Dragon Sin: Roman (German Edition)
von dem Kuhbein. »Wir haben nichts übersehen. Alle Aus- und Eingänge sind versteckt. Und wenn sie etwas von den Tunneln wüssten, hätte Thracius sie längst zerstört.«
»Das kannst du nicht wissen.«
Meinhard kam herein, und Vigholf warf ihm ein Kuhbein zu. »Ragnar ist paranoid geworden.«
»Das war er doch schon immer.«
»Wir können es uns nicht leisten, dass jemand hereinkommt«, rief Ragnar ihnen in Erinnerung. »Tut mir also einen Gefallen und vergewissert euch, dass wir keine weiteren möglichen Eingänge übersehen haben.«
»Du bittest uns um einen Gefallen?«, fragte Vigholf.
»Als ob wir alte Kumpel wären?«, fügte Meinhard hinzu.
Ragnar schlug entnervt mit der Klaue auf die dicke Holzplatte des Tisches und schrie: »Tut, was ich euch gesagt habe!«
»Kein Grund, uns anzuschnauzen«, murmelte Meinhard. Vigholf verbarg sein Grinsen hinter dem Kuhbein.
»Bastarde«, beschwerte sich Ragnar knurrend, doch als die liebliche Prinzessin Keita hereinkam, setzte er rasch ein Lächeln auf.
»Oh«, jauchzte sie. »So viele schöne Männer auf engem Raum zusammen. Das macht ein Mädchen glücklich!«
Ragnar streckte die Klaue aus, und Keita ergriff sie und erlaubte ihm, sie an seine Seite zu ziehen.
»Die Eisendrachen haben wieder versucht, hier einzudringen. Das macht mir Sorgen«, murmelte Ragnar ihr zu.
»Es wird alles gut.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber ich bin froh, dass du mit Ren in die Dunklen Ebenen gehst.«
»Ren verlässt uns?«, fragte Vigholf. Ren von den Auserwählten war das, was die Nordländer einen »ausländischen Drachen« nannten – was bedeutete, dass er aus einer Gegend stammte, in der noch niemand von ihnen je gewesen war. Besonders bezog es sich auf die östlichen Länder jenseits des Meeres. Ren hatte sich als hilfreicher Verbündeter erwiesen, denn er war geschickt im Kampf und konnte auch Magie wirken. Beides war in einer heißen Schlacht sehr willkommen.
»Er wird in den Dunklen Ebenen gebraucht«, antwortete Ragnar, während er Keitas Gesicht betrachtete. »Und Keita wird ihn begleiten.«
»Dein Bruder versucht mich loszuwerden.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt.«
»Wir haben dich gern bei uns«, meinte Vigholf. »Du bist der einzige Grund, warum Ragnar wenigstens ansatzweise umgänglich ist.«
»Danke«, sagte Ragnar nur.
Keita klopfte ihm auf den Rücken. »Ich könnte hierbleiben. Falls ihr mich braucht.«
»Ich brauche dich wirklich. Aber ich werde mich besser fühlen, wenn du weit weg von hier bist.« Er drückte sie an sich. »Geh mit Ren. Er wird deine Gesellschaft zu schätzen wissen.«
»Was das angeht …« Keita stellte sich auf die Klauenspitzen und flüsterte Ragnar etwas ins Ohr. Vigholf sah zu Meinhard hinüber, aber sein Vetter war zu beschäftigt damit, das Mark aus dem Kuhknochen zu saugen, als dass er irgendetwas bemerkt hätte.
»Bist du sicher?«, fragte Ragnar.
Keita nickte. »Sie ist die beste Wahl.«
»Vielleicht, aber ich bezweifle, dass sie glücklich darüber sein wird.«
»Sie wird es für mich tun. Außerdem könnte ich wetten, dass ihr eine gewisse räumliche Entfernung von meiner Tante sehr recht ist.«
»Ich würde mich besser fühlen, wenn sie bei euch wäre. Sie ist gut.«
»Und dir gefällt der Gedanke nicht, dass ich allein mit Ren sein könnte«, zog sie ihn auf. »Dabei weiß er doch, dass ich deine Kriegerschlampe bin.«
»Es heißt Maid, Keita!«, beschwerte sich Ragnar, als Vigholf und Meinhard lachten. »Kriegermaid. Nicht Kriegerschlampe oder Kriegerhure oder Kriegerschnecke. Krieger – maid.«
Sie kicherte und machte sich von ihm frei. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum.
»Worum ging es?«, fragte Vigholf.
»Sicherheitsvorkehrungen für den Flug zurück in die Südländer.«
»Wozu? Der Ausländer kann sehr gut auf Keita und sich selbst aufpassen.«
Ragnar wollte etwas sagen, hielt aber inne. Er dachte kurz nach und meinte dann: »Er könnte abgelenkt werden. Es ist besser, wenn er einen Schutz dabei hat. Besonders wenn Keita mit ihm reist.«
»Und wer? Einer ihrer Brüder? Gute Götter«, fügte Vigholf rasch hinzu, »nicht der Junge!«
»Nein. Éibhear bleibt hier. Und Fearghus und Briec brauche ich ebenfalls. Wir schicken stattdessen eine der Cousinen.« Er schnippte mit den Klauen. »Behaltet es erst einmal für euch; wir können später darüber reden.«
»Eine Cadwaladr?«, bedrängte Vigholf ihn. »Wer könnte bereit sein, das Schlachtfeld zu verlassen, nur um
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