Dragon Sin: Roman (German Edition)
drängte alles in ihm zu ihr.
Seit fünf Jahren hatte er das schon tun wollen. Fünf lange Jahre hatte er in derselben Höhle mit dieser Frau verbracht, die ihn allen gegenüber eine Pest genannt hatte – während sie munter mit ihrem Schwanz in seine Richtung gewackelt hatte.
Doch ihre Lippen reagierten nicht. Rhona reagierte nicht – wenn man von den geballten Fäusten absah.
Zu schnell. Er war zu schnell. Sie hatte ihn in der Nacht, die sie zusammen auf der Insel Garbhán verbracht hatten, gewarnt, dass sie nicht wie ihre Schwestern und Cousinen sei, wenn es um so etwas ging.
Also würde er eben warten, denn er wusste, dass Rhona jedes Warten wert war.
Vigholf zog sich zurück, doch seine Finger lagen noch immer auf ihrem Nacken, während er sich aufrichtete.
Sie sah ihn an, sagte aber nichts, und er hatte keine Ahnung, was er davon halten sollte. Aber er würde sich nicht entschuldigen. Nicht jetzt. Niemals.
Rhona wollte etwas sagen, hielt inne, runzelte die Stirn, schüttelte kurz den Kopf, wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Weg vor ihnen zu und trieb ihr Pferd zum Galopp an.
Nachdem Vigholf einen seelentiefen Seufzer ausgestoßen hatte, folgte er ihr.
Oberherr Thracius ging zwischen seinen Soldaten umher und sah ihnen zu, während sie hart daran arbeiteten, alles vorzubereiten.
»Nachrichten von meiner Tochter?«, fragte er seinen Stellvertreter, General Maecius.
»Nein, Herr. Ich habe Späher ausgesandt, die den Boten suchen sollen.«
»Und?«
»Sie haben seinen Leichnam an einem See gefunden.«
Thracius blieb stehen und sah den General an. »Ein Unfall?«
»Anzeichen einer Vergiftung, und sein Körper hatte Foltermale. Er wurde umgebracht.«
»Also ist die Botschaft in die Südländer gelangt?«
»Das nehme ich an. Aber bisher hat es keinen Rückzug der Truppen gegeben.«
»Das ist gut. Wenn die Prinzen zur Rettung ihrer Brut davongeeilt wären, hätte ich sie später töten müssen.« Er ging weiter, deutete auf die Männer um ihn herum und fragte: »Wie weit sind wir?«
»Wir brauchen noch zwei Tage. Vielleicht auch drei.«
»Dann beginnt die Belagerung heute Nacht.«
»Aber mein Herr …«
»Heute Nacht. Wir fangen mit der Belagerung an und beenden währenddessen unsere Vorbereitungen.« Er blieb wieder stehen, sah den General an und zeigte mit seiner Klaue auf dessen Gesicht. »Aber alles muss genau zur rechten Zeit passieren, Maecius. Verstanden?«
»Ja, Mylord. Alles wird perfekt sein.«
»Gut.« Er ging in Richtung seiner Privatgemächer tief in den Polycarp-Bergen davon. »Wenn wir bereit zum Losschlagen sind, werden uns diese Idioten nicht kommen sehen.«
18 Sie ritten den größten Teil des Tages, bis sie ein Dorf erreichten, das etwa einen Tagesritt von den Aricia-Bergen entfernt lag. Die Überquerung der Berge würde eine Herausforderung sein – nicht nur wegen des Terrains, sondern auch wegen dem, was auf der anderen Seite lag. Doch bis es so weit war, wollte Rhona nicht daran denken. Stattdessen freute sie sich auf ein warmes Essen und ein Bier.
Sie wusste, dass die Pferde niemals die Nacht in einem Stall verbringen würden, also ließ sie die Tiere etwa eine Meile vor dem Dorf in der Nähe eines Flusses, der die Berge durchschnitt. Falls die Pferde am nächsten Morgen noch dort sein sollten, würden sie ihre Reiter hoffentlich bis in die Berge tragen.
Sobald Rhona und Vigholf das Dorf erreicht hatten, trennten sie sich. Er sagte nicht warum, und sie fragte ihn nicht danach. Seit Vigholf sie geküsst hatte, hatten sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Er schien nicht wütend zu sein, wofür sie dankbar war, aber sie hatte mit diesem Kuss nicht gerechnet. Als er kam, hatte er sie vollkommen überrascht. Sie hatte einfach dagesessen und sich verwirrt, dumm und ärgerlicherweise gut gefühlt. Aber … was hätte sie denn tun sollen? Fünf Jahre lang hatte dieser Drache nichts anderes getan, als über ihren Speer zu lachen und ihr im Weg zu stehen. Und jetzt küsste er sie – auf dem Pferderücken. Dieser Kuss hatte sehr ehrlich auf sie gewirkt. Als ob es für ihn plötzlich das Wichtigste auf der ganzen Welt sei, sie zu küssen …
Nein, nein, nein! Sie wollte nicht mehr darüber nachdenken. Sie war hungrig und musste einiges erledigen. Also machte sie sich daran, ihre Vorräte aufzufüllen, und setzte sich schließlich in einer belebten Taverne zu einem warmen Mahl nieder.
Einige Schüsseln mit Eintopf später traf auch der Nordländer ein. Er hatte die
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