Dragon Love 02 - Manche liebens heiss
schrille Stimme durchbrach meine Gedanken. „Es heißt, dass eine Frau und ein großer schwarzer Hund die Hüterin als Letzte lebend gesehen hätten.“
Mein Mund hat leider die Tendenz, offen zu stehen, wenn Leute mich mehr oder weniger beschuldigen, einen Mord begangen zu haben. Ungläubig starrte ich Marvabelle an.
„Die Polizei wird Sie für einige Stunden in einen kleinen, fensterlosen Raum einsperren. Dort ziehen Sie sich einen Splitter ein“, sagte ein Mann, als er an mir vorbeiging.
„Oh nein, nicht schon wieder“, grollte ich und warf dem blonden Hinterkopf des Wahrsagers Paolo einen bösen Blick zu. Beinahe wäre ich ihm gefolgt und hätte ihn gefragt, was er gegen mich habe, aber in diesem Moment trat eine Polizistin aus dem Hotelzimmer und blickte in meine Richtung.
„Die Polizei wird Sie für mehrere Stunden festhalten ... hat der Mann das gesagt?“, schrie Marvabelle in höchster Lautstärke und warf der Polizistin einen triumphierenden Blick zu. „Könnte es der Grund dafür sein, dass Sie, Aisling Grey, diese arme Hüterin als letzter Mensch lebend gesehen haben? Was sagt man über die letzte Person, die ein Ermordeter sieht, Hank?“
Die Polizistin zog ein Notizbuch heraus und blätterte es durch. Dann klappte sie es zu und kam auf uns zu.
Hank besaß noch so viel Anstand, beschämt auszusehen. „Komm jetzt, Marvabelle“, sagte er. „Du wolltest dir doch diesen Vortrag über ,Wahrsagekunst aus dem Wasser’ anhören.“
„Ich bin mir fast sicher, dass man sagt, die letzte Person, die einen Ermordeten lebend gesehen hat, hat ihn auch umgebracht“, beharrte Marvabelle.
Ich fühlte mich bemüßigt, ihr gegenüber ein paar Dinge klarzustellen. „Hören Sie, man hat mich schon einmal des Mordes verdächtigt, das ist für mich nichts Neues. Ich habe das alles schon einmal durchgemacht, und am Schluss habe ich herausgefunden, wer der wirkliche Mörder war.“ Jim stupste mit seiner kalten Nase an meine Hand. Als ich mich umdrehte, stand ich der Polizistin gegenüber. „Oh. Hallo. Sie möchten wahrscheinlich zu mir, nicht wahr?“
„Sind Sie Aisling Grey? Kommen Sie bitte mit mir. Wir würden Ihnen gern ein paar Fragen zum Tod von Moa Haraldsson stellen.“
Das muss man Paolo lassen - seine interpersonellen Fähigkeiten hauen mich nicht gerade um, aber wenn es um Vorhersagen über meine direkte Zukunft geht, irrt er sich nie.
Als die Polizei Jim (den ich zum Schweigen verdonnert hatte, da ich der Polizei nicht auch noch erklären wollte, wie ich an einen sprechenden Neufundländer geraten war) und mich endlich gehen ließ, stand bereits ein fahler Mond am Nachthimmel.
„Ich bin so hungrig, ich könnte einen ganzen Skrat vertilgen“, beschwerte sich Jim. Erschöpft von fünf Stunden Verhör, blieb ich auf den Stufen vor der Wache stehen und saugte an der winzigen Wunde an meinem Daumen. Jim warf mir einen Blick zu. „Was macht dein Finger?“
„Es geht ihm wieder besser, seit Detective Lakatos mir endlich so weit vertraute, dass ich den Splitter mit einer Nadel herausholen durfte.“ Ich blickte mich um. Auch mir knurrte hörbar der Magen. „Ich habe auch Hunger. Das Abendessen ist ja sicher schon vorbei, deshalb gehen wir auf dem Weg ins Hotel einfach bei einem Fast-Food-Restaurant vorbei. Was ist ein Skrat?“
„Ein Hausgeist. Sieht aus wie ein nasses Huhn. Detective Lakatos hätte uns ruhig etwas zu essen geben können.“
Ich zuckte mit den Schultern und ging die Treppe hinunter. „Etwas zu essen habe ich gar nicht erwartet, aber ein Kaffee oder Tee wäre nett gewesen.“
Während wir noch unschlüssig auf dem Bürgersteig standen und überlegten, in welche Richtung wir gehen sollten, hielt neben mir am Straßenrand eine lange schwarze Limousine. Eine getönte Scheibe glitt leise surrend herunter.
„Könnte es sein, dass du einen Wagen brauchst?“, fragte Drake.
Ich schnitt eine kleine Grimasse. „Warum bin ich so gar nicht überrascht, dich zu sehen?“
Er lächelte, und die Tür ging auf. Drake saß nicht allein im Wagen - neben einer hochmütigen Chuan Ren grinste mir auch Gabriel entgegen. „Vielleicht, weil du weißt, dass ich meine Gefährtin niemals in einer unerträglichen Lage im Stich lassen würde. Andererseits wärst du auch nie in diese Lage geraten, wenn du nicht darauf bestanden hättest, dich so dumm zu verhalten.“
Ich erstarrte. „Hüterin zu sein ist nicht dumm, Drake. Du bist der Einzige, der damit nicht umgehen kann. Und du weißt sehr
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