Aufzeichnungen hat er mir einen Bericht zusammengestellt: Unser Feind scheint tatsächlich einst jener Woiwode Dracula gewesen zu sein, der sich seinen Namen im Kampf am großen Grenzfluss gegen die Türken verdient hat. Wenn dies zutrifft, dann war er kein gewöhnlicher Mann, denn schon damals und noch Jahrhunderte später wurde er als der |350| klügste und listigste, aber auch als der tapferste der Söhne des ›Landes jenseits der Wälder‹ 3 gerühmt. Seine Klugheit und seinen eisernen Willen hat er mit ins Grab genommen und führt sie nun gegen uns ins Feld. Die Draculas waren, meint Arminius, ein großes und edles Geschlecht, aber von einigen Abkömmlingen erzählten sich schon die Zeitgenossen, dass sie mit dem Satan paktiert hätten. Sie lernten seine Künste in der Scholomance 4 im Gebirge hinter Hermannstadt, wo der Teufel jeweils einen von zehn Schülern als Tribut bei sich behält. In den Unterlagen finden sich Worte wie ›Stregoica‹ – Hexe, ›Ordog‹ und ›Pokol‹ – Satan und Hölle, und in einem der alten Manuskripte wird ebendieser Dracula als ›Wampyr‹ bezeichnet, was wir nur allzu gut verstehen. Aus den Lenden dieses Einen entsprangen große Männer und edle Frauen, deren Leichen den Boden ehrten, in dem sie bestattet wurden. Es ist aber derselbe Boden, in dem auch die Verderbnis gedeiht, und es ist keine unbedeutende Scheußlichkeit dieses Wesens, dass es tief im Guten wurzelt. In einer Erde, der
jegliche
Erinnerung an das Gute fehlt, kann es nicht ruhen …«
    Während van Helsing sprach, hatte Mr. Morris schon eine ganze Weile auf das Fenster gestarrt, schließlich stand er ruhig auf und verließ das Zimmer. Es entstand eine kleine Pause, dann fuhr der Professor fort:
    »Nun sollten wir beschließen, was zu tun ist. Wir haben hier eine schöne Menge von Daten vorliegen, um unseren Feldzug zu planen. Wir wissen aus Jonathans Angaben, dass fünfzig Kisten Erde von der Burg nach Whitby transportiert und im Weiteren vollzählig in Carfax abgeliefert worden sind. Wir wissen überdies, dass einige der Kisten später wieder weggeschafft wurden. |351| Ich denke, der erste Schritt müsste sein, sich zu vergewissern, ob die übrigen Kisten sich noch in dem Haus hinter der Mauer befinden, oder ob es noch weitere Abtransporte gegeben hat. Wenn Letzteres der Fall sein sollte, müssen wir die Spur …«
     
     
    Hier wurden wir auf sehr überraschende Weise unterbrochen. Vor dem Haus knallte nämlich ein Pistolenschuss, der das Fenster zerschmetterte. Die Kugel drang in die Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, nachdem sie offensichtlich von der Fenstervertiefung abgeprallt war. Ich fürchte, in der Tiefe

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