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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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so schlimm wie das Haus, aus dem wir die verflixten Kisten abgeholt haben.«
    »Wie kamen Sie denn in die Häuser hinein, wenn sie doch beide, wie Sie sagen, unbewohnt waren?«
    »Der alte Herr, der mir den Auftrag erteilt hatte, erwartete mich im Haus in Purfleet. Er half mir sogar dabei, die Kisten hinauszutragen und auf den Wagen zu laden. Hol’s der Teufel, er war der stärkste Mann, den ich je gesehen habe! Und dabei war er schon sehr alt, mit weißem Schnurrbart und so mager, dass man meinen konnte, er werfe keinen Schatten.«
    Wie mich diese Redensart erzittern ließ!
    »Ja, und er hob die Kisten an seinem Ende hoch, als wären sie Teebeutel, während ich vor Keuchen und Stöhnen das andere Ende kaum heben konnte. Und ich bin doch weiß Gott kein schwacher Kerl!«
    |384| »Und wie gelangten Sie in das Haus in Piccadilly?«, wollte ich daraufhin wissen.
    »Da war er auch. Er muss in Carfax sofort aufgebrochen und noch vor mir in Piccadilly angekommen sein, denn als ich die Klingel zog, öffnete er selbst die Tür und half mir wieder, die Kisten in den Flur tragen.«
    »Alle neun?«, fragte ich.
    »Jawohl, in der ersten Ladung waren es fünf, in der zweiten vier. Es war eine verdammt trockene Arbeit, und ich weiß gar nicht mehr, wie ich eigentlich wieder heimgekommen bin …« Ich unterbrach ihn:
    »Sie haben die Kisten alle in der Eingangshalle abgestellt?«
    »Ja, es war ein großer Flur, und es stand nichts anderes darin.« Ich macht einen weiteren Versuch, noch etwas Nützliches zu erfahren:
    »Sie hatten also nie einen Schlüssel?«
    »Ich brauchte gar keinen Schlüssel oder dergleichen. Der alte Knabe öffnete die Tür höchstselbst, als ich kam, und verschloss sie wieder, als ich wegfuhr. An die letzte Ladung erinnere ich mich schon gar nicht mehr, aber das wird wohl am Bier liegen.«
    »Und Sie können sich wirklich nicht mehr an die Hausnummer erinnern?«
    »Nein, Sir. Aber es wird Ihnen nicht schwerfallen, das Haus zu finden. Es ist hoch und hat eine Steinfassade mit einem großen Torbogen. Zur Tür führt eine steile Treppe hinauf – ich kenne die Stufen genau, denn ich musste die schweren Kisten hinauftragen. Musste mir dazu sogar drei Nichtstuer von der Straße holen, denen ich ein paar Kupferpfennige versprach. Der alte Knabe gab jedem von ihnen dann aber einen Shilling, und als sie sahen, dass sie so gut entlohnt wurden, dachten sie wohl, sie könnten noch mehr herausholen. Er aber nahm einen von ihnen bei den Schultern und drohte, ihn die steile Treppe hinunterzuwerfen, worauf die ganze Bande fluchend davonrannte.« Ich dachte, dass mit dieser Beschreibung das Haus wohl zu finden sein müsste, bezahlte |385| meinen Freund für die Information und machte mich nach Piccadilly auf. Dass der Graf offenbar in der Lage war, die Erdkisten auch ganz allein zu bewegen, war eine neue, schmerzhafte Erkenntnis für mich. Wenn es sich tatsächlich so verhielt, dann war unsere Zeit noch kostbarer, denn nachdem er die grobe Verteilung der Kisten in der bekannten Weise hatte vornehmen lassen, konnte er alles Weitere ganz allein, unbeobachtet und wann immer er wollte bewerkstelligen. Am Piccadilly Circus entließ ich meine Kutsche und ging zu Fuß in Richtung Westen. Jenseits des Junior Constitutional Club 1 entdeckte ich das beschriebene Haus, und ich war sofort überzeugt, dass es sich hier um den zweiten uns bekannten Schlupfwinkel Draculas handelte. Das Gebäude war ganz offensichtlich seit langem unbewohnt. Die Fenster waren dick verstaubt und die Läden standen offen. Die Holzrahmen waren vom Alter geschwärzt, und von den Eisenteilen hatte sich die Farbe fast völlig abgelöst. Augenscheinlich war bis vor Kurzem an der Vorderwand des Balkons ein Schild angebracht gewesen; es musste aber in roher Weise heruntergerissen worden sein, denn die Haken, an denen es einst befestigt war, ragten noch hervor. Hinter den Gitterstäben des Balkons bemerkte ich einige lose Bretter, deren Ränder weiß aussahen. Was hätte ich nicht dafür gegeben, die Tafel noch intakt zu sehen, denn sicher hätte sie mir den Besitzer des Hauses verraten. Ich erinnerte mich, wie ich Carfax ausfindig gemacht und gekauft hatte: Wenn ich hier auf die gleiche Weise den früheren Hauseigentümer ermitteln könnte, so würde sich sicher auch ein Weg finden, ins Haus zu gelangen.
    Von der Piccadilly-Seite aus konnte ich nichts Weiteres unternehmen, also begab ich mich auf die Rückseite des Gebäudes, um zu erkunden, ob sich vielleicht von

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