Dragon Sin: Roman (German Edition)
er den Verdacht hatte, dass sie schon mehrmals Pferdefleisch gegessen hatte. Doch die Tiere schienen sie zu mögen.
Aber schließlich mochte Vigholf sie auch.
»Es geht ihnen gut«, sagte sie zu ihm, während sie die Pferde anlächelte. »Der heftige Sturm hat ihnen Angst gemacht und …«
Plötzlich bäumten sich die Pferde auf. Vigholf packte Rhona bei der Hüfte und riss sie aus dem Weg. Gerade noch rechtzeitig, denn die Pferde galoppierten nun denselben Weg zurück, den sie hergekommen waren.
»Was bei allen Höllen war das denn?«, fragte er sie.
»Ich weiß nicht.« Rhona machte sich von ihm los. »Etwas hat sie verängstigt, aber es war nicht das Gewitter.« Sie umkreiste ihn. »Ich wusste, wir hätten nicht herkommen sollen. Ich wusste …«
Sie war hinter ihm, als ihre Worte plötzlich abbrachen. Vigholf drehte sich zu ihr um und bemerkte, dass sie in einen anderen dunklen Tunnel starrte. »Rhona?«
»Mist!«, schrie Rhona und stieß ihn zum Ausgang. »Lauf!«
Sie rannte in dieselbe Richtung los, die auch die Pferde eingeschlagen hatten, doch das Ding schlängelte schneller als alles, was Vigholf bisher gesehen hatte, aus der Dunkelheit hervor und schnitt ihnen den Weg ab.
Rhona verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Hintern. Da bäumte das Wesen sich auf, breitete die ledernen Schwingen aus und verdeckte mit seinem schuppigen Körper den Ausgang. Es zischte, und der unheimliche Laut hallte von den Wänden wider.
Es legte den Kopf in den Nacken, und Vigholf stürmte vor, packte Rhona an ihrem Kettenhemd und riss sie auf die Beine. Sie rannten davon, nur wenige Sekunden bevor ein Strom aus grünem Gift den Boden traf und sich zischend in ihn einbrannte.
Vigholf beschloss, dass er die Frau beschützen musste, und drehte sich um. Blitze gingen von ihm aus, als er mit der Verwandlung begann.
»Nein!« Rhona ergriff seine Hand und zerrte ihn hinter sich her. »Nicht verwandeln!«
»Warum nicht?«
»Du passt hier nicht rein!« Zuerst wusste er nicht, was sie meinte, doch als sie durch einen engen Gang nach dem anderen rannten und das Ding hinter ihnen herglitt, erkannte er allmählich, dass Rhona recht hatte. Diese Höhlen und Tunnel waren nicht dafür gemacht, dass Drachen darin aufrecht stehen und kämpfen konnten; sie hatten den Zweck, dass sie darin starben, zusammen mit allen anderen, die das Pech hatten, hereingekommen zu sein.
Hätte Rhona die Zeit dazu gehabt, wäre sie stehen geblieben und hätte sich in den Hintern getreten. Sie hätte aufpassen müssen. Hätte sie das getan, wäre ihr dieser besondere Gestank aufgefallen und sie hätte die Gleitspuren auf dem schmutzigen Höhlenboden gesehen oder einfach gespürt, dass sie nicht allein waren. Wie die meisten Höhlen im Westen war auch diese nicht unbewohnt. Hier hauste ein Lindwurm. Ein gottverdammter Lindwurm! Und die Lindwürmer, die so weit im Westen lebten, waren die schlimmsten!
Ihr Vater sagte, dass die Lindwürmer die Drachen hassten, weil Drachen sprechen und sich in Menschen verwandeln konnten und überdies Arme und Beine hatten. Doch Drachen waren nun einmal höhere Wesen. Sie waren keine Schlangen, die schon so lange lebten, dass ihre Körper groß genug waren, um sich mehrfach um eine Burg zu winden, und überdies Flügel bekommen hatten.
Aber ihr Gift … das war das Schlimmste. Es gab keinen Drachen, dessen Schuppen das Gift des Lindwurms nicht durchdringen würde. Und das war eine höchst unangenehme Erfahrung. Zuerst zerstörte das Gift die Schuppen des Opfers, dann wand sich der Lindwurm so fest um den schutzlos gewordenen Drachen, bis alles Leben aus ihm herausgequetscht war.
Rhona hatte nicht vor, diese Erfahrung zu machen. Nicht wenn sie etwas dagegen unternehmen konnte.
»Wir müssen gegen ihn kämpfen«, rief sie Vigholf zu, während sie beide nach rechts in einen weiteren Tunnel abbogen.
»In menschlicher Gestalt?«
»Uns bleibt nichts anderes übrig.«
Sie gerieten in eine weitere Höhle und trennten sich. Vigholf stürmte zur gegenüberliegenden Seite der Höhle und stellte sich mit dem Rücken zur Wand. Rhona lief nach links und hockte sich hinter einen Felsbrocken.
Sie packte den Speer, den ihr Vater ihr gegeben hatte. Die Spitze erschien und wuchs etwa drei Fuß in die Länge, doch das war alles. Der Speer wartete darauf, dass sie eine weitere Verlängerung forderte.
Sie hörte, wie der Lindwurm in die Höhle geglitten kam, doch er hielt kurz hinter dem Zugang an.
Vorsichtig spähte sie um den
Weitere Kostenlose Bücher