Draculas Brüder -ebup-
– eine Fledermaus vielleicht, oder eine Eule –, das Wesen kam nirgendwo in der Nähe der Uhr zur Ruhe, sondern schwenkte nach Westen ab und verschwand zwischen den Baumkronen.
Die Beobachter richteten ihr Augenmerk auf die möglichen Zugangswege und sich selbst auf eine lange Nachtwache ein. Wie die meisten derartigen Aktionen, war auch diese wahrscheinlich umsonst. Gut möglich, daß die Erpresser schon vor Stunden in einem der angrenzenden Gebäude Position bezogen und den Polizeiaufmarsch durch Feldstecher beobachtet hatten. In diesem Fall wären sie längst fort.
Zeit verging, und nichts geschah. Dann, gegen ein Uhr, erwachten die Funksprechgeräte plötzlich zu krächzendem Leben.
»Zu den Vereinten Nationen – schnell! Dort ist die Hölle los!«
Eben noch lag die große schwarze Katze zusammengerollt neben Sanchez’ Ultraschallgenerator; im nächsten Augenblick war sie aufgesprungen und fauchte.
Carmelo Sanchez sah sie an, ohne die Botschaft zu verstehen. Dann bemerkte er, daß die grünen Augen nach Süden blickten, während er nach Norden schaute. Er wandte sich um und sah sie kommen.
Hoch in der Luft kam eine kleine dunkle Wolke den East River herauf – direkt auf die Gebäudegruppe zu, die das Hauptquartier der Vereinten Nationen war.
Dann fauchte Ktara wieder, und diesmal blickte sie nach Westen.
Wo eine zweite Wolke zu sehen war.
«Sie kommen!« brüllte Sanchez und zeigte nacheinander auf beide Schwärme. Als sein Warnruf aufgenommen wurde, sah er den dritten und den vierten Schwärm. Sie kamen aus allen vier Himmelsrichtungen. Und formierten sich zum Angriff.
Sanchez schaltete seine Wunderwaffe ein. Die Anzeigenadel sprang über die Skala und zeigte, daß die Ausgabeleistung stimmte. Er hob den gewehrähnlichen Sender, richtete ihn auf den östlichen Schwärm und drehte den Frequenzmodulator langsam durch den ganzen Bereich.
Nichts passierte. Ihm wurde heiß, dann entspannte er sich. Zu früh. Sie waren noch nicht in Reichweite. Als sie es waren ...
Als sie es waren, gab es keine Änderung.
Nichts geschah!
- Sie sind anpassungsfähig. Es ist, wie Professor Harmon sagte. Ihr Gerät ist nutzlos.
Sanchez blickte in die hellgrünen Augen der Katze und nickte grimmig. Der Sender klapperte auf das Dach. Er zog den schweren Revolver.
»Vielleicht ist dies weniger nutzlos!«
- Sechs Schüsse, sechs Fledermäuse. Wenn Sie gut zielen und das Ding nicht zu sehr streut. Wie wollen Sie die siebente abwehren?
Sanchez hatte keine Zeit, über die Frage nachzudenken, denn Navarre kam schnaufend herüber. Er zeigte auf den Ultraschallsender.
»Gebrauch deine Waffe, Junge!«
»Habe ich schon. Sie wirkt nicht.«
Navarre grinste. »Dann geh zur Dachmitte. Die Flammenwerfer übernehmen die Kanten.«
Sanchez sah ein, daß das eine vernünftige Lösung war. Die Uniformierten mit den Flammenwerfern eilten bereits an ihre Plätze, zwei auf jeder Seite. Sie bildeten den äußeren Verteidigungsring. Der zweite Ring bestand aus Polizisten mit Schnellfeuergewehren. Einen dritten Ring gab es nicht, nur eine in der Dachmitte zusammengedrängte Gruppe von Männern mit Funksprechgeräten und Faustfeuerwaffen. Dies war die Gruppe, der Sanchez sich anschloß.
Vom Dach des Sekretariatsgebäudes kam der Feuerstoß einer Maschinenpistole. Voreilig, dachte Sanchez. Die angreifenden Schwärme hatten sich weit auseinandergezogen, und durch die Nachtgeräusche der Stadt konnte man nun die Schreie der Angreifer hören, helle, quiekende Töne.
Seit er gekommen war, hatte Sanchez sich hauptsächlich mit seinem eigenen Apparat beschäftigt und nicht weiter über die taktischen Probleme der Verteidigung mehrerer Dächer gegen ein paar hundert relativ kleine Lebewesen nachgedacht. Jetzt sah er plötzlich, daß das ganze Verteidigungssystem mit einem schwerwiegenden Mangel behaftet war.
Es ging schlicht und einfach um das Problem des Kreuzfeuers. Solange die Fledermäuse im Außenbereich der in einem rohen Kreis angeordneten UNO-Gebäude waren, gab es kein Problem. Aber wenn es ihnen gelang, in den inneren Bereich einzudringen...
In diesem Fall war jede Dachbesetzung auf sich selbst gestellt. Andere konnten nicht eingreifen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollten, ein sekundäres – menschliches – Ziel zu treffen.
Das war schlecht. Und wenn alle vier Gruppen ihren Angriff auf ein Dach konzentrierten, wo sie den Menschen eine mehrfache zahlenmäßige Überlegenheit entgegensetzen konnten ...
Und wenn sie außerdem so
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