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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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versteckte es unter ihrem Bett. Dann schlüpfte sie in ihre zweite Garnitur Alltagskleidung und band ein Tuch um ihren Kopf. Vor dem kleinen Spiegel über dem Waschtisch überprüfte sie ihr Gesicht nach Blessuren, aber bis auf die kaum noch sichtbare Narbe, die der Sohn des Teufels ihr beigebracht hatte, war ihre Haut unversehrt. Kay erwiderte ihren Blick aus großen, besorgten Augen. Sie richtete den Ausschnitt ihrer Bluse, schob eine Locke unter das Kopftuch und erstarrte, die Finger halb unter dem Rand des Tuches. Wie hatte Leon, der verrückte Duke, sie genannt?
    Karolyn Devrillan.
    Er kannte ihren wahren Namen.
    Sie sank auf die Kante ihres Bettes und presste die Faust gegen ihren Mund, um den Schrei zu unterdrücken, der aus ihrer Kehle hervorbrechen wollte.

    Wenn man als Hausmädchen in Lord Harrynkars Burg arbeitete, dann gab es keinen Platz für persönliche Befindlichkeiten. Kay hatte sich nach dem ersten Schreck aufgerappelt und war zu ihrem Dienst angetreten. Bertha musterte sie fragend. » Du bist so blass « , sagte sie. » Ist alles in Ordnung? «
    Kay nickte mit zusammengebissenen Zähnen. Sie konnte sehen, dass Bertha ihr nicht glaubte, aber mit einem Achselzucken hinnahm, dass Kay nicht mit der Sprache heraus wollte. » Du bist heute für die Schlafkammern eingeteilt worden « , sagte sie. » Du weißt Bescheid: Leise anklopfen, nachsehen, ob jemand im Zimmer ist. Falls ja, nicht entschuldigen, sondern schnell und leise wieder hinausgehen. «
    Kay nickte und griff nach dem Putzzeug und ihrem Besen. Sie mochte diese Arbeit. Die Zöglinge waren fast alle ordentliche, junge Leute. Sie pflegten keine Notiz vom Personal zu nehmen, was die Arbeit sehr erleichterte. Um diese Zeit waren sie ohnehin im Unterricht bei Master Croygar oder auf dem Fechtplatz.
    Sie räumte drei der Zimmer auf, ohne dass sie jemand dabei störte. Das vierte Zimmer lag im Dämmerlicht, die dicken Vorhänge waren zugezogen und sperrten das Tageslicht bis auf einen schwachen Rest aus. Kay wartete nach dem Öffnen der Tür einen Moment, ob sich etwas regte, aber als alles still blieb, trat sie ein und schloss die Tür. Sie ging zum Fenster, öffnete die Vorhänge und begann damit, den Tisch aufzuräumen, auf dem allerlei Zeug herumlag– aufgeschlagene Bücher, Notizen, tintenfleckige Lappen, ein Teller mit Obstresten, Schreibzeug und einige Schmuckstücke. Dies war das Zimmer der schönen, hochmütigen Corena. Kay schob die Papiere zu einem ordentlichen Stapel, legte die Lesezeichen in die Bücher und klappte sie zu und reinigte die Federn. Die Obstreste wanderten in den Eimer mit Unrat, der Teller und das Obstmesser in ihren Korb. Sie wischte über die Tischplatte und wandte sich dem Bett zu.
    Der Schreck fuhr eisig durch ihre Glieder. » Euer Gnaden « , sagte sie, » ich bitte um Verzeihung, ich habe nicht bemerkt… « Sie unterbrach sich. Die rothaarige Corena schenkte ihr keine Aufmerksamkeit. Sie lag still auf dem Rücken, bis zum Kinn zugedeckt, die Hände an ihren Seiten. Als hätte man sie aufgebahrt, dachte Kay schaudernd und wich unwillkürlich zurück. Corena schlief nicht, das war deutlich zu erkennen. Sie schien nicht zu atmen, ihre Augen standen einen Spalt offen, sodass ein Stückchen des weißen Augapfels hervorblitzte. War sie… war sie am Ende tot?
    Kay wich noch einen Schritt zurück, dann schüttelte sie den Kopf. Sie begann sich wie ein richtiges Hausmädchen zu benehmen, zimperlich und albern. Sie gab sich einen energischen Ruck, trat vor das Bett und streckte die Hand aus, um nach Corenas Puls zu fühlen. Sie bemerkte, dass sich die Tür öffnete, sah sich aber nicht um. Wahrscheinlich wollte Bertha nachsehen, wie weit sie war. » Ich weiß nicht, was sie hat « , sagte sie, und ihre Fingerspitzen berührten die warme Haut der reglos Daliegenden.
    Â» Finger weg, dummes Ding « , herrschte sie eine Männerstimme an. Kay stieß einen erstickten Laut aus und riss den Arm zurück. Eine große Hand packte ihre Schulter und zog sie vom Bett weg. » Was treibst du hier? « Er schob sie zur Tür. Kay wurde beinahe ohnmächtig, als sie den Dracyrlord erkannte. Er blickte mit solchem Zorn auf sie herab, dass sie es wie einen Druck auf den Schläfen spüren konnte.
    Â» Mylord « , sagte sie und knickste hastig, » ich habe nicht bemerkt, dass sie dort lag. Ich

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