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Draculas Erben - Todesbiss der schwarzen Mamba

Draculas Erben - Todesbiss der schwarzen Mamba

Titel: Draculas Erben - Todesbiss der schwarzen Mamba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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war Froggensähs Vorgesetzter, ein
Abteilungsleiter kurz vor der Pensionierung. Er hat nur noch mit dem Hintern
den Bürosessel gewärmt und auf seine Verabschiedung gewartet. Erst der
Nachfolger fand stapelweise Beschwerden und hat sie ans Präsidium
weitergeleitet. Für eine postinterne Untersuchung war wohl der Schaden schon zu
groß.“
    „Um Froggensäh kümmern wir
uns.“ Tim nickte heftig. „Einverstanden? Die Suche nach dem Schlangendieb hat
ja auch ihren Reiz. Aber das läuft uns nicht weg. Und, wie gesagt, Claudias
liebeskranker Fan ist nicht unser Bier. Mit so einem bedauernswerten Psycho
habe ich fast schon Mitleid.“
    Später sollte Tim an seine
Worte denken. Er war total auf dem Holzweg.
     
    *
     
    Seinen Wagen, einen VW-Kombi,
hatte Froggensäh neben der Express-Reinigung geparkt — auf einem Platz, den man
von der Straße nicht einsehen konnte. Ein leichter Sommerregen fiel — nicht
heftig, nur so, als wären die Wolken etwas undicht. Trotzdem — das Geniesele
vertrieb die Passanten. Im Moment war niemand zu sehen. Froggensäh, der zum
Postamt Ludwigshöhe gehörte, schob die schwere Zustelltasche auf ihrem
dreiräderigen Gestell vor sich her. Neuerdings konnte man diese Vorrichtung als
Anhänger an ein Dienstfahrrad anhängen. Aber hier, wo die Gassen winklig und
rohrnudeleng waren, verzichtete Froggensäh auf den gelb lackierten Drahtesel.
    Er war 36, Single und nur 161
cm groß. Mit dem gegelten blonden Bürstenschnitt gewann er zwei Zentimeter
hinzu. Dennoch — er hasste alle hoch hängenden Briefkästen. Um was aus sich zu
machen, betrieb er Bodybuilding. Allerdings nicht im Gym mit Gewichten, sondern
zu Hause mit Möbeln. Er stemmte Sessel und im Liegen auch die Couch. Einmal
hatte sie ihn — als seine Armkraft versagte - unter sich begraben und er musste
laut schreien, damit ihn ein Nachbar befreite.
    Unter Froggensähs Kinn hing ein
fransiger Dünnbart, wie ihn manche Ziegenböcke und alte Chinesen tragen. Als
ihn eine Freundin vor die Wahl stellte — ich oder der Bart — hatte er die
Beziehung augenblicklich beendet.
    Jetzt verharrte er hinter
seinem Wagen und sah sich um. Nein, niemand in der Nähe. Also hoch die
Heckklappe und hinein mit der Zustelltasche. Unter der grauen Schmuddeldecke
zog er die andere Tasche hervor. Sie war prall gefüllt, enthielt alle Briefe
und Päckchen, die er gestern hätte zustellen müssen. Einen Tag später? Na und?
Wer merkte das? Niemand. Sein System funktionierte perfekt.
    Sorgsam zog er die
Schmuddeldecke über die Tasche von heute. Er schloss den Wagen ab und begann
seine Tour. Bis zum frühen Nachmittag war er damit unterwegs: im Bezirk
Ludwigshöhe/West/ZB 28. Dann begann der interessante Teil des Tages und zwar,
ganz zufällig heute, um genau 16 Uhr.
    Froggensäh bewohnte in der
Oswald-von-Klirr-Straße — einer ehemals prächtigen, nun aber verkommenen Gegend
- vier Zimmer mit Küche, Speisekammer, Diele und Bad. Die Wohnung lag hofseitig
in einem Wirrwarr von kaum überschaubaren Wohnblöcken. Die Miete war niedrig,
die Hausmeister waren meistens betrunken und fühlten sich verantwortlich für
nichts. Als Postbote gehörte Froggensäh hier zur Upperclass ( Oberschicht ).
Immerhin besaß er ein geregeltes Einkommen. Jetzt trank er billigen Weißwein aus
einer Kartonpackung und betrachtete den Berg der heutigen Briefe.
    Im Laufe der Zeit hatte er
beachtliches Geschick entwickelt im Öffnen von Umschlägen und Päckchen.
Wasserdampf. Bleistifte in den Laschen drehen. Er besaß sämtliche Sorten von
Klebestreifen, er besaß Leim und Paketschnur. Was Froggensäh auch öffnete —
wenn er’s wieder verschlossen hatte, blieb keine Spur.
    Geld interessierte ihn. Hin und
wieder war auch ein Barscheck dabei. Aber all das war nichts gegen die Vielfalt
der Geheimnisse. Durch die war er zum Erpresser geworden. Durch die öffnete
sich die Safetür zu den größeren Summen. Außerdem verlieh es ihm ein Gefühl der
Macht, denn er spürte die Angst der Erpressten — und wuchs dabei innerlich auf
mindestens zwei Meter. Selbstverständlich hatte er von allem, was wichtig war,
Kopien gemacht auf seinem Fax-Gerät. Und heute wollte er einem gewissen Louis
Contrechien den Kragen zuziehen.
    Aus seinem Aktenordner nahm
Froggensäh die Kopie des Briefs, den er gestern geöffnet hatte. In steiler
Krakelschrift hatte Contrechien seinem Freund Baldur Härtling geschrieben — ihm
triumphierend mitgeteilt, dass er die Dogge seines Nachbarn nun endlich
vergiftet

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