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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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hügelabwärts auf die funkelnden Waffen der Näherkommenden. Obad ritt auf einem prächtigen Schimmel. Es war sein, Parthos, Pferd! Grimm ließ Parthos Gesicht weiß werden bei diesem Anblick.
    Amee ergriff ihn am Arm. Sie deutete auf Dragon, der sein Hemd auszog und vor den Tempel hinaustrat.
    »Bleibt in Deckung. Wenn mir nicht gelingt, was ich versuchen will, ist immer noch Zeit zu kämpfen«, sagte er.
    »Was hast du vor?« rief Partho.
    Dragon winkte ungeduldig ab, und Partho schwieg verärgert.
    Die Spitze des Zuges war noch immer weit außerhalb der Reichweite ihrer Bogen, als sich das Volk auf beiden Seiten vorbeizuschieben und auseinanderzuströmen begann.
    »Ich muß mich ganz auf das besinnen, was ich tue!« erklärte Dragon. Er lächelte Amee zu. »Ich werde einen Helfer rufen. Wenn es gelingt, wird er für uns kämpfen!«
    »Einen Helfer?« sagte Partho zweifelnd und sah, wie Dragons Finger sich um sein Amulett schlossen, und er hielt unwillkürlich den Atem an, als es auf Dragons Brust feurig zu leuchten und zu pulsieren begann – wie im Rhythmus seines Herzens. Amees Gesicht glühte vor neuer Hoffnung und Begeisterung.
    Und Nabib flüsterte, was Partho in diesem Augenblick dachte: »So geschieht doch noch im letzten Augenblick ein kleines Wunder.«
    Am Fuß des Hügels zügelte Obad das Pferd, der Prunkwagen verließ seinen Platz und ratterte schnell durch die zurückweichenden Menschen auf einen Platz unweit des Oberpriesters zu.
    »Dragon!« rief Amee. »Warte auf mich!«
    Er schien sie gar nicht zu hören. Er legte den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel. Die Sonne schob sich immer mehr dem Zenit zu. Das Amulett leuchtete kräftiger. Das Pulsieren wurde intensiver.
    Dann sah Obad die Gestalt und riß den Kopf hoch.
    Dragon sah ihn zur gleichen Zeit. Sie starrten einander schweigend an.
    Den Menschen, die verstummt waren und gespannt blickten, kam es vor, als würde jeden Moment von den Augen der beiden Männer ein gewaltiger Blitz überspringen. Die atemlose Stille schien förmlich auf einen Ausbruch zu warten, auf einen Donnerschlag.
    Der Gesang der Wächter geriet ins Stocken. Die Augen der meisten folgten Obads Blick und erkannten den schlanken Mann vor dem Tempel. Sein Anblick schien ihre Stimmbänder zu lähmen.
    »Singt!« schrie Obad.
    Das Leuchten der goldenen Scheibe wurde abermals stärker. In der Mitte des Amuletts funkelte ein einzelner roter Stein. Man konnte in dem Feuer die Hand nicht mehr erkennen, die auf der Sonnenscheibe lag. Die Chöre schwiegen nach einigen halbherzigen Versuchen, den Gesang wieder anzustimmen. Die Menschen drängten nach vorn und schoben einander zur Seite. Der Ring um den Hügel begann sich auszubreiten. Bruder Noval, der den Wagen lenkte, vergaß seine Pferde. Er starrte auf den Mann vor dem Tempel, der sie alle betrachtete, schweigend und drohend.
    Obad entsann sich einer Prophezeiung König Alacs: Und er wird den Berg herabsteigen wie ein König. Die Sonne wird leuchten, wenn er seine Feinde zerschmettert. Er wird unter ihnen wüten wie ein Wolf in der Schafherde …
    Der Wagen hielt dicht neben Obad. Plötzlich begann der Schimmel mit dem Oberpriester im Sattel zu scheuen. Er wieherte und stieg steil in die Höhe. Obad klammerte sich an den Zügel und versuchte, das Pferd zu beruhigen. Die Augen von Tausenden richteten sich jetzt auf Dragon, der mit Amee den Hügel herabschritt.
    Als sie nur noch dreißig Schritte von Obad und Ada entfernt waren, blieben Dragon und Amee stehen. Die Volksmenge verharrte in ungläubigem Staunen. Es war atemlos still. Amee wandte den Kopf, und ihr Blick glitt vom Amulett empor zu den entrückten Zügen Dragons. Er schien lautlos – jemanden zu rufen! Sie konnte die Augen nicht von seinem Gesicht wenden.
    »Amee! Partho!«
    Alle im Tempel zuckten zusammen, als sie die klagende Stimme Prinzessin Adas hörten. Partho riß sein Schwert hoch und rannte los. Mit einer Schnelligkeit, die ihm niemand zugetraut hätte, wirbelte Bruder Damos herum und fing Partho ab.
    »Bleib hier! Du rennst nur in den Tod! Obad wird sie nicht töten, bevor …!«
    Eine Stimme schrie gellend: »Die Sonne! Der Dämon frißt die Sonne!«
    Ein Murmeln brauste durch die Menge. Unmerklich nahm das Licht des Tages ab. Die Menschen wurden unruhig und begannen sich zu bewegen. Niemand sagte ein Wort. Am Rand der Heerschar warfen sich Männer und Frauen zu Boden und bedeckten die Augen mit den Händen.
    Nur Dragons Amulett leuchtete weithin sichtbar.

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