Dragon Sin: Roman (German Edition)
sie nur wissen, was bei allen Höllen dieser Kuss bedeuten sollte.
»Wir sind auf dem richtigen Weg. Vor uns sind drei Frauen durch das Dorf gekommen. Sie waren wie Reisende gekleidet und zu Fuß unterwegs, aber sie waren groß und sehr gut bewaffnet. Das müssen Annwyl, Izzy und Branwen gewesen sein.«
Sie rückte ihr Gepäck zurecht. »Wie lange ist es her, dass sie hier durchgereist sind?«
»Drei Tage, vielleicht auch einen mehr oder weniger.«
»Mist. Sie sind uns weit voraus.«
»Wir werden sie einholen.«
»Weil wir Pferde haben?«
»Nein, weil diese drei immer in Schwierigkeiten geraten, egal wie sie angezogen sind oder was sie tun, um unbeachtet zu bleiben. Vertraue mir. Wir finden sie.«
»Sonst noch etwas?«
»Es scheint, dass in dieser Gegend mehr Soldaten aus den Herrschaftsgebieten gesehen worden sind, als es eigentlich üblich ist – mehr als je zuvor seit Beginn des Krieges. Und in den letzten Tagen hat ihre Zahl noch einmal zugenommen.«
»Machen sie Schwierigkeiten?«
»Bisher nicht, aber wir sollten vorsichtig sein.«
Zu Rhonas Überraschung befanden sich die Pferde noch dort, wo sie sie zurückgelassen hatte. Sie grasten friedlich nebeneinander.
Rhona holte einen Leinensack mit Früchten hervor, die sie im Dorf geholt hatte, aber Vigholf nahm ihn ihr ab. »Ich füttere sie.«
»Warum?«
»Ich glaube, sie mögen mich.«
»Nein, das tun sie nicht.«
»Der Hengst lässt mich auf sich reiten.«
»Nur weil er ein Auge auf die Stute geworfen hat. Du bist ihm vollkommen gleichgültig.«
»Da bin ich anderer Meinung.« Er ging davon.
»Du kannst doch nicht so blind sein«, sagte sie zu seinem Rücken, doch dann begriff sie, dass er nicht nur blind sein konnte – er war so blind.
Rhona schüttelte den Kopf, suchte sich eine gute Stelle und zog ihren Schlafsack hervor. Sie rollte ihn aus, setzte sich darauf und stieß einen tiefen Seufzer aus.
Dann stützte sie ihre Hände hinter sich ab und streckte die Beine aus.
Sie war nicht überrascht, als sie plötzlich ein »Uff!« hörte und wenige Sekunden später Vigholf über ihre Beine stolperte und gegen einen Baum in der Nähe prallte.
»Ich habe dir doch gesagt, dass sie dich nicht …«
»Still«, bellte der Blitzdrache sie an, richtete sich auf, stieg über sie hinweg und marschierte davon.
Zwei Minuten später kam er wieder angestolpert.
»Was ist bloß los mit dir?«, brüllte Vigholf den Hengst an.
»Er mag dich nicht, und er will nicht, dass du in die Nähe seiner Stute kommst«, erklärte Rhona.
»Das ist mir egal.« Vigholf stieg wieder über ihre Beine und wollte zu dem Hengst zurückgehen, doch Rhona packte ihn am Arm. »Von allen Drachen müsstest du doch am besten seine Lage verstehen. Setz dich.« Als er das Pferd wütend ansah, beharrte Rhona: »Setz dich endlich!«
»Schon gut!« Vigholf warf den Beutel mit den Früchten in Richtung der Pferde. »Hier, du Bastard!«
Rhona musste sich auf die Innenseite ihrer Backe beißen, um nicht laut loszulachen. Sie war erleichtert, dass alles wieder normal zu sein schien.
Sie zog an seinem Arm, bis er sich endlich neben sie setzte. »Du nimmst alles so persönlich.«
»Nein.«
»Doch, aber das darfst du nicht. Zu deinem eigenen Besten.« Sie ließ seinen Arm los und strich mit den Fingern über die größer werdende Beule an seiner Stirn. »Sonst knackt dieses bösartige Biest noch deinen Schädel.«
»Ich hatte gehofft, wir könnten durch die Früchte Freundschaft schließen.«
»Mit diesem Tier wirst du nie Freundschaft schließen. Sei froh, dass es so lange bei uns geblieben ist.«
»Bastard«, murmelte er, während er sich die schmerzende Stirn rieb. »Was für ein gemeiner Bastard.«
»Du solltest doch an gemeine Bastarde gewöhnt sein.«
»Rede nicht in diesem Ton über meine Verwandtschaft.«
»Ich hatte eigentlich mich selbst gemeint«, sagte sie.
»Ach so. Da hast du recht.«
Rhona untersuchte noch einmal Vigholfs Kopf. »Es schwillt an. Ich sollte dir eine Kompresse auflegen.« Sie beugte sich über Vigholf und wollte ein Stück Tuch aus ihrer Tasche holen. Da spürte sie, wie er seine Nase an ihrem Hals rieb und tief einatmete.
Rhona erstarrte. »Schnüffelst du an mir?«
»Nein«, antwortete der Blitzdrache. Sein Wort wurde durch das Haar gedämpft, in dem er sein Gesicht vergraben hatte.
»Dann ist es ja gut.«
Sie zog ein sauberes Stück Stoff aus ihrem Gepäck, machte sich von Vigholf frei, ging zum Fluss und tauchte den Stoff ins kalte
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