Dragon Sin: Roman (German Edition)
Keinesfalls sollte sie ihre Sippschaft von einer Schlägerei in einer Taverne wegzerren – die sie angefangen hatten – und sich damit abmühen, sie ins Bett zu bringen.
Seit wann gehörte so etwas zu ihren Aufgaben?
Sobald Rhona die eine Verwandte zurück in die Gruppe geholt hatte, rannte eine andere davon. Wohin wollten sie eigentlich fliehen? Vermutlich zurück in die Taverne, um noch mehr zu trinken und zu kämpfen. Aber bevor ihre Cousine weit gekommen war, erschien der Blitzdrache und schlang den Arm um die Drachin.
»Brauchst du Hilfe, Sergeant?«, zog er sie auf.
Obwohl Rhona diese Frage liebend gern verneint hätte, konnte sie sich das im Augenblick nicht leisten.
»Sie müssen bloß zurück zum See gebracht werden. Dort werden sich die Tanten um sie kümmern.«
»Dabei könnte ich dir helfen. Aber was bekomme ich dafür?«
Verärgert fuhr sie ihn an: »Vielleicht das Versprechen, dass ich nicht meine Faust in deinen …«
»Ganz ruhig, Feuerspuckerin. Kein Grund, ausfallend zu werden.«
»Hilfst du mir oder nicht?«
Er warf sich eine weitere ihrer flüchtigen Cousinen über die Schulter und nickte Rhona zu. »Zeig uns den Weg, Babysitterin.«
»Ich hasse diesen Spitznamen.«
»Das weiß ich«, lachte Vigholf. »Das weiß ich.«
Rhona mochte ihren Spitznamen hassen, aber sie musste eingestehen, dass er zu ihr passte. Zumindest hatte Vigholf diesen Eindruck, als er zusah, wie die Drachin eine ihrer Cousinen jagte und sie zu Boden warf. Sobald Rhona sie erwischt hatte, schleifte sie die Drachin an den Haaren zum See.
»Hier bleibst du jetzt!«, befahl sie der Frau, und in ihren Augen blitzte es zornig.
Vigholf kicherte, bis plötzlich eine Hand von unten hochschoss, ihn im Schritt packte und zudrückte.
»Autsch!«
Rhona rannte zu ihm und versuchte verzweifelt, die Hand ihrer Cousine zu lockern.
»Lass ihn los!«
»Er ist gewaltig , Rhona. Fühl doch mal selbst.«
Rhona ging vor ihm in die Knie. Mit der einen Hand versuchte sie, die Finger der anderen Frau aufzubiegen, während sie mit der anderen an ihrem Handgelenk zerrte. »Das werde ich. Versprochen. Aber zuerst musst du ihn loslassen!«
Endlich löste die Schlange ihren Griff um ihn, und Rhona stieß den Arm ihrer Verwandten beiseite. Sie lehnte sich keuchend zurück und sah Vigholf von unten herauf an.
Es tut mir so leid , sagte sie, indem sie stumm die Lippen bewegte.
Vigholf nickte und zwang sich, nicht seine arme Männlichkeit zu reiben.
Es brauchte einige Zeit, doch schließlich lagen alle Frauen in ihren Schlafsäcken. Als das vollbracht war, machten sich Vigholf und Rhona auf den Rückweg zur Burg.
»Das hat ja riesig Spaß gemacht«, murmelte er.
»Es tut mir leid«, sagte sie noch einmal.
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Aber ich bin überrascht, dass du dein Versprechen nicht gehalten hast.«
»Mein Versprechen? Was für ein Versprechen?«
»Das, das du deiner Cousine gegeben hast. Du hast gesagt, du wolltest einmal selbst fühlen.« Er schaute an sich herunter und schenkte ihr ein bösartiges Grinsen. »Um dich zu vergewissern, wie gewaltig er ist.«
»Wovon redest du bloß?« Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Gute Götter, du bist erbärmlich.«
»Ich versuche nur, dir beim Einhalten deiner Versprechen zu helfen.«
»Natürlich. Ein paar meiner Cousinen mögen zwar nicht viel Alkohol vertragen, vor allem wenn ein Mann in der Nähe ist, aber ich kann dir versprechen, dass es bei mir anders ist.«
Vigholf blieb stehen und betrachtete sie eingehend. »Du hast heute Abend etwas getrunken?«
»Mehr als irgendeine von ihnen, das kann ich dir versichern.«
»Und du bist trotzdem noch …«
»Was bin ich?«
»Nüchtern.«
Sie kicherte. »Ich bin das Kind meines Vaters, Nordländer, und der verträgt eine ganze Menge.«
»In Anbetracht der Tatsache, dass der Rest deiner Verwandtschaft offenbar nicht so hart im Nehmen ist, kann ich nur sagen, ich bin beeindruckt. Du bist genauso wie sonst auch.«
»Was soll ich dazu sagen? Das ist eine Gabe.«
Plötzlich hob Rhona den Finger, als ob sie ihn zum Schweigen bringen wollte – obwohl er gar nichts gesagt hatte –, dann ließ sie sich auf den Boden fallen. Noch immer hielt sie den Finger erhoben.
Vigholf hockte sich neben sie. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Das Universum hat sich auf einmal gedreht, und da habe ich beschlossen, mich zu setzen, bis es aufhört.«
»Guter Plan.«
Weil er nicht wusste, wie lange sie sitzen bleiben würde, nahm
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