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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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einmal, so sagen Sie ihm kein Wort davon! Es würde ihn zugleich erschrecken und eifersüchtig machen. Das darf beides nicht sein!«
    Als ich dann zurückkehrte, sah er mich freundlich an und sagte:
    »Sie sehen nicht viel schlechter aus als vor der Transfusion. Gehen Sie aber trotzdem in Ihr Zimmer und ruhen Sie sich eine Zeit lang auf dem Sofa aus. Dann frühstücken Sie ordentlich und kommen wieder zu mir hierher.«
    Ich befolgte seine Anweisungen, denn ich wusste, sie waren gut und klug: Schließlich hatte ich meinen Teil geleistet und nun die Pflicht, meine verlorenen Kräfte wieder zu ersetzen. Ich fühlte mich wirklich sehr schwach, und in meiner Schwäche war mir das Schreckliche dessen, was sich ereignet hatte, gar nicht zu Bewusstsein gekommen. Ich legte mich aufs Sofa und dachte darüber nach, warum Lucy einen solch furchtbaren Rückfall bekommen hatte und wie es möglich war, so viel Blut ohne irgendein äußeres Anzeichen zu verlieren. Ich glaube, ich habe mein Nachdenken auch im Schlaf fortgesetzt, und meine Gedanken kamen immer wieder auf jene kleinen Punkte an ihrer Kehle zurück, so winzig diese auch waren, und auf das zerfetzte, bleiche Aussehen der Wundränder.
    |191| Lucy schlief weit in den Tag hinein. Als sie erwachte, war sie recht stabil und wohlauf, wenn auch lange nicht so wie am Tag zuvor. Nachdem van Helsing sie besucht hatte, ging er ein wenig spazieren. Er überließ sie meiner Fürsorge und schärfte mir strengstens ein, sie keinen Augenblick allein zu lassen. Ich hörte ihn unten auf dem Flur nach dem nächsten Telegrafenbüro fragen.
    Lucy plauderte ganz fröhlich mit mir und schien absolut nichts von dem zu wissen, was vorgefallen war. Ich tat mein Bestes, sie abzulenken und zu unterhalten. Als ihre Mutter heraufkam, um nach ihr zu sehen, bemerkte sie keine Änderung und sagte dankbar zu mir:
    »Wir sind Ihnen so viel Dank schuldig, Dr. Seward, für das, was Sie für uns getan haben. Sie sollten aber auch daran denken, dass Sie sich nicht überarbeiten – Sie sehen ja selbst ganz bleich aus. Sie brauchen eine Frau, die Sie pflegt und für Sie sorgt; sehen Sie sich doch nach einer um!« Während sie das sagte, wurde Lucy rot, wenn auch nur einen Augenblick, denn ihre Venen vermochten diese Reaktion nicht lange aufrechtzuerhalten. Es folgte sogleich eine außerordentliche Blässe, und sie sah mich flehentlich an. Ich nickte ihr lächelnd zu und legte meinen Zeigefinger an die Lippen. Mit einem Seufzer sank sie darauf in ihre Kissen zurück.
    Nach ein paar Stunden kam van Helsing wieder und bemerkte: »Nun gehen Sie nach Hause und essen und trinken Sie gehörig. Sorgen Sie dafür, dass Sie bald wieder stark sind. Ich bleibe heute Nacht hier und werde selbst bei der kleinen Miss Wache halten. Sie und ich, wir werden diesen Fall behandeln, ein anderer braucht davon nichts zu wissen. Ich habe schwerwiegende Gründe dafür. Nein, fragen Sie nicht danach; denken Sie davon, was Sie wollen. Scheuen Sie nicht davor zurück, selbst das Unglaublichste anzunehmen. Und nun: Gute Nacht!«
    Im Flur kamen mir zwei der Dienstmädchen entgegen und baten mich, sie nachts abwechselnd bei Miss Lucy wachen zu |192| lassen. Sie flehten mich geradezu darum an. Als ich ihnen sagte, es sei Dr. van Helsings ausdrücklicher Wunsch, dass außer ihm und mir niemand Wache halten solle, baten sie mich inständig, bei dem »fremden Gentleman« ein Wort für sie einzulegen. Ich war ganz gerührt ob dieser Freundlichkeit, die entweder meiner Schwäche oder aber Lucy selbst galt, der sie in Mitleid anhingen. Schon oft habe ich derartige Beispiele weiblicher Aufopferung erlebt. Ich kehrte dann zu einem recht verspäteten Dinner hierher zurück und machte anschließend meinen Rundgang – alles ist in Ordnung. Dies schreibe ich, während ich auf den Schlaf warte. Ich fühle, wie er sich nähert.
     
    11. September
    Heute Nachmittag ging ich hinüber nach Hillingham. Ich traf van Helsing in bester Laune, und auch Lucy schien es wieder wesentlich besser zu gehen. Kurz nach meiner Ankunft wurde ein großes Paket für den Professor abgegeben, das aus dem Ausland kam. Er öffnete es auf eine umständliche, offenbar auf die Zuschauer berechnete Art und zeigte uns einen großen Strauß weißer Blüten.
    »Die sind für Sie, Miss Lucy«, sagte er.
    »Für mich? Oh, Dr. van Helsing!«
    »Ja, mein Kind, aber nicht um damit zu spielen. Es sind Heilkräuter« – hier machte Lucy ein enttäuschtes Gesicht –, »aber sie werden nicht

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